Des Waschvorgangs bedurfte es bisweilen gar nicht. Geld konnte auf Schweizer Konten bis vor zehn Jahren ohne Herkunftsangaben gebunkert werden.

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Wien – 54 Millionen Schweizer Franken sind viel Geld, selbst für einen langjährigen Chef einer Siemens-Landesgesellschaft. So viel soll der im Siemens-Korruptionsskandal konzernintern als "der König von Nigeria" bekannt gewordene frühere Manager Eduard S. auf Konten in der Schweiz angesammelt haben.

Dabei hatte Herr S., bisweilen für die damals sehr bedeutsame Informations- und Kommunikationssparte tätig, namens des Münchener Elektromultis viel Gutes getan. Eduard S. belieferte seine Günstlinge in Nigeria nicht nur mit dem in Koffern angekarrten Bargeld und teuren Uhren, um Siemens Aufträge für Telefonnetze und Elektronik zuzuschanzen – er organisierte auch Schulgeld für die Ausbildung seiner Auftraggeber oder ließ Familienangehörige zur Behandlung in einem deutschen Krankenhaus ausfliegen. Einmal wurden mit dem Schwarzgeld des Konzerns gar in einer US-Klinik Kinderwünsche erfüllt.

Diskrete Konten

Die am Wochenende von Süddeutscher, Guardian, New York Times, Le Monde sowie den TV-Sendern WDR und NDR enthüllten "Suisse Secrets" schüren den Verdacht, dass nicht alles Geld im Interesse des Elektromultis zum Einsatz kam, sondern diskret auf Schweizer Privatkonten landete. Die Geldhäuser der Eidgenossen interessierte 2007 nach Auffliegen des Siemens-Schmiergeldskandals jedenfalls nicht, woher das von S. gebunkerte Geld kam – weder sein kontoführendes Institut Clariden Leu noch deren Mutterkonzern Credit Suisse, in den Clariden Leu 2012 eingegliedert wurde – obwohl der Ex-Chef von Siemens Nigeria in dem gigantischen Korruptionsfall längst wegen Bestechung verurteilt worden war.

Geldwäscherei brachte Schweizer Banken ebenso in schlechtes Licht wie Steueroasen.
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Die Millionen des Königs von Nigeria waren auf Schweizer Konten in betuchter Gesellschaft, denn Credit Suisse, die zweitgrößte Bank der Schweiz, war so etwas wie der Robin Hood für Reiche, wie es in der SZ genannt wurde. Sie diente den Reichen ebenso als Geldspeicher wie Steuerhinterziehern, Diktatoren, korrupten Autokraten oder Kriegsverbrechern. Das aktuelle Bankmanagement sieht sich nicht verantwortlich, man habe die nötigen Reformen längst gemacht. "Credit Suisse hält bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit die geltenden globalen und lokalen Gesetze und Bestimmungen ein." Ein Großteil der Konten sei längst geschlossen worden."

Oligarchen und Kardinäle

Die Unterlagen geben den Berichten zufolge Aufschluss über die Konten von mehr als 30.000 Kunden aus aller Welt. Den Daten zufolge hätten Kriminelle Konten eröffnen beziehungsweise Konten auch dann behalten können, "wenn die Bank längst hätte wissen können, dass sie es mit Straftätern zu tun hat". Zu den Kunden zählten laut den internen Bankdaten zahlreiche Staats- und Regierungschefs, Minister und Geheimdienstchefs ebenso wie Oligarchen und Kardinäle.

"Ich glaube, dass das Schweizer Bankgeheimnis unmoralisch ist", erklärte dem Bericht zufolge die Quelle der "Suisse Secrets"-Datensammlung, die dem Rechercheverbund rund um die Süddeutsche Zeitung nach eigenen Angaben nicht bekannt ist. "Der Vorwand, die finanzielle Privatsphäre zu schützen, ist lediglich ein Feigenblatt, um die schändliche Rolle der Schweizer Banken als Kollaborateure von Steuerhinterziehern zu verschleiern."

Die SZ wertete die Credit-Suisse-Daten nach eigenen Angaben zusammen mit dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) sowie 46 Medienpartnern aus aller Welt aus. (ung, 22.2.2022)