Die türkis-grünen Pläne für eine Reform der Parteifinanzen sind ein großer Schritt in die richtige Richtung, daran gibt es nichts zu rütteln. Alles, was einfach oder mittelschwer zu regeln ist, wird mit diesem neuen Gesetz geregelt werden. Damit werden auch langjährige Forderungen von Nichtregierungsorganisationen und Medien erfüllt. Endlich bekommt der Rechnungshof ein Kontroll- und Einsichtsrecht; endlich wird sich der Inseratenkorruption angenommen; endlich sind auch Kredite offenzulegen.
In ein paar Jahren wird man auf die aktuelle Gesetzeslage zurückblicken und nur den Kopf schütteln können ob der jahrzehntelangen Intransparenz bei den Parteifinanzen.
Man muss sich angesichts der Reformfreude jedoch vor Augen halten, wie der neue Gesetzesentwurf entstanden ist: Nicht dadurch, dass sich die Politik weiterentwickeln wollte hin zu höchsten Standards parlamentarischer Demokratien, sondern durch Skandal nach Skandal nach Skandal.
Grün-türkise Ideen
Das bleibt auch das große Problem, wenn die türkis-grünen – oder vielmehr die grün-türkisen – Ideen dann umgesetzt und in Kraft getreten sind. In den vergangenen Jahren hat sich zumindest der Verdacht auf eine ungeheure kriminelle Energie rund um Parteifinanzen ergeben. Natürlich war das nichts völlig Neues, auch große deutsche Kanzler wie Helmut Kohl bleiben durch korrupte Vorgänge rund um Parteiengelder in Erinnerung.
Doch ab der Übernahme der ÖVP durch Sebastian Kurz haben sich die Zweifel rund um saubere Parteienfinanzierung deutlich verstärkt; das Ibiza-Video rückte die Problematik dann endgültig ins Scheinwerferlicht. Das neue Gesetz soll nun eben so viel lösen, wie lösbar ist. Wie bei allen Gesetzestexten kann auch dieses nicht jede Konstellation erfassen.
Ein großes Dilemma bleibt das Thema der "parteinahen" Vereine und Organisationen. Die Krux zeigte sich etwa im Alois-Mock-Institut, das Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) noch als Finanzlandesrat in Niederösterreich gegründet hatte. Der Glücksspielkonzern Novomatic unterstützte das Institut kräftig; davon profitierte auch Sobotka: Er lächelte aus dem hauseigenen "Mock-Report", steigerte seine Vernetzung und Präsenz durch gut besuchte Podiumsdiskussionen. War das Unterstützung für Sobotka, den Institutsgründer – oder für Sobotka, den ÖVP-Politiker und somit auch für die ÖVP? Darüber wird sich auch in Zukunft noch streiten lassen. Hier wird erst die Praxis zeigen, wie scharf das Gesetz dann tatsächlich umgesetzt wird.
Nur ein Baustein
Klar ist auch, dass das Parteifinanzengesetz nur ein Baustein sein kann. Die Grünen – an denen liegt es, denn von der ÖVP ist nichts zu erwarten – müssen schleunigst das Informationsfreiheitsgesetz wiederbeleben und die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts einfordern. Erst dann sind alle Werkzeuge vorhanden, um das Agieren der Politik umfassend kontrollieren zu können. Damit Österreich die Ära Ibiza endgültig hinter sich lassen kann. (Fabian Schmid, 21.2.2022)