Zahlreiche Soldaten teilen auf Social Media ihren Alltag.

Foto: Tiktok

US-Amerikaner, die sich Trump zurückwünschen. Ukrainische Jugendliche, die ihren Frust der Welt entgegenbrüllen. Und Soldaten, die den Konflikt in Europa aus ihrer Sicht beschreiben. Mit dem Suchbegriff "Ukraine" erhält man auf Social Media derzeit unzählige Beiträge, die das aktuelle Geschehen aus erster Hand beschreiben. Speziell auf Tiktok boomt der Content – Nachrichten für die Generation Z.

15-Sekunden-Nachrichten

"Wessen Schuld ist dieser Konflikt?" fragt die junge Ukrainerin "xenasolo" auf Tiktok, "natürlich die von Russland." Ihre Abneigung gegen Putin lässt die Frau in zahlreichen Videos durchblicken, informiert aber auch weniger emotional über das Geschehen in ihrer Heimat. Sie erwähnt gefallene Soldaten und berichtet über die derzeitige Stimmung im Land. "Hope for the best, prepare for the worst", sagt sie mit einem ausdruckslosen Gesicht in die Kamera.

Andere User aus der Ukraine berichten stattdessen Wissenswertes über einzelnes Kriegsgerät, und viele Soldaten gewähren Einblicke in mit Menschen gefüllte Jeeps und Panzer. Auch das Verabschieden von den eigenen Frauen wird immer wieder von militärischem Personal eingefangen. Gelegentlich verirren sich auch Truppenübungen in den Feed und Videos, bei denen man Schüsse im Hintergrund vernimmt.

Viel mehr als professionell inszeniert verpackte News berichten vor allem US-Amerikaner. Seine rund 430.000 Follower hat der Tiktoker "americansoldier" zwar vor allem mit seinen bebilderten Rückblicken auf historische Konflikte oder "herzzerreißende Tagebucheinträge aus dem Zweiten Weltkrieg" gesammelt, derzeit berichtet er allerdings wie viele andere vom Ukraine-Konflikt und versucht auch Menschen mit einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne die wichtigsten Fakten bezüglich des drohenden Krieges näherzubringen.

Ähnlich inszeniert sehen die Beiträge von "philipdefranco" aus, der mit seinen informativen Beiträgen rund eine Million Follower erreicht und dafür bereits etwa 22 Millionen Likes mitnehmen durfte. In kurzen Videos beschreibt er das aktuelle Geschehen, untermalt von sehr schnell gesprochenem Text.

Neben privaten Kanälen füllen auch ABC News oder CBS Social-Media-Plattformen mit kurzen Schnipseln, um über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Abseits dieser in erster Linie sachlichen Berichterstattung finden sich auch viele persönliche Meinungen und Behauptungen auf Social Media. So lässt etwa eine US-Amerikanerin wissen, Homeland Security würde sie beobachten, weil sie auf Tiktok mit russischen Soldaten geflirtet hätte. Ein anderer User behauptet, unter Trump wäre das alles nicht passiert – angefangen von den Millionen Einwanderern aus dem Süden bis hin zu einem möglichen Krieg mit Russland.

Viele Videos zeigen auch von dramatischer Musik unterlegte Bilder, die der Ukraine patriotischen Mut zusprechen sollen. Mit Headlines wie etwa "Ukraine is ready to defend his land" sieht man Panzer über Straßen rollen und kleine Mädchen dem amtierenden Präsidenten Selenskyj Blumen übergeben. Memes, die sich über den Konflikt lustig machen, fehlen natürlich nicht, sind aber im Vergleich zu anderen wichtigen Ereignissen nur sehr vereinzelt zu finden.

Entertainment

Speziell bei Tiktok ist es wichtig, sich das Erstellungsdatum des Videos anzusehen. Immer wieder werden auch ältere Videos in den Feed gespült. Etwa Panzerübungen aus dem Jahr 2021, die von ukrainischen Soldaten mitgefilmt wurden, oder Stand-up-Comedians, die schon vor Jahren Witze über den Konflikt auf den Bühnen dieser Welt mit ihrem Publikum geteilt haben.

Wählt man die richtigen Kanäle, kann man sich tatsächlich sehr aktuell über die Geschehnisse informieren, bekommt von diversen ukrainischen Jugendlichen Einblicke in die Geschehnisse und sieht punktuell auch sehr verstörende Bilder von zerstörten Umgebungen – zuletzt etwa einen Kindergarten, bei dem aber Gott sei Dank keine Menschenseele im Haus war, als die abgeworfene Bombe explodierte. Wie bei allen "Nachrichten", die man etwa über Tiktok konsumiert, sollte auch nicht vergessen werden, dass der auf die jeweilige Person zugeschnittene Algorithmus einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Inhalte hat, die man zu sehen bekommt. (red, 22.2.2022)