Die Serie "Foundation" bietet Elemente wie interstellare Raumfahrt und Diktatur als einen Ausblick in die mögliche Zukunft.

Foto: Apple TV+

Das Wunderkind Gaal Dornick lebt in einer akademisch repressiven, naturverbundenen Welt. Doch eines Tages gelangt sie mit einem Raumschiff auf die Oberfläche eines Planeten, des Herrschaftssitzes eines interstellaren Kaiserreichs. Dort lernt sie einen Wissenschafter kennen, der mit mathematischen Methoden das Ende des Imperiums vorhersagt – was den Machthabern naturgemäß ziemlich missfällt.

Diese Szenen sind Teil der Serie Foundation, die Ende vergangenen Jahres auf dem Streamingdienst Apple TV ausgestrahlt wurde und die Verfilmung von Isaac Asimovs gleichnamiger Romanreihe aus den 1950er-Jahren ist.

Bei Foundation handelt es sich um Science-Fiction. Genauer gesagt um ein Subgenre davon – nämlich "Far Future", deren Erzählungen möglichst weit in der Zukunft angesiedelt sind. Das vereinende Element: Sie skizzieren eine Gesellschaft, die gegenüber der Gegenwart so vollständig verändert ist, dass sie kaum wiederzuerkennen ist. Trotzdem sagen die Visionen der Scriptwriter und Romanautorinnen viel darüber aus, worüber wir uns jetzt und in den vergangenen Jahrzehnten den Kopf zerbrochen haben.

Autokratische Strukturen – wie etwa in "Dune" – sind in Far-Future-Geschichten keine Seltenheit.
Foto: Legendary Pictures/Warner Bros Pictures

So sind andere Werke dieser Gattung etwa Frank Herberts Dune aus dem Jahr 1965: Hier beschreibt der Autor, wie verschiedene Herrschaftshäuser in einer fernen Zukunft um ein seltenes Gewürz kämpfen. Die Geschichten der Science-Fiction-Serie Star Trek spannen sich über etliche Jahrhunderte, das Star Wars-Franchise entführt mit der berühmten Einleitung "Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis" überhaupt in Geschichten, die losgelöst von Raum und Zeit erzählt werden.

In den letzten Monaten gab es eine Art Renaissance für das Far-Future-Genre: Star Trek und Star Wars wurden als Serien fortgesetzt, Dune kam als Neuverfilmung in die Kinos. Woher stammt diese neu entfachte Faszination der fernen Zukunft? "Es ist ein Zeichen unserer Zeit, dass wir aktuell so weit wie möglich von unserer Gegenwart wegkommen wollen", sagt Maren Conrad, Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen.

Fantasygeschichten rund um Ritter und Drachen scheinen hier nicht weit genug entfernt, denn gerade im Mittelalter gab es die Pest und andere Seuchen – in der fernen Zukunft gehören die meisten Krankheiten aufgrund medizinischer Fortschritte hingegen der Vergangenheit an. Der Zulauf zu Far Future mag also eine Art Eskapismus sein, den man heute mehr braucht als je zuvor.

Hard oder Soft Sci-Fi

Da die Geschichten des Genres oft mehrere Tausend Jahre in der Zukunft angesiedelt sind, sind die dann zutreffenden Szenarien natürlich aus einer heutigen Perspektive so gut wie unmöglich vorherzusagen – gleichzeitig entsteht dadurch aber auch viel Freiheit im Erzählen, wie Rebecca Haar von der Philosophischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen erläutert.

Das Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit wie in "Star Wars" wird manchmal erklärt, manchmal nicht.
Foto: Lucasfilm

Unterschieden wird laut Haar zwischen zwei Strömungen: der Hard Sci-Fi und der Soft Sci-Fi. Während die erste Richtung sich bemüht, alle technischen Aspekte – vom Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit bis zum genmanipulierten Menschen – möglichst detailreich und realitätsnah zu erläutern, ist die Soft Sci-Fi in dieser Hinsicht etwas gnädiger mit sich selbst und legt den Fokus eher darauf, gesellschaftliche Entwicklungen und Staatsformen der Zukunft zu beschreiben.

Und diese Gesellschaften der Zukunft können unterschiedlichste Formen annehmen. Frank Weinreich, selbst Autor und Experte für fantastische Literatur, nennt als ein extremes Beispiel etwa Der Orden, einen Roman von Stephen Baxter aus dem Jahr 2014, in welchem die Menschheit der Zukunft in einer Art Bienenstaat lebt. In Star Trek hingegen hat die Gesellschaft materielle Probleme durch technische Innovation gelöst und lebt in einer geldlosen Utopie.

Diktatur oder Anarchie

In Settings wie jenen von Dune, Foundation und Star Wars herrschen dagegen autokratische Staatsformen vor. So wird bei Star Wars etwa eine Republik durch eine Diktatur abgelöst; der Plot von Dune hätte mit seinen verschiedenen Herrschaftshäusern ebenso gut im Mittelalter angesiedelt sein können. Die Geschichte dient hier als Inspiration, um Bilder einer möglichen Zukunft zu zeichnen.

Der Bezug zu Geschichte und Zeitgeist zeigt sich laut Weinreich auch in Die linke Hand der Dunkelheit, einem Roman von Ursula K. Le Guin aus dem Jahr 1969. Entstanden in der Zeit eines drohenden Atomkriegs zwischen Ost und West, beschreibt der Roman zwei Planeten, von denen einer kapitalistisch, der andere am Gemeinwohl orientiert ist. In Planet der Affen (1968) hat die Menschheit überhaupt versagt und sich selbst dahingerafft – die Macht auf der Erde gehört den Affen.

Auch künstliche Intelligenz beschäftigt Sci-Fi-Autoren. Mal sind die Roboter bösartig wie in "Matrix" oder "Terminator", mal wurden sie – wie in "Dune" – aufgrund vergangener Konflikte abgeschafft. Oder sie agieren wie Data in "Star Trek", der so gerne die Essenz des Menschseins verstehen würde.
Foto: Paramount Pictures

Vergangene und aktuelle Formen der Gesellschaft inspirieren Autorinnen und Autoren also dazu, Staatsformen der Zukunft zu beschreiben – doch dabei bleibt es nicht. So geht auch die Darstellung von Technologie in Far Future einen Schritt weiter, als es zeitlich näher angelegte Science-Fiction tut.

Wird beim Sci-Fi-Genre des Cyberpunk die Vision gezeichnet, dass Menschen Implantate nutzen, um sich in virtuelle Welten zu hacken, so wird in Far Fantasy der Transhumanismus mit Menschen, die unsterblich sind oder über übermenschliche Fähigkeiten verfügen, ins Extrem getrieben. Und sie wirft damit ähnliche Fragen auf, wie sie der Historiker Yuval Noah Harari in seinem Sachbuch Homo Deus stellt: Entsteht somit eine neue Art von Lebewesen? Wie gehen diese mit anderen Menschen um? Sind die Chancen gerecht verteilt?

Das Ende der Killerroboter

Auch die Darstellung künstlicher Intelligenz wird in Far Future weiter zugespitzt. In der weit entfernten Zukunft hat die Menschheit ihre Kriege gegen die Killerroboter bereits ausgefochten und deshalb beschlossen, intelligente Maschinen zu verbieten – auch diese Thematik gewinnt an Präsenz in der popkulturellen Darstellung, spiegelt sie doch die Sorge der Gegenwart wider, man könne am Arbeitsplatz durch einen Roboter ersetzt werden.

"In Summe sollte Science-Fiction sich also nicht nur auf kurzfristige Prognosen beschränken, sondern auch den großen Wurf in die Zukunft wagen", sagt Weinreich: "Wenn man sich darauf einlässt, können daraus faszinierende Gedanken für unser eigenes Leben entstehen." (Stefan Mey, 23.2.2022)