Das Heeresnachrichtenamt lauscht zum Beispiel von der Königswarte aus

Foto: Sabine Bürger

Den besten Überblick über die Lage im Donbass hat man hierzulande in der Hütteldorfer Straße 126. Dort, im Wiener Außenbezirk Penzing, hat das Heeresnachrichtenamt seinen Sitz – Österreichs einziger Auslandsnachrichtendienst. Er hat überall dort Augen und Ohren, wo österreichische Interessen betroffen sind. In der Ukraine ist das natürlich massiv der Fall, etwa aufgrund der geografischen Nähe und der wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich.

Über die konkreten Tätigkeiten des Nachrichtendienstes herrscht professionelles Schweigen. Der Großteil der Informationen kommt logischerweise von Verbündeten: In Europa ist es vor allem Großbritannien, das gegen Russland "arbeitet", wie man im Geheimdienstjargon sagt. Die Briten sind vor allem seit der Vergiftung des Doppelagenten Sergej Skripal in Salisbury besonders engagiert, was russische Aktivitäten in Europa angeht. Schon mehrfach führten Tipps aus London zur Aufdeckung von Maulwürfen bei westlichen Diensten und Militäreinrichtungen – auch in Österreich.

Wenig zu tun im Inland

Eine geringere Rolle kommt den anderen zwei Diensten zu: Das militärische Abwehramt ist primär für den Eigenschutz des Bundesheers zuständig, hat also mit der Ukraine-Krise fast nichts zu tun. Die polizeiliche Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) kommt zum Zug, wenn sich im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise etwas im Inland tut – beispielsweise bei der Spionageabwehr oder im Bereich des Waffenhandels.

Außerdem liefern auch diverse Partnerdienste ihre Informationen über die DSN nach Österreich. Aus der DSN heißt es, man prüfe ständig die Lage und liefere Informationen zu. Zusammengeführt werden diese im Bundeskanzleramt, wo ein eigener Krisenstab aus betroffenen Ministerien zusammengestellt wurde – nämlich Außenamt, Infrastrukturministerium, Innenressort und natürlich Verteidigungsministerium. Das Außenamt und das Verteidigungsministerium haben auf der Fachebene jeweils einen eigenen Krisenstab, ebenso das Wirtschaftsministerium zum Thema "wirtschaftliche Landesverteidigung". Im Innenressort gibt es keinen formalen Krisenstab, allerdings eine eigene "Zelle" zur Ukraine im Einsatz- und Koordinationscenter (EKC).

Wichtig ist auch die Kooperation mit internationalen Organisationen, zum Beispiel mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Deren Mission in der Ukraine wird auch von Österreich unterstützt. Außerdem wurde ein eigenes Team entsandt, das sich aus Mitarbeitern von Außenamt und Verteidigungsministerium sowie Polizisten der Einsatzgruppe Cobra zusammensetzt. Sie sollen die Botschaft in Kiew unterstützen – hauptsächlich bei der Aufgabe, alle Österreicherinnen und Österreicher sicher aus der Ukraine zu bringen.

Ohne Koordinator

Einen eigenen Nationalen Sicherheitsberater wie in den USA gibt es in Österreich ebenso wenig wie einen Beauftragten für die Nachrichtendienste des Bundes wie in Deutschland. Das liegt einerseits daran, dass Österreich geopolitisch keine solche Verantwortung zukommt, andererseits ist die Struktur der Nachrichtendienste eine andere. So ressortiert zum Beispiel der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) zum Bundeskanzleramt, ist also keine militärische Organisation wie das Heeresnachrichtenamt. Unter Türkis-Blau gab es jedoch Überlegungen, die verschiedenen Dienste zu bündeln und im Kanzleramt anzusiedeln – diese Pläne wurden wohl begraben. An das Parlament werden Informationen zum Beispiel über den Nationalen Sicherheitsrat weitergegeben. Dort sind neben Behörden und Regierung auch Abgeordnete vertreten, proportional zu den Sitzen ihrer Partei im Nationalrat. Der Nationale Sicherheitsrat ist zuletzt Ende Jänner zusammengetreten, Thema war schon da die Ukraine-Krise.

Für die SPÖ sind die vorhandenen Gremien allerdings mangelhaft: Ihr Wehrsprecher Robert Laimer forderte nun, "die Sicherheitsarchitektur in Österreich neu aufzustellen". Er schlägt vor, ein "gesamtstaatliches Lagezentrum zur Evaluierung und Bewältigung von Bedrohungsszenarien" einzurichten. (fsc, 23.2.2022)