"Lidove noviny" (Prag): Frommer Wunsch

"Die EU-Staaten haben sich einstimmig auf Sanktionen gegen Russland geeinigt. Dass sie in dieser Sache trotz ideologischer Unterschiede zusammenhalten, ist eindeutig ein Plus. Die Sanktionen sollen den russischen Präsidenten Wladimir Putin von einer weiteren Eskalation der Lage abhalten. Doch das ist – bei allem Respekt – nicht mehr als ein frommer Wunsch. Putin hat sich an solche Maßnahmen wie an eine Naturerscheinung ähnlich der Erdanziehungskraft gewöhnt. Falls sich der Kreml-Chef entschieden hat, die Ukraine zu neutralisieren, werden Sanktionen ihn davon nicht abbringen können. Die EU verhängt sie in erster Linie, um nicht dazustehen wie jemand, der alles mit sich machen lässt."

"The Guardian" (London): Schwache Sanktionen

"Die von Großbritannien verhängten Sanktionen (sind) trotz des Getöses von Boris Johnson ausgesprochen schwach. Sie betreffen fünf Banken und drei Oligarchen, gegen die die USA schon vor Jahren vorgegangen sind – das ist kaum das versprochene harte Durchgreifen gegen die Kleptokratie, und es ist schwächer als die Maßnahmen der EU."

"Neue Zürcher Zeitung": Harte Sanktionen

"Mit der bloßen Stationierung von Truppen in den abtrünnigen Gebieten hat Moskau bisher wenig gewonnen, da es diese Gebiete schon seit 2014 kontrolliert. Dass es Putin dabei belassen wird, ist wenig wahrscheinlich. Putin will aller Voraussicht nach mehr. Deshalb wäre es falsch, wenn sich der Westen jetzt aus Rücksicht auf mögliche weitere Verhandlungen zurückhielte, um Putin nicht zu vergraulen. Er würde damit bloß nach Putins Pfeife tanzen. Vielmehr sollte der Westen sich stark, einig und bereit zu harten Sanktionen gegen das russische Unrechtsregime zeigen. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Putin hat der Ukraine das Existenzrecht abgesprochen. Er hat die wichtigste Verhandlungsbasis beerdigt. Und er ist vor den Augen der Welt in die Ukraine einmarschiert. Wenn Europa auf diese Eskalation zaudernd reagiert, verliert es seine Glaubwürdigkeit als Gegenmacht, die dem russischen Imperialismus entgegentritt. Die Folgen wären fatal."

Russische Panzer in der südrussischen Region Rostow.
Foto: EPA / Stringer

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": Wertlose Sicherheitsgarantien

"Die Nato (muss) ihre Fähigkeit zu militärischer Abschreckung in Europa stärken. Dazu gehört, woran Putins Vorführung von Atomraketen aller Art erinnerte, auch die Abschreckung mit Nuklearwaffen.

Die Nato verlässt sich dabei vor allem auf das Arsenal Washingtons. Die Amerikaner nimmt Putin auch deshalb ernst. Doch können die Europäer, man denke an Trump, sich nicht darauf verlassen, dass der amerikanische Atomschirm ewig über ihnen aufgespannt bleibt. Die Ukrainer, die ihre Atomraketen gegen wertlose Sicherheitsgarantien abgegeben haben, erleben gerade, was einem dann widerfahren kann."

"Latvijas Avize" (Riga): "Grüne Männchen" entlarvt

"Die Anerkennung der 'Unabhängigkeit' von Luhansk und Donezk ändert wenig an der realen Situation der letzten Jahre und Monate in der Ostukraine. Die Welt wusste auch so, dass diese 'Republiken' von Russland initiiert und gepäppelt wurden. Entscheidend aber ist Putins Auftrag an das Verteidigungsministerium, dafür zu sorgen, dass die russischen Streitkräfte in diesen Quasirepubliken 'den Frieden wahren'.

Dies bedeutet die Legalisierung der dort bereits bestehenden russischen Militäreinheiten – die 'grünen Männchen' können sich nun endlich ein Abzeichen anhängen. Die russischen Militärbasen haben, zumindest in den Augen Moskaus und seiner Unterstützer, jetzt einen legalen Status. Die Geschichte, wonach es sich um 'Pensionisten' oder 'Freiwillige' handelt, die Panzer und Raketen in ihre eigenen Hände gebracht haben, ist auserzählt."

"Magyar Nemzet" (Budapest): Ein Schachspiel

"Das Schachspiel, dem derzeit die ganze Welt zusieht, spielt Putin mit sicherer Hand. Dem Westen ist er stets einen Zug voraus. Für den Westen war Boris Jelzin ein guter russischer Führer – er unterschrieb, was man ihm vorlegte. (...) Damit war es unter Putin vorbei. In eineinhalb Jahrzehnten (...) schuf er ein starkes Russland. Vor acht Jahren ließ er mit der Krim(-Annexion) erahnen, dass dies nur der Anfang war. Es kann gut sein, dass die offen in den Donbass eingerückten russischen Truppen nunmehr dem Westen zu nahe gekommen sind. Doch lässt sich der Globus auch so betrachten, dass die amerikanischen Truppen in Polen oder Rumänien Moskau zu nahe gekommen sind. (...) Die Okkupation des Donbass ist zwar ein wichtiger Zug – doch ist er nur der eines Bauern auf dem Schachbrett und nicht der Angriff des Turms auf die Dame." (23.2.2022)