Wien – Am Freitag geht in ORF 1 um 20.15 Uhr die Castingshow "Starmania" in die nächste Runde. Neu dabei als Jurorin ist Artistin und Model Lili Paul-Roncalli. An ihrer Seite sind noch Sänger Josh sowie eine wöchentlich wechselnde Gastjurorin oder ein Gastjuror. In der ersten Folge ist das Popmusikerin Tina Naderer.
Ob ein Event wie "Starmania" in Zeiten des Krieges in der Ukraine überhaupt gesendet werden soll, darüber habe es Beratungen gegeben, sagte ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz bei der Präsentation am Mittwoch, aber: "Unterhaltung gehört auch in so einer schweren Zeit ganz klar zu unserem Auftrag." Und ORF-TV-Unterhaltungschef Alexander Hofer meint: "Es kann jetzt das Leben und das Programmangebot nicht komplett ruhen." Es müsse die Möglichkeit geben, "zwei, zweieinhalb Stunden innezuhalten und sich einem anderen Thema zu widmen, das für die psychische Gesundheit unseres Publikums notwendig ist". Das Interview wollte Lili Paul-Roncalli nur schriftlich geben.
STANDARD: Unternehmerin, Artistin, Tänzerin, Model, Kochbuchautorin, Kinderbuchautorin und bald Jurorin einer Gesangsshow. Haben wir bei der Aufzählung etwas vergessen?
Paul-Roncalli: Manchmal fasse ich es selbst nicht, was ich schon alles machen durfte. Ich bin unglaublich dankbar dafür, welche Möglichkeiten ich schon bekommen habe.
STANDARD: Was ist Ihnen dabei am wichtigsten? Wie sollte die Reihenfolge der Aufzählung Ihrer Tätigkeiten aussehen?
Paul-Roncalli: Der Circus und das Varieté waren, sind und werden immer wichtige Bestandteile meines Lebens sein.
STANDARD: Wie geht sich so ein Lebenslauf mit 23 Jahren aus?
Paul-Roncalli: Wie schon gesagt, ich durfte in letzter Zeit an vielen tollen Projekten teilnehmen. Ich gebe immer mein Bestes und arbeite hart dafür.
STANDARD: Sie trainieren und treten im Zirkus auf, seit Sie sechs Jahre alt sind. Wie viele Stunden trainieren Sie pro Tag?
Paul-Roncalli: Ich trainiere jeden Tag mindestens zwei bis drei Stunden. Meine Gymnastikmatte habe ich fast überall dabei. Bei meiner Darbietung ist es wichtig, gelenkig zu bleiben.
STANDARD: Woher nehmen Sie diese Disziplin?
Paul-Roncalli: Damit bin ich groß geworden. Unsere Eltern haben das mir und meinen Geschwistern so vorgelebt.
STANDARD: Einmal Zirkus, immer Zirkus? Hatten Sie nie das Bedürfnis, die Zirkuswelt und die ständigen Tourneen hinter sich zu lassen und etwas anderes zu machen?
Paul-Roncalli: Ich bin doch im Paradies groß geworden – und das verlässt man nicht. Nur durch die Pandemie hatte ich die Zeit, auch an anderen Projekten teilzunehmen. In Zukunft möchte ich solche Projekte fortführen, aber auch so oft wie möglich in den Manege oder auf dem Bühne stehen.
STANDARD: Die Kontorsionsperformance, die Sie praktizieren, ist körperlich extrem herausfordernd. Wie lange kann man das machen, ohne dass der Körper streikt oder total ramponiert wird? Und landläufig werden Sie ja als "Schlangenfrau" bezeichnet. Passt der Begriff?
Paul-Roncalli: Ja, so sagen manche. Ich verbiege mich. Das hat zum einen mit Veranlagung zu tun – und zum anderen bedarf es viel Trainings. Ein paar Jahre geht das noch.
STANDARD: Sie haben mit Ihren Geschwistern das Management des Circus Roncalli übernommen. "Starmania" ist ja auch keine schlechte Bühne, um Werbung für das eigene Unternehmen zu machen, oder?
Paul-Roncalli: Erstmal bin ich Jurorin bei "Starmania", und auf diese Aufgabe freue ich mich. In unserem Unternehmen hat schon noch unser Vater das Sagen, aber wir dürfen uns immer mehr einbringen. Aber wo Sie es ansprechen: Im September kommt das Circus-Theater Roncalli wieder nach Wien.
STANDARD: Der ORF definiert Ihre Rolle in der Jury so, dass Sie Tipps zur Bühnenpräsenz und Ausstrahlung geben sollen. Welches Rüstzeug muss ein künftiger Star mitbringen?
Paul-Roncalli: Sie müssen mich mit ihrem Gefühl und ihren Emotionen abholen. Die Kandidaten sollen mich mit ihrer Performance berühren und natürlich mit Leistung überzeugen.
STANDARD: Wie sieht es mit Ihren Gesangskünsten aus? Wird man Sie auch einmal als Sängerin erleben? Und können Sie auch die musikalischen Darbietungen beurteilen?
Paul-Roncalli: Musik gehört im Zirkus ja auch dazu, und sie macht 50 Prozent der Darbietung aus. Meine Gesangskünste reichen, glaube ich, ganz gut für die Dusche. Mit Josh haben wir doch einen guten Sänger in der Show.
STANDARD: Der ORF hat das Spektrum erweitert und sucht auch mögliche Schlagerstars. Ist das ein Genre, mit dem Sie etwas anfangen können?
Paul-Roncalli: Wenn mich die Künstlerin oder der Künstler mit der Performance überzeugt, ist das Genre eigentlich egal.
STANDARD: Schunkeln oder singen Sie mit, wenn Sie Helene Fischers "Atemlos" hören?
Paul-Roncalli: Sie haben ja Fragen. Lassen Sie sich einfach überraschen. Haha.
STANDARD: Welche Musik hören Sie?
Paul-Roncalli: Eigentlich nichts Bestimmtes. Das hängt von meiner Laune und der jeweiligen Situation ab.
STANDARD: Bei der ersten "Starmania"-Staffel im Jahr 2002 waren Sie noch ein Kind. Welche Beziehung haben Sie zur Sendung, die Karrieren wie jene von Christina Stürmer oder Tom Neuwirth als Conchita Wurst geebnet hat?
Paul-Roncalli: Christina kenne ich persönlich noch nicht. Aber Tom beziehungsweise Conchita durfte ich beim Life Ball kennenlernen. Vielleicht habe ich damals die Sendung gesehen, aber jetzt kann ich mich nicht mehr daran erinnern.
STANDARD: Sie haben 2020 die RTL-Show "Let's Dance" gewonnen. Wann geht es zum ORF-Pendant, den "Dancing Stars"?
Paul-Roncalli: Der deutsche Titel reicht mir. Daher kommt es für mich nicht infrage. Jetzt freue ich mich, dass ich bei "Starmania" ab dem 4. März in der Jury sitzen darf. (Oliver Mark, 4.3.2022)