Ein Detail an den Militärfahrzeugen, die Russland bei seinen Angriffen auf die Ukraine einsetzt, fällt ins Auge: Die Transporter und Panzer tragen mit weißer Farbe aufgepinselte Markierungen, die meisten in Form des Buchstaben Z.
Schon in Videos und Bildern von der militärischen Eskalation in der Nacht auf Donnerstag war über die Bedeutung dieser improvisierten Markierungen gerätselt worden – schließlich existiert im russischen Alphabet kein Buchstabe Z. Seitens von Moskau existiert keine Aussage, wofür Z steht, also bleibt Raum für Interpretationen.
Spekulationen
In Onlineforen wuchern Spekulationen, das Z stehe für den Namen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der im englischen Zelenskyy transkribiert wird, oder aber für den russischen Ultranationalisten Wladimir Schirinowski, der schon im vergangenen Dezember darüber schwadronierte, dass Russland am 22.2.2022 ab vier Uhr Früh wieder zu einer Großmacht aufsteigen würde. Dies ist allerdings sehr unwahrscheinlich, da das Z wie gesagt nicht im russischen Alphabet existiert.
Auch Spekulationen, das Z sei eine Botschaft an den Westen, es symbolisiere als letzter Buchstabe des Alphabets den Hinweis auf ein militärisches Endspiel, sind eher auszuschließen. Auch die Interpretation als Kennzeichnung der Zugehörigkeit zu einer "Zorro-Einheit" ist im Reich der Phantasie zu verorten.
Verwechslungsgefahr
Militärexperten glauben hingegen, dass die Markierungen dazu dienen, die eigenen Fahrzeuge von jenen der Ukraine zu unterscheiden. Schließlich verfügt die Ukraine als ehemalige Sowjetrepublik über zahlreiches Gerät im Fuhrpark, das mit dem russischen Material leicht verwechselt werden könnte.
Verhinderung von Friendly Fire
Markierungen zu diesem Zweck sind bei militärischen Einsätzen durchaus üblich, um zu verhindern, dass die eigenen Truppen unter Feuer genommen werden. Das US-Fachmagazin "Task & Purpose" zitiert dahingehend einen Berater des Zentrums für strategische und internationale Studien (CSIS). Der ehemalige Marineleutnant Mark Cancian erklärt, dass die US-Truppen bei der "Operation Desert Storm" im Jahr 1991 ein auf dem Kopf stehendes V auf ihre Fahrzeuge malten. Auch bei der Invasion in der Normandie im Jahr 1944 trugen die Flugzeuge sogenannte Invasionsstreifen, um zu verhindern, dass sie von den Landungstruppen versehentlich für deutsche Flieger gehalten und abgeschossen würden.
Allerdings sind die Z-Markierungen in den meisten Fällen nicht geeignet, um aus der Luft von Kampfflugzeugen identifiziert zu werden. Sie könnten sich daher eher an Bodentruppen und Hubschrauber richten.
Aus diesem Grund glauben andere Experten, dass die Symbole dazu dienen, verschiedene Einheiten mit unterschiedlichem Auftrag anzuzeigen, meint Rob Lee vom Department of War Studies am Londoner King's College. Es gibt verschiedene Versionen der Markierungen – manchmal ist das Z in ein Dreieck eingeschrieben, manchmal in ein Quadrat oder einen Kreis. Auch andere Markierungen wurden gesichtet: diagonale Linien und auch V.
So könnte die Armee sicherstellen, dass alle Einheiten und ihre Ausrüstungen an die richtigen geplanten Destinationen gelangen. In russischen Foren wird darüber spekuliert, dass die Fahrzeuge mit einem Z für Charkow vorgesehen sind, während jene mit einem Dreieck in Slawjansk und Kramatorsk im Westen des Donezk-Beckens ihren Einsatzort haben. Kreise wiederum bezeichneten Einheiten der mobilen Reserve. Allerdings existieren auch Aufnahmen von Fahrzeugen mit mehrfacher Markierung, wie zum Beispiel eine Kombination aus Kreis und Dreieck.
Nicht nur Fahrzeuge der russischen Armee, sondern auch solche, die zu Rosgvardia, also der russischen Nationalgarde gehören, tragen entsprechende Markierungen.
Falls die USA über die Bedeutung der Markierungen Bescheid wissen, behalten sie diese Information jedenfalls für sich. "Task & Purpose" erhielt auf eine diesbezüglich Anfrage vom Pentagon lediglich die lapidare Antwort: "Ich verweise Sie an die Regierung von Russland." Die russische Botschaft kommentierte das Thema nicht. (Michael Vosatka, 24.2.2022)