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Eine Demonstrantin hält in St. Petersburg ein "No war!"-Schild in die Luft. Die Polizei nimmt sie fest.

Foto: AP Photo/Dmitri Lovetsky

Moskau/Kiew – Bei Protesten gegen den Einmarsch in die Ukraine sind in Russland nach Angaben der Uno mittlerweile mehr als 1.800 Menschen festgenommen worden. Zuvor hatten Aktivisten von fast 1.400 Festnahmen berichtet. Die größten Proteste gab es in der Hauptstadt Moskau und der zweitgrößten Stadt St. Petersburg. "Die Festnahme von Menschen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung oder friedliche Versammlung wahrnehmen, stellt eine willkürliche Freiheitsberaubung dar", sagte Ravina Shamdasani, Sprecherin des Uno-Menschenrechtsbüros.

Shamdasani forderte die russischen Behörden zur "sofortige Freilassung" aller Demonstranten auf. Es sei unklar, ob einige von ihnen in der Zwischenzeit wieder freigelassen worden seien.

Behörden verbieten Proteste

Die russischen Behörden hatten Proteste gegen den Einmarsch in die Ukraine untersagt und Teilnehmern mit harten Strafen gedroht. In den Online-Netzwerken wurde dennoch zu Demonstrationen aufgerufen. Die größten Proteste fanden in Moskau und St. Petersburg statt. Die Polizei, die in Moskau mit einem Großaufgebot im Einsatz war, löste die Kundgebungen auf.

Proteste in Moskau.

Die russische Oppositionsbewegung ist in den vergangenen zwei Jahren jedoch deutlich geschwächt worden. Die wichtigsten Anführer wurden inhaftiert oder ins Exil getrieben. Auch das Projekt OVD-Info, das politische Verfolgung in Russland dokumentiert, geriet ins Visier der Behörden.

Auch die Oppositionelle Marina Litwinowitsch wurde festgenommen, wie sie bestätigte. "Ich bin auf dem Weg nach Hause festgenommen worden", schrieb sie auf Telegram. Die in Moskau lebende Litwinowitsch hatte zuvor zu Protesten aufgerufen. "Heute um 19 Uhr in die Zentren unserer Städte. Russen sind gegen Krieg!", schrieb sie auf Facebook. "Wir werden dieses Chaos in den kommenden Jahren beseitigen. Nicht nur wir. Sondern auch unsere Kinder und Enkelkinder."

Proteste in St. Petersburg.

Nawalny: "Ich bin gegen diesen Krieg"

Kritik an dem von Präsident Wladimir Putin angeordneten Angriff kam auch von der Bewegung Fridays for Future in Russland. "In einer Situation, in der die Welt unter Klima-, Umwelt- und anderen Krisen leidet, wird ein Krieg diese Krisen nur verschlimmern, aber nicht zu ihrer Lösung beitragen", schrieben die Aktivistinnen und Aktivisten auf Twitter. "In unserer Zeit müssen alle Konflikte durch Diplomatie gelöst werden und nicht durch das Blut von Zivilisten in anderen Ländern." Sie sicherten der ukrainischen Mitstreitern "unsere Solidarität und Unterstützung" zu.

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny kritisierte den russischen Einmarsch am Donnerstag. "Ich bin gegen diesen Krieg", sagte er. Bei dem "Krieg zwischen Russland und der Ukraine" handle es sich um ein Manöver des Kreml, um von den innenpolitischen Problemen in Russland abzulenken.

Festnahmen in Moskau.
DER STANDARD

Proteste in anderen Städten

Unterdessen haben vor den russischen Botschaften in Warschau und Paris am Donnerstag jeweils hunderte Menschen demonstriert. "Putin Mörder", "Stoppt den Krieg gegen die unabhängige Ukraine" und "Warschau ist solidarisch mit der Ukraine", stand auf Schildern und Transparenten.

Die Demonstranten, unter ihnen auch zahlreiche in Polen lebende Ukrainer, schwenkten ukrainische, polnische und EU-Fahnen. Sie verurteilten den russischen Angriff und forderten eine geschlossene Reaktion des Westens. Autofahrer bekundeten ihre Solidarität mit der Ukraine durch ein Hupkonzert.

Proteste in Paris.
Foto: imago images/NurPhoto

Vor der russischen Botschaft in Paris skandierten die Demonstrantinnen und Demonstranten "Stoppt Putin, stoppt den Krieg". Auf einigen Plakaten war "Kein Krieg" oder "Putin Ukraine 2022, Hitler Polen 1939" zu lesen. Die Menschen schwenkten die gelb-blaue Fahne der Ukraine und sangen ein ukrainisches Lied aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. An der Demonstration in Paris nahmen kurzzeitig auch die Präsidentschaftskandidatin der Linken, Christiane Taubira, und der grüne Kandidat Yannick Jadot teil.

In Litauen versammelten sich zahlreiche Menschen in mehreren größeren Städten zu Solidaritätskundgebungen. In der Hauptstadt Vilnius kamen am Donnerstagabend Tausende auf dem Unabhängigkeitsplatz vor dem Parlament zusammen. Sie trugen eine riesige ukrainische und litauische Flagge und schwenkten auch die weiß-rot-weiße Fahne der belarussischen Opposition, berichtete der Rundfunk.

Eine Solidaritätskundgebung in Litauen.
Foto: PETRAS MALUKAS / AFP

Unter den Teilnehmern war auch Regierungschefin Ingrida Šimonytė. Sie erinnerte an den eigenen Freiheitskampf Litauens im Jänner 1991, der damals auch von vielen Ukrainern unterstützt worden sei. "Jetzt ist die Stunde der Ukraine, und wir sollten sie gleichermaßen unterstützen", betonte sie.

"Wir werden alles tun, um ihnen die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie materiell benötigen, einschließlich Waffen", sagte Šimonytė. Litauens Regierungschefin versprach zudem, sich auch international in der EU und der Nato für die Ukraine einzusetzen. Vom Parlament zog die Menschenmenge weiter zur russischen Botschaft in Vilnius. Dort hielten die Demonstranten eine Schweigeminute für die Opfer des Krieges ab, hielten Protestplakate hoch und sangen die litauische und ukrainische Nationalhymne. Ähnliche Aktionen gab es in den beiden anderen baltischen Hauptstädten Tallinn und Riga.

Proteste in New York.
Foto: Schuhmacher

Vor dem Brandenburger Tor in Berlin protestierten rund hundert Menschen. Auch sie forderten auf Plakaten ein sofortiges Ende des russischen Angriffs auf die Ukraine. Vor dem Kanzleramt breiteten Demonstranten eine riesige ukrainische Fahne aus. Fridays for Future rief für Sonntag zu einer Kundgebung in Berlin gegen den Krieg auf.

Auch in anderen europäischen Städten wie Brüssel, Den Haag und Nizza gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, um gegen den russischen Einmarsch zu demonstrieren. Auch in Wien und Salzburg wurde demonstriert. (APA, dpa, red, 25.2.2022)

Eine Demo in Wien.
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