Ab Herbst wird an 35 Schulen ein Pilotprojekt für Wirtschaftsbildung gestartet.

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Nur 38 Prozent der Jugendlichen in Österreich interessieren sich für wirtschaftliche Themen. Zu diesem Ergebnis kommt der neue YEP-Jugendbericht. Als Hauptgrund für das Desinteresse nennen die Befragten die Methoden, wie Wirtschaft in der Schule vermittelt wird. Die Stiftung für Wirtschaftsbildung startet im Herbst ein Pilotprojekt an 35 Schulen, in dem neue Zugänge erprobt werden – ein eigenes Fach soll fächerübergreifendem Unterricht gegenübergestellt werden.

Eigenes Fach vs. fächerübergreifender Unterricht

Schon länger wird darüber diskutiert, ob das derzeit im Fach Geografie und Wirtschaftskunde verortete Thema ein eigener Gegenstand werden soll oder ob etwa wirtschaftliche Themen stärker in anderen Fächern integriert werden soll. "Wir wollen beides in der Praxis testen", meinte Stiftungs-Vorstand Matthias Reisinger zur APA.

Die 35 AHS-Unterstufen bzw. Mittelschulen hatten dabei die Wahl: Zwei Drittel wollen das Thema in einem fächerübergreifenden Unterricht behandeln, ein Drittel führt ein eigenes Fach ein – das Projekt läuft von der ersten bis zur vierten Klasse und wird wissenschaftlich begleitet. Unterrichten werden die eigenen Lehrkräfte, die Stiftung stellt Materialien wie Planspiele oder Escape Rooms zur Verfügung und organisiert die Fortbildung der Lehrkräfte. Außerdem will man Unterstützung anbieten, um den Bezug zur Praxis herzustellen – etwa über Ausflüge, Vorträge oder die Mitgestaltung des Unterrichts durch Praktikerinnen und Praktiker aus der Wirtschaft.

Jugendliche fühlen sich nicht vorbereitet

Für den YEP Jugendbericht Wirtschaftsbildung wurden im Auftrag der Stiftung rund 1.100 Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren im vergangenen Herbst befragt – zunächst mittels qualitativer Datenerhebung, anschließend darauf aufbauend über eine Umfrage. Dabei zeigte sich, dass sich rund die Hälfte nicht auf die Zukunft vorbereitet fühlt – bei Mädchen war dies sogar bei 58 Prozent der Fall (Burschen: 38 Prozent).

Einen ähnlichen, allerdings nicht ganz so stark ausgeprägten Geschlechterunterschied gibt es beim Interesse für wirtschaftliche Themen: Während 44 Prozent der männlichen Befragten angaben, daran Interesse zu haben, waren es bei den weiblichen Jugendlichen nur 33 Prozent. Fragt man Jugendliche, was für sie ein gutes Leben ist, steht Sicherheit für sie an oberster Stelle – und zwar bezogen auf Gesundheit, Familie/Soziales und Finanzielles.

Bei den Gründen, warum Wirtschaft als nicht spannend eingeschätzt wird, landen die Methoden der Vermittlung wirtschaftlicher Themen auf Platz eins, gefolgt vom allgemeinen Desinteresse daran und fehlenden Partizipationsmöglichkeiten. Sehe man sich die Antworten zu Detailfragen aber genauer an, zeigt sich für Reisinger ein differenziertes Bild. "Wenn man die Jugendlichen fragt: 'Seht ihr euch als Teil der Wirtschaft?', dann sagen sie Nein. Das ist für sie ein sehr abstraktes Thema, mit dem sie oft nichts zu tun haben. Das dockt nicht an ihre Lebenswelt an."

Gleichzeitig komme aber heraus, dass sie an Themen, die in der Wirtschaftsbildung enthalten sein, durchaus Interesse haben. "Da zeigt sich dann, dass sie sich für Steuern interessieren und lernen wollen, wie man einen Steuerausgleich macht. Oder was ein Dienstvertrag ist und welche Rechte ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer habe", so Reisinger. Derzeit hätten die Jugendlichen das Gefühl, dass sie relevante Life Skills in der Schule nicht lernen – setzt man aber wirtschaftliche Themen in direkten Bezug zu ihrer Lebenswelt und ihrem Alltag, seien sie auch für wirtschaftliche Themen empfänglich. (APA, 25.2.2022)