Auch auf Apples Onlinekarten ist die Fluchtbewegung aus Kiew eindeutig zu sehen.

Foto: Apple

Als Russlands Präsident Wladimir Putin in der Nacht auf Donnerstag um etwa vier Uhr früh die Militäroperation gegen die Ukraine offiziell ankündigt, sind die russischen Truppen längst in Stellung gebracht. Wer in der Nacht Google Maps offen hatte, wusste bereits Stunden vorher, dass die Invasion begonnen hatte. Jeffrey Lewis, Experte für Open-Source-Intelligence (Osint), schlug bereits um 3.15 Uhr Alarm. Der Verkehrsmodus auf Google Maps zeigte dort, wo die Truppen von der russischen Stadt Belgorod aus in die Ukraine einfielen, rot markierte Straßen.

Panzer sorgen für Staus

Die Farbe Rot stellt auf Google Maps, aber auch auf Apple Karten Staus in Echtzeit dar. Die Daten werden generiert, wenn User mit ihren Handys sich auf bestimmten Routen langsamer fortbewegen als normal – etwa wegen Verkehrsüberlastung. Lewis präzisierte, dass die Google-Anzeige vermutlich nicht von Soldaten und deren Handys stammte, sondern von Zivilisten und anderen Verkehrsteilnehmern, die durch das schwere Gerät auf der Straße am Weiterkommen gehindert wurden.

Auch am zweiten Tag der Kampfhandlungen spiegelt sich das aktuelle Geschehen auf den öffentlich zugänglichen Diensten der großen Tech-Konzerne wider. So zeigen die Onlinekarten von Google und Apple die Fluchtbewegungen der Menschen aus den größeren Städten. Wenig überraschend sind vor allem die Hauptverkehrsadern von Kiew in Richtung Westen eine einzige Stauzone. Im Lauf des Vormittags verlagerte sich das Geschehen weiter westlich.

Aber auch an der polnischen Grenze ist auf Google Maps und Apple Karten ersichtlich, dass viele Menschen die Ukraine verlassen. Seit Donnerstagabend dürfen offiziell allerdings nur mehr Frauen und Kinder bzw. Männer über 60 das Land verlassen. An einigen Hauptverkehrsrouten, vor allem in Städten, sind zudem Verkehrssperren vermerkt, die ebenfalls auf die Kriegshandlungen zurückzuführen sind.

Offene Daten zur Kriegsführung

Die für jeden ersichtlichen Daten auf populären Diensten wie Google Maps sind nur eine der Möglichkeiten, um etwa Truppenbewegungen live zu verfolgen, bevor diese offiziell bekanntgegeben werden. Neben Satellitenbildern und Webcams wurde die russische Invasion bzw. die Vorbereitung darauf auch auf zahlreichen Dashcam-Videos in russischen Zivilistenautos gefilmt und auf Tiktok sowie anderen sozialen Plattformen veröffentlicht.

Die Staus an der polnischen Grenze sind auf Google Maps klar zu sehen.
Foto: Google Maps

Osint-Experte Lewis weist auf die Zweischneidigkeit derartiger Daten hin. Einerseits sei es spannend, dass solche Daten quasi in Echtzeit ausgewertet werden können. Wenn das Ganze im aktuellen Fall aber von den Russen genutzt werden könne, um eine ukrainische Befreiungsoffensive frühzeitig zu erkennen, sei es vermutlich weniger toll. Lewis vermisst bei den Tech-Konzernen das Bewusstsein, wie wertvoll ihre Daten sein können. (step, 25.2.2022)