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Menschen in Kiew nutzen eine U-Bahn-Station als Schutzbunker.

Foto: AP/Emilio Morenatti

Es waren Nachrichten, die schockieren: Russland greift die Ukraine an, es herrscht Krieg in Europa. Auch Kinder beschäftigen die Geschehnisse verständlicherweise. Sie merken, dass Mama und Papa nicht ganz bei sich sind, sie sehen vielleicht die Bilder im Fernsehen und hören die Nachrichten im Radio. Sie bekommen mit, wie sich Erwachsene darüber unterhalten, was der russische Präsident plant und was in weiterer Folge passieren wird.

Wie können Eltern mit ihren Kindern über den Krieg sprechen? Wie können sie ihnen etwas erklären, das sie selbst nicht so recht fassen können?

Ganz grundlegend empfehle es sich, "nicht so zu tun, als wäre nichts", sagt die Familienpsychologin Jasmin Mandler: "Kinder sind sehr feinfühlig, sie spüren, dass etwas nicht in Ordnung ist." Wenn Eltern die Geschehnisse vor dem Nachwuchs geheim halten, würden diese sich nur selbst etwas zusammenreimen. "Und das ist manchmal schlimmer als die Wahrheit." Besser sei, ehrlich mit den eigenen Gefühlen zu sein, etwa indem man sagt: "Es ist ein Krieg ausgebrochen, und das macht mich betroffen. Wenn ich an die Menschen denke, die davon betroffen sind, dann tut mir das sehr Leid", empfiehlt Mandler. "Man hat ja auch als Eltern Gefühle und Emotionen und kann sie in einem gewissen Rahmen den Kindern auch zumuten."

Klar, einfach, sachlich

Wenn Kinder mehr wissen wollen, gelte: sachlich bleiben und mit klaren, einfachen Worten erklären, was passiert. "Auf keinen Fall solle man Katastrophenszenarien skizzieren oder in Verzweiflung geraten." Das könne Kinder verunsichern – und eine Aufgabe von Eltern sei es, Sicherheit zu vermitteln. Mandler hat einen Vorschlag, wie eine kindgerechte Erklärung aussehen könnte:

"Menschen sind nicht immer einer Meinung, und es kann Streit entstehen. Auch wenn es wünschenswert wäre, dass man diesen Streit mit Worten löst, ist es leider so, dass das nicht immer gelingt. Dann kann es sein, dass politische Anführer von Ländern zu Gewalt greifen, auch zu Waffengewalt, um ihre Position durchzusetzen. Sie denken, dass man damit eher ans Ziel kommt. Und wenn zwei Länder einen gewaltvollen, bewaffneten Konflikt beginnen, nennt man das Krieg. Soldatinnen und Soldaten marschieren mit Panzern und Waffen in ein anderes Land ein, um die Kontrolle darüber zu erlangen. Sie versuchen so, mehr Macht zu bekommen.

Aber nicht nur Soldatinnen und Soldaten kämpfen miteinander. Unter einem Krieg leiden auch Unbeteiligte. Ihre Häuser, Schulen, Straßen, Parks und Bahnhöfe werden zerstört, und es kann sein, dass auch sie oder ihre Lieben verletzt oder getötet werden. Krieg führt meist auch dazu, dass Menschen das Land verlassen, um sich und ihre Familien zu schützen. Das nennt man Flucht."

Besser Kindernachrichten

Kinder unter zehn Jahren, empfiehlt Mandler, sollte man auf jeden Fall von allgemeinen Nachrichten fernhalten. Bei ihnen sei es besser, auf eigene Kindernachrichten auszuweichen. Radio und Fernsehen sowie einige Zeitungen – darunter DER STANDARD – bieten altersgerechte Nachrichten in einfacher Sprache. "Man kann sie gemeinsam mit den Kindern ansehen, anhören oder lesen und die Fragen, die auftauchen, beantworten." Dabei kann es sein, dass Eltern etwas mal nicht wissen – das könne auch ehrlich zugeben und dann gemeinsam zum Beispiel in Kindersuchmaschinen nach einer Antwort suchen.

Jugendliche könne man bereits staatliche Nachrichtensendungen, wie die "ZiB 2" zumuten – "sie damit aber auch nicht alleine lassen, sondern mit ihnen darüber sprechen", betont Mandler. Die Expertin empfiehlt, die Jugendlichen zu fragen, was sie über das Gesehene denken und auch eigene Gefühle mitzuteilen, etwa in dem man beispielsweise sagt: "Mich wühlt das gerade ganz schön auf. Wie geht es dir damit?"

Außerdem sei wichtig, Kinder im Teenageralter zu fragen, woher sie ihre Informationen beziehen. Gerade in sozialen Medien wie Tiktok und Co kursieren derzeit viele Falschmeldungen und Desinformation. "Wichtig ist der Appell, solche gewaltvollen Informationen nicht anzuschauen oder sie weiterzuverbreiten", sagt Mandler. Eine Aufklärung über Quellenkritik sei ebenso essenziell, wie den Jugendlichen zu sagen, wo sie seriöse Informationen herbekommen.

Nachrichtenpausen einlegen

Generell, aber im Speziellen, wenn Eltern die Nachrichtenlage selbst – zu – nahegeht, empfiehlt Mandler, immer wieder Pausen einzulegen, in denen man keine Medien konsumiert. Eltern von jungen Kindern empfiehlt sie, nur dann Zeitung zu lesen oder den Fernseher einzuschalten, wenn die Kinder schon schlafen, im Kindergarten oder in der Schule sind. "Bei aller Betroffenheit ist es auch entscheidend, sich selbst und den Kindern eine gewisse Sicherheit zu vermitteln." Etwa indem man sagt, dass es aus heutiger Sicht unwahrscheinlich ist, dass Österreich von diesem Krieg direkt betroffen sein wird – und es viele Bemühungen gibt, die Sicherheit zu wahren. "Für Kinder ist es auch wichtig zu wissen, dass den Familien, die dort leben, von Hilfsorganisationen geholfen wird." (Lisa Breit, 25.2.2022)