Shiatsu-Übungen tun gut und helfen, sich gegenseitig Ruhe zu geben. Auch Kinder genießen die Zuwendung sehr.

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Stress und Angst sind Gefühle, die derzeit bei vielen auf der Tagesordnung stehen. Das gilt für die sehr reale Angst vor einer Ansteckung mit Corona genau so wie für die abstraktere Angst, die der russische Einmarsch in der Ukraine hervorruft. Zynisch gesprochen sollte man meinen, nach zwei Jahren hätten wir uns an das Gefühl der Hilflosigkeit, wenn solche Ereignisse über einen hinwegrollen, schon gewöhnt. Tatsache ist aber, dass unser Stresssystem dadurch permanent neu getriggert und die Belastung damit immer größer wird.

Deshalb ist es wichtig, individuelle Bewältigungsstrategien zu entwickeln, mit denen man trotz der Ohnmachtsgefühle den Kontakt zu sich selbst nicht verliert. Gerade in Krisenzeiten hilft das, resilienter zu werden. Wie das gelingen kann, erklärt etwa die Neuropsychologin Alexandra Marold-Sattler hier. Wie man generell die Resilienz verbessern kann, lesen Sie hier.

Ein Weg, den Kontakt zu sich selbst wieder herzustellen, Ängste zu lindern und generell besser mit der Situation umzugehen, ist auch die achtsame, liebevolle Berührung, weiß Alexandra Gelny, diplomierte Shiatsu-Praktikerin und Sprecherin des Österreichischen Dachverbands für Shiatsu (ÖDS): "Wird man von einem anderen Menschen auf eine Art und Weise berührt, die einem gut tut, schüttet man das Hormon Oxytocin aus. Das ist der mächtigste Gegenspieler der Stresshormone im Körper, es senkt die Atemfrequenz, den Blutdruck und bewirkt Entspannung im Körper."

Sich in der Welt "verorten"

Berührung hilft außerdem dabei, sich in der Welt zu "verorten": "Man geht dabei in Beziehung mit sich und der Welt rundherum, lernt seine (Körper)Grenzen wahrzunehmen und zu schützen", weiß Gelny. Besonders in der Pandemie haben das viele Menschen, gespürt, wenn auch auf negative Art: "Ein Mangel an Berührung führt unweigerlich zu Unausgeglichenheit und Stress. Soziale Isolation, verbunden mit dem Fehlen von Berührung über einen längeren Zeitraum, entkoppelt einen quasi von sich selbst und seiner Umgebung." Auf Dauer kann das zu Verspannungen, Angstzuständen und auch Depressionen führen.

Nach einer Krise brauchen Menschen deshalb verstärkt Berührung, um wieder zur Ruhe zu finden und ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zurück zu bekommen. Shiatsu, bei dem die achtsame Berührung das Kernelement ist, kann dabei unterstützen. Die ganzheitliche Körperarbeit-Methode stammt aus Japan, übersetzt bedeutet der Begriff Finger (shi) und Druck (atsu) – im Sinne aufmerksamer und achtsamer Berührung. Es geht darum, über die Berührung Druck abzubauen und neue Energie zu tanken.

Die Methode eignet sich auch sehr gut für eine Anwendung zu Hause zur gegenseitigen Behandlung. Auch Kinder profitieren von der gezielten Berührungsarbeit sehr – sie hilft etwa, wenn sie unruhig oder aufgewühlt sind (wie man mit Kindern über die aktuelle Lage sprechen kann, lesen Sie hier). Deshalb gibt es hier einige Übungen, die helfen sollen, wieder mehr zur Ruhe zu kommen:

Den Körper aufwecken

Entspannt hinstellen, Handgelenke und Hände rotieren und schütteln, um Sie zu lockern. Klopfen Sie sich dann gegenseitig locker und rhythmisch von Kopf bis Fuß ab, wahlweise mit Fingerkuppen, lockeren Fäusten oder Handflächen: Kopf, Schultern, Brustkorb (sanft!), einen Arm nach dem anderen hinunter zur Hand und zurück hinauf, den Rücken von oben nach unten, rund ums Becken und die Beine außen hinunter und innen hinauf. Danach bleiben Sie noch ein paar Minuten ruhig stehen, beide Hände auf dem Bauch ablegen, dem eigenen Atmen lauschend.

Auch Kindern gefällt diese Shiatsu-Übung sehr. Kindergarten- und Volksschulkinder klopfen sich gerne selbst ab, aber auch die Eltern.

Ausstreichen

Im Stehen oder auch im Liegen den Körper vom Scheitel bis zur Sohle mit sanftem Druck abstreichen: Mit der flachen großen Hand (oder mit beiden Händen) zuerst den Kopf, dann die Arme entlang mit beiden Händen bis in die Finger, dann den Brustkorb, Becken, Beine bis in die Zehen.

Langsames Streichen beruhigt, schnelles aktiviert eher. Bei Kindern hat sich gezeigt, dass das Streichen in einer Geschwindigkeit von ungefähr drei Zentimetern pro Sekunde den beruhigendsten Effekt hat. Auch Babys lieben dieses Ausstreichen sehr. Achten Sie auf guten, großen Kontakt dabei. Es ist kein ganz lockeres "Streicheln", etwas konkreter.

Sanfte Bauchbehandlung

Die Hände übereinander auf den Bauch legen, knapp unter dem Bauchnabel. Einige Male tief aus- und einatmen. Die Atembewegungen verstärken, indem die Hände beim Ausatmen mit etwas Druck tiefer in den Bauch sinken. Die Hände bleiben möglichst entspannt.

Nun wandern die Hände im Uhrzeigersinn etwas weiter, am Rand des Bauchs. An jeder Stelle zwei bis drei Atemzüge lang bleiben, die Hände beim Ausatmen wieder etwas tiefer in den Bauch sinken lassen. Dort, wo der Druck besonders angenehm ist, länger verweilen.

Mit der Übung fortfahren, bis man wieder in der Mitte angekommen ist. Nach Belieben wiederholen. Am Ende nochmals ein paar Atemzüge lang die Hände unter dem Bauchnabel verweilen lassen. Im Stehen, Sitzen oder Liegen durchführbar.

Diese Shiatsu-Behandlung am Bauch ist auch gut für Kinder geeignet. Bei Kindern ist allerdings kein Druck notwendig, einfach nur ein guter Kontakt mit den Handflächen.

Druckpunkt zur Beruhigung

In der Mitte der Handfläche befindet sich der Akupunkturpunkt Herzkreislauf 8. Er ist eine Art Anti-Panik-Punkt, ihn zu drücken wirkt beruhigend, hilft bei Nervosität und ist auch für Kinder gut geeignet.

Die Handfläche öffnen, die Hand entspannt lassen. Die eine Hand mit der andere umfassen, sodass der Daumen gut das Zentrum der Handfläche erreicht. Mit dem Daumen beim Ausatmen einsinken, den Punkt nach Belieben halten, drücken, massieren oder reiben. (kru, 27.2.2022)