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Putin kommt auf die EU-Sanktionsliste.

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Brüssel/Moskau/Washington – Nach der Europäischen Union und Großbritannien will auch die US-Regierung Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow verhängen. Auch weitere Mitglieder der russischen Führung würden betroffen sein, sagte US-Präsident Joe Bidens Sprecherin, Jen Psaki, am Freitag. Die Entscheidung sei in enger Abstimmung mit den Verbündeten in der EU gefallen, sagte Psaki im Weißen Haus.

Einzelheiten zu den Sanktionen würden noch im Laufe des Nachmittags (Ortszeit) bekanntgegeben, sagte sie weiter. Bei den meisten US-Sanktionen, die sich auf bestimmte Personen oder Firmen beziehen, wird jeglicher möglicher Besitz in den USA eingefroren. US-Bürgern und Firmen ist es dann weitgehend verboten, mit ihnen Geschäfte einzugehen oder sie finanziell zu unterstützen.

Falls die Betroffenen gar kein Vermögen in den USA haben – was bei Putin und Lawrow sehr wahrscheinlich erscheint – haben die Sanktionen trotzdem nicht nur eine symbolische Bedeutung. Sie erschweren den betroffenen Personen oder Firmen viele internationalen Geschäfte, weil westliche Banken und Unternehmen nicht riskieren wollen, gegen US-Sanktionen zu verstoßen. Putin wird Psaki zufolge auch von Einreisesperren betroffen sein.

EU-Beschluss

Die EU-Staaten hatten sich bereits zuvor darauf geeinigt, Vermögenswerte von Putin und Lawrow einzufrieren. "Lassen Sie mich betonen, dass die einzigen von der EU sanktionierten Staats- und Regierungschefs Assad von Syrien, Lukaschenko von Belarus und nun Putin von Russland sind", sagte EU-Außenbeauftragter Josep Borrell nach einem Treffen der EU-Außenministerinnen und -Außenminister.

Am Donnerstagabend hatte die EU bereits ein zweites Sanktionspaket wegen des Angriffs auf die Ukraine beschlossen. Die Strafmaßnahmen betreffen unter anderem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport. Zudem soll es Exportkontrollen für bestimmte Produkte sowie Einschränkungen bei der Visa-Vergabe geben.

Weiter keine Einigkeit um Swift-System

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) berichtete ebenfalls bereits nach dem EU-Gipfel von weiteren geplanten Strafmaßnahmen. Nach der Tagung des heimischen Nationalen Sicherheitsrats am Freitag berichtete er, dass Österreich die Idee unterstützt, Russland aus dem globalen Swift-Zahlungssystem auszuschließen, vorausgesetzt, es besteht Einigkeit innerhalb der EU in dieser Frage.

Konkret hat sich der Nationale Sicherheitsrat auf einen Beschluss geeinigt, in dem es heißt: "Der Nationale Sicherheitsrat empfiehlt der Bundesregierung im Sinne der erklärten österreichischen Politik, Russlands Aggression härtest möglich zu sanktionieren, sich international für einen Ausschluss Russlands aus dem Swift-System einzusetzen." Bei seiner Pressekonferenz betonte Nehammer, dass er den Ausschluss Russlands für "ein technisches Detail" hält, das zwar besprochen und gelöst gehöre. Es sei aber ein Nebenaspekt beziehungsweise weniger wirksam im Vergleich zur Wucht der von der EU-beschlossenen Sanktionen gegen russische Banken, Industrie und gewissen Personen, wie auch Putin und Lawrow.

Im Gegensatz dazu verteidigte die deutsche Regierung am Freitag ihr Nein zu einem Swift-Ausschluss Russlands. "Eine Aussetzung von Swift wäre technisch aufwendig vorzubereiten, hätte auch massive Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr in Deutschland und für deutsche Unternehmen im Geschäft mit Russland", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin.

Drittes Sanktionspaket

Deutschland sei beim EU-Gipfel in der Nacht auf Freitag mit seinen Bedenken auch nicht alleine gewesen. "Ich habe wahrgenommen, dass unter anderem Frankreich und Italien auch Einwände erhoben haben", so Hebestreit. Frankreich ließ am Freitag wissen, dass Paris keine Bedenken hinsichtlich des Swift-Ausschlusses Russlands habe. Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire nannte den Schritt eine "finanzielle Atomwaffe". Auch die Niederlande zeigte sich offen dafür, den Ausschluss zu prüfen. Und auch Deutschland selbst ruderte am Freitag am frühen Abend etwas zurück: Berlin sei "offen" für einen Ausschluss Russlands, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte, dass in einem dritten Paket der Ausschluss aus dem internationalen Zahlungssystem auf der Agenda stehen könne. Zuvor hatte aber auch er zu bedenken gegeben, dass man bei Sanktionen immer sehen müsse, wer davon stärker betroffen werde – Russland oder der Westen.

Die dritte Runde Sanktionen würde sich auf den russischen Finanz- und Energiesektor auswirken, sagte ein EU-Beamter zu Reuters. Er nannte keine weiteren Einzelheiten. Auf die Frage, ob die Kohleimporte Polens und anderer EU-Mitglieder aus der von Russland besetzten Donbass-Region in der Ostukraine eingestellt würden, sagte der Beamte, die baltischen Staaten hätten das Thema bei Gesprächen zwischen den 27 Staats- und Regierungschefs der EU am späten Donnerstag zur Sprache gebracht. "Sie diskutierten darüber, wie wir dies schrittweise auslaufen lassen können", sagte der Beamte. Auch eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin sagte, man überlege, wie man den hohen Anteil an russischer Importkohle reduzieren könne.

In Washington, D.C. haben Demonstrierende bereits am Donnerstag den Ausschluss Russlands aus dem Swift-System gefordert.
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Russland hat unterdessen Vergeltung für die vom Westen verhängten Sanktionen angekündigt. "Es versteht sich von selbst, dass Vergeltungsmaßnahmen folgen werden", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag. "Wie symmetrisch oder asymmetrisch sie sein werden, wird von der Analyse der Beschränkungen abhängen", die Russland auferlegt worden seien. (fmo, Reuters, APA, 25.2.2022)