Der Arbeitsmarkt für junge Juristinnen und Juristen hat sich im vergangenen Jahr sehr positiv entwickelt.

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"Die Corona-Depression ist vorbei, und das merkt man auch am Arbeitsmarkt für Juristinnen und Juristen gewaltig", sagt Bernhard Breunlich, Personalberater bei Lawyers & More. Im Wesentlichen gebe es dafür zwei Gründe: Zum einen sei noch immer ein Aufholeffekt nach Corona spürbar, zum anderen sei der Generationenwechsel voll im Gange. "Derzeit ist am Markt sehr viel los", betont Breunlich.

Das zeigt auch ein Blick auf die Statistik: Im Jänner 2021 waren in Österreich 1.615 Akademikerinnen und Akademiker mit einem Jus-Abschluss arbeitslos, im Jänner 2022 nur noch 1.168. Der positive Trend spiegelt sich auch in den offenen Positionen wider: Vor einem Jahr gab es knapp über 300 unbesetzte Stellen, heuer sind es über 500.

Gestärkte Position

Der große Bedarf und das geringe Angebot an Arbeitskräften hat auch die Verhandlungsposition von Einsteigerinnen und Einsteigern bei der Vertragsgestaltung und beim Gehalt verbessert. "Die Guten können es sich derzeit aussuchen", sagt Breunlich.

Er rate jedoch davon ab, mit dem ersten Arbeitgeber auf Biegen und Brechen zu verhandeln. Schließlich gehe es für Einsteigerinnen und Einsteiger vor allem darum, den ersten Schritt in den Arbeitsmarkt zu machen. "Das sollte man nicht wegen 100 Euro mehr oder weniger gefährden", sagt der Experte. "Wenn man mehrere Optionen hat, dann ist das aber natürlich etwas anderes." Wichtig sei es, sich im Vorfeld gut zu informieren, um auf Augenhöhe verhandeln zu können.

"Der Druck, das erstbeste Stellenangebot annehmen zu müssen, nimmt ab", sagt Christina Maria Schwaiger, Vertreterin der Rechtsanwaltsanwärter in der Wiener Rechtsanwaltskammer. "Der Einzelne traut sich angesichts mehrerer Optionen deshalb mehr einzufordern." Wenn Einsteigerinnen und Einsteiger kollektiv auf ein gewisses Grundgehalt pochen, stärke das zudem die Position aller, weil Kanzleien ein faires Gehalt zahlen müssen, um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen und auch halten zu können.

Breiteres Angebot

Laut Breunlich, der vergangene Woche gemeinsam mit der Fakultätsvertretung am Juridicum in Wien einen Beratungsevent organisiert hat, dominieren bei den Berufswünschen der Studierenden nach wie vor die klassischen Rechtsberufe Anwältin, Notar und Richterin. Im Allgemeinen werde das Angebot aber breiter. Zum einen entstehen neue Jobs, die es früher gar nicht gegeben habe, zum anderen gebe es auch innerhalb der klassischen Berufe ein größeres Spektrum an Spezialisierungen.

"Vielen Studierenden ist noch nicht wirklich bewusst, dass es abseits der klassischen Rechtsberufe auch andere Möglichkeiten gibt", sagt Elisabeth Wu, Vorsitzende der Fakultätsvertretung Jus. "Es gibt immer noch zu wenig Aufklärung darüber, welche Möglichkeiten man hat." Wu wünscht sich auch von der Universität zusätzliche Beratungsangebote. Der Berufseinstieg sei oft schwierig, wenn einem die Kontakte in die Kanzleien fehlen. "Da braucht es noch mehr Vernetzungstreffen", sagt Wu. (Jakob Pflügl, 2.3.2022)