Der "Kurier" und sein Titel-Bild über den russischen Einmarsch in der Ukraine.

Foto: Faksimile

Es lag in der Luft, und irgendwer musste damit kommen. Es war dann der "Kurier", der es am Dienstag nicht mehr aushielt. Russisches Roulette titelte er auf Seite 1 seiner Mittwoch-Nummer. Da wollte am selben Tag die "Kronen Zeitung" nicht zurückstehen und mobilisierte Michael Jeannée, der sich an Rasputin & Putin abarbeitete. Die beiden haben ungefähr so viel miteinander zu tun wie Russisches Roulette mit einem sorgfältig und langfristig geplanten Einmarsch in die Ukraine, aber wenn der heimische Boulevard in die Kampfhandlungen eingreift, dann muss sich ein Putin, mit oder ohne Ras, warm anziehen. Jeannée versuchte wenigstens, mit persönlichem Rat auszuhelfen. Der Putin ohne Ras sollte daran denken, wenn er jetzt einen Krieg vom Zaun bricht.

Jeannées Belehrung

Woran, war nicht ganz klar, vielleicht daran, dass die Prophezeiung des Mönchs in fatale Erfüllung ging. Die Zarenfamilie wurde ausgelöscht, und ihr Reich übernahmen die Bolschewiken. Sollte Putin daran denken, wäre es etwas spät, und bei ihm lief es umgekehrt: Er übernahm das Reich von den Bolschewiken, was kein Grund für einen verbrecherischen Angriffskrieg sein muss. Aber ich fürchte, der Putin ohne Ras hat nichts gelernt aus der Geschichte, eine Befürchtung, die nach Jeannées Belehrung, dass Rasputin ein "verrückter Mönch", ein "heiliger Teufel" war, der über geheimnisvolle Kräfte verfügte, zweifellos großen Eindruck auf den Putin ohne Ras machen wird.

Vielleicht lag es an den vielen Zweiern des betreffenden Tages. Auch der Leitartikel des "Kurier" behandelte Putins Geschichte, und zwar so: Am 22. 2. 2022 hat Wladimir Putin Geschichte geschrieben. Und zwar eine für ihn sehr nachteilige: Der russische Präsident hat sich in die Reihe der großen Staatsverbrecher der Geschichte eingereiht. Einer musste ja der Erste sein, der sich früh zum endgültigen Urteil erkühnt, da lässt man sich von anderen Hobbyhistorikern nicht die Butter vom Brot nehmen.

Aber das Folgende wird Putin besonders kränken. Wladimir Putin hat auf alle Zeiten das verloren, was ihm dem Vernehmen nach am wichtigsten war: von den führenden Politikern der Welt auf Augenhöhe wahrgenommen, geachtet und respektiert zu werden. Staatsverbrecher achtet und respektiert man nicht. Nur eine Frage blieb im "Kurier" unbeantwortet. Warum kapriziert sich Putin darauf, Staatsverbrecher zu werden, wenn es ihm doch am wichtigsten war, von den führenden Politikern der Welt auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden?

Kneissls Anfall von Geschmack

Zumindest für ehemals führende Politiker gilt das ohnehin nicht, die haben mit Putins Augenhöhe kein Problem. Österreichs Ex-Außenministerin etwa unterlief diese Höhenangabe mir nix, dir nix, als sie im Rausch der Vermählung vor dem Staatsverbrecher, damals noch präsumtiv, einen Knicks hinlegte, der auf jedem diplomatischen Parkett für Furore gesorgt hätte. Dabei war es nur das steirische. Heute ist Frau Kneissl, wie sie Fellner wissen ließ, hörbar sauer. "Ich wünsche nicht mehr von Ihnen kontaktiert zu werden", teilt sie "Österreich" in einem Anfall von Geschmack mit und legt auf.

Nicht aufgelegt hat sie bei Rosneft, wo sie eine schöne Gage kassiert, weil sie so viel von Energie versteht. Als nebenberufliche Kolumnistin bei Russia Today bestätigte sie Putin, ohnehin "die Minimalform an Eskalation" gewählt zu haben. Das Urteil einer versierten Außenpolitikerin, mit dem sie allerdings ein wenig unter der Augenhöhe des Staatsverbrechers bleibt. Was aus der beknicksten Ehe geworden ist – wer weiß? Diesbezüglich hat auch Ex-Kanzler Christian Kern wenig Erfolg vorzuweisen. Er knickst als Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn und trat dafür ein, dem Staatsverbrecher gegenüber "Empathie zu zeigen", Augenhöhe nicht so wichtig. Prompt schlug, so Fellners "Seitenblicke", der Liebeskiller Pandemie oder doch einfach nur irgendetwas anders in seine Ehe ein.

Pröll und Staberl ein Denkmal in St. Pölten

Aber keine dunkle Zeit ohne einen Lichtblick. Es war für die "Krone", aber auch für Niederösterreich ein kulturhistorisch bedeutender Tag, als das große Staberl-Erbe von Experten in dessen Wohnung mit entsprechender Ehrfurcht für den Weg in St. Pöltens Museen verpackt wurde. Der Bilderschatz, solides Biedermeier, ist weltweit einzigartig und auch mit sehr vielen berührenden Erinnerungen an den Jahrhundert-Journalisten verknüpft. Den Grundstock für diese Schenkung legte die tiefe Freundschaft von Altlandeshauptmann Erwin Pröll mit dem einstigen "Krone"-Urgestein.

Höchste Zeit für ein gemeinsames Denkmal in St. Pölten. (Günter Traxler, 25.2.2022)