Österreich und Deutschland werden für aktivistische Investoren immer interessanter, meint die Beratungsgesellschaft Boston Consulting.

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Ihr Ziel ist Veränderung. Ob höhere Übernahmepreise, ein anderes Management, Zukäufe oder Aufspaltungen – sogenannte aktivistische Investoren haben einen Plan im Hinterkopf und wollen diesen auch umsetzen. Bekanntester Vertreter ist wohl der 1977 gegründete US-Hedgefonds Elliott des Investors Paul Singer, der mit einem verwalteten Volumen von etwa 48 Milliarden Dollar bei Unternehmen umrührt. Deren Liste ist mittlerweile ebenso lang wie prominent.

Vom US-Aluminiumkonzern Alcoa, heute Arconic, bis zum deutschen Haarpflegeerzeuger Wella lernten schon viele Konzernlenker die Macht aktivistischer Investoren kennen, von denen Elliott nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Diese Form des Investierens nimmt zu, meint Rüdiger Wolf vom Beratungsunternehmen Boston Consulting – und die Branche hat den deutschsprachigen Raum entdeckt.

"Hinter aktivistischen Investoren stehen Fonds, die mit einer kleinen Beteiligung Rendite erzielen wollen", erklärt Wolf. "Sie legen ein bestimmtes Handeln nahe, wollen dafür auf einer Hauptversammlung oder auf andere Weise öffentlich Aufmerksamkeit erregen und so die Unternehmensleitung unter Druck setzen." Inhaltlich kann es sich um die strategische Konzernausrichtung handeln, um Finanzfragen, Nachhaltigkeit oder Ausschüttungen – kurzum: "Es geht darum, dass man mit der Unternehmenspolitik unzufrieden ist."

Kleine Beteiligung

Der Einstieg erfolgt meist nur mit einer Beteiligung im einstelligen Prozentbereich, berichtet Wolf. Damit weist man lautstark auf vermutete Mängel im Unternehmen hin und versucht, andere Investoren auf seine Seite zu ziehen oder einen Platz im Aufsichtsrat zu ergattern.

Zunehmend angreifbar für aktionistische Investoren werden Unternehmen aufgrund der Kapitalstruktur oder Finanzpolitik. Wodurch? Indem sie sich etwa beim Verschuldungsgrad oder der Dividendenpolitik stark von anderen Unternehmen der Branche abheben. Eine Zunahme gab es auch bei Kampagnen wegen Nachhaltigkeit oder der Art der Unternehmensführung.

Grundsätzlich besonders anfällig für den Einstieg aktivistischer Investoren sind Konglomerate, also Mischkonzerne. Bei diesen bestehe bei neun von zehn ein zumindest mittleres Risiko eines Einstiegs. Unter den Branchen erwecken vor allem Industrie und Konsumgütererzeuger den Appetit aktivistischer Investoren. Familienunternehmen mit stabilen Eigentumsverhältnissen treffen weniger deren Geschmack.

Wie erfolgreich sind die Veränderung suchenden Anleger bei ihren Vorhaben? Meist kommt es dem Boston-Consulting-Experten zufolge tatsächlich zu Veränderungen bei den Unternehmen. Und zahlt sich das auch finanziell aus? "Es gibt ertragreiche Kampagnen, aber auch welche, die Geld vernichtet haben", bleibt Wolf vage.

Trend hält an

"Das Thema hat stark an Relevanz gewonnen", sagt der Experte über diese Form des Investierens. "Der Trend hat sich verstärkt und wird weitergehen." Auch der deutschsprachige Raum rückt in dessen Fokus. In Österreich sind Boston Consulting zufolge acht von 30 relevanten Unternehmen äußerst oder sehr gefährdet für eine Kampagne. Welche, das will Wolf nicht verraten. Nur so viel: "In Deutschland und Österreich mussten aktivistische Investoren erst Erfahrung sammeln. Jetzt wissen sie, dass es funktioniert, und machen es auch." (Alexander Hahn, 24.2.2022)