In Österreich gibt es derzeit sechs Einhörner. Weitere sollen folgen.

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In der Gründerszene bezeichnet man sie gemeinhin als Unicorns (Einhörner): Start-ups, die noch nicht börsennotiert sind, aber schon eine Bewertung aufweisen, die die magische Marke von einer Milliarde Dollar geknackt hat. In den USA gibt es zwar noch immer viermal so viele Unternehmen dieser Art, allerdings wächst die Zahl der Einhörner diesseits des Atlantiks doppelt so stark. Österreich galt in dieser Hinsicht lange Zeit als Hinterbänkler – was durch eine Studie des internationalen Tech-M&A-Beraters i5invest und des Tech-Investors i5growth nun widerlegt wird. Demnach findet sich Österreich im Ranking nun auf Platz vier.

Europas Einhörner

Mit 85 neuen Unicorns im Jahr 2021 zählt Europa nun gesamt 132 Technologieunternehmen mit einer Bewertung von über einer Milliarde Dollar. Vergleicht man die Gesamtzahl mit der internationalen historischen Entwicklung, erreicht Europa den amerikanischen Level von 2019. Die am höchsten bewerteten Unicorns in Europa sind das Fintech Klarna (37,5 Milliarden Euro, Schweden), Checkout.com (35,4 Milliarden Euro, UK), Revolut (27,8 Milliarden Euro, UK), Northvolt (9,7 Milliarden Euro, Schweden) und Global Switch (9,6 Milliarden Euro, UK).

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Im Gesamtdurchschnitt hat ein europäisches Einhorn eine Bewertung von 3,1 Milliarden Euro, ist mit Kapital in der Höhe von 562,7 Millionen Euro finanziert, hat 1.027 Arbeitsplätze geschaffen und wurde vor zehn Jahren und vier Monaten gegründet. Nur rund zehn Monate hat Europas schnellstes Einhorn für eine Milliardenbewertung gebraucht – dieser Sprint ist Lebensmittelzusteller Gorillas aus Berlin gelungen.

Investoren aus den USA

Der von i5invest und i5growth veröffentlichte Report zeigt außerdem auf, dass rund 48 Prozent der in Unicorns investierten Fonds nicht aus Europa kommen, stattdessen kommt die Mehrheit davon aus den USA.

Die US-Fonds mit den meisten europäischen Unicorn-Investments sind Accel (19), Index Ventures (zwölf), Tiger Global (zehn), TCV und General Atlantic (je neun).

Einhörner in Österreich

Insgesamt gibt es in Österreich sechs solcher Einhörner. Darunter finden sich neben den mit viel Risikokapital finanzierten Unternehmen Bitpanda, Gostudent, TTTech Auto und Tricentis auch zwei "Hidden Champions": Copa-Data, Hersteller von Industrie-Automatisierungssoftware mit Sitz in Salzburg und einem Jahresumsatz 2021 von 64 Millionen Euro; sowie Loxone, Hersteller von Smart-Home-Lösungen mit Sitz in Oberösterreich. Beide Unternehmen sind bisher ohne Aufnahme von Risikokapital gewachsen und werden auf Basis ihrer Finanzkennzahlen von Investoren mit über einer Milliarde bewertet.

"2021 haben wir es in Österreich endlich geschafft, in internationalen Schlagzeilen aufzuzeigen", sagt der Geschäftsführer des M&A-Beraters i5invest, Herwig Springer: "Insgesamt haben die sechs österreichischen Einhörner über 6.000 Arbeitsplätze geschaffen und werden 2022 wohl weiter ein starkes Wachstum zeigen."

Kein Unicorn, sondern ein Soonicorn

Neben den Unicorns gibt es auch noch die "Soonicorns" – also Start-ups, die vermutlich bald den Einhorn-Status erreichen. Auch diese Kategorie haben die Initiatoren des Reports genauer unter die Lupe genommen. Dazu wurden europäische Investoren aufgefordert, Unternehmen mit kurzfristigem Unicorn-Potenzial in ihren Investmentportfolios zu benennen. Das Resultat ist eine Liste von 253 Unternehmen, die in den nächsten 24 Monaten Unicorn-Status erlangen könnten. Im Durchschnitt hat ein solches Soonicorn eine Bewertung von 285,5 Millionen Euro, eine Finanzierung von 121,5 Millionen Euro, beschäftigt 311 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist acht Jahre und sieben Monate alt.

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Das größte Teilsegment der Soonicorns bleiben die Fintech-Unternehmen – also Anbieter von Finanzprodukten mit neuen technologischen Ansätzen –, gefolgt vom Fokus auf künstliche Intelligenz & Big Data sowie Life Science und Health. Auch bei Soonicorns führt Großbritannien das Länderranking an (73), gefolgt von Frankreich (32), der Schweiz (19), den Niederlanden (13) und ... Österreich mit zwölf Unicorn-Anwärtern.

Österreichs Soonicorns

"Dass Österreichs Platz an der europäischen Einhorn-Spitze keine Momentaufnahme bleiben wird, zeigt die beeindruckende Anzahl jener Unternehmen, denen Investoren das Potenzial einräumen, in den nächsten 24 Monaten ebenfalls eine Milliardenbewertung zu erreichen", sagt Simona Hübl, Geschäftsführerin des Tech-Investors i5growth.

Die zwölf heimischen Unternehmen am Sprung zum Einhorn heißen Adverity, Anyline, blackshark.ai, Ixolit, Logsta, Meister, Planradar, Refurbed, Storebox, Tourradar, Tractive und USound. Gemeinsam haben diese österreichischen Unternehmen über 1.500 Arbeitsplätze geschaffen. "Viele davon haben 2021 große Finanzierungsrunden abgeschlossen, weshalb wir hier ein noch stärkeres Wachstum in den nächsten Monaten sehen werden. Der Einfluss von Technologieunternehmen auf die heimische Wirtschaft ist schon jetzt nicht mehr kleinzureden. Was sich Österreichs vielversprechendste Start-ups dringend wünschen, ist der vereinfachte Zugang zum Arbeitsmarkt für ausländische Fachkräfte", sagt Hübl. (stm, 28.2.2022)