Die AUA wird diesen Donnerstag erneut tiefrote Zahlen bekanntgeben. Die Turbulenzen in der Ukraine und in Russland sind noch nicht eingepreist. Eine gesamteuropäische Luftraumsperre für russische Flugzeuge, ausgesetzte Flüge nach Moskau und in die Ukraine, all das trifft auch die noch unter den Corona-Folgen leidende Luftfahrtbranche. Maschinen aus Westeuropa fliegen etwa auf dem Weg nach Fernost, nach China, Japan oder Südkorea, über Russland. Nun müssen andere Routen geflogen werden. Abgesehen von längeren Flugzeiten dürfte dies mit höherem Spritverbrauch verbunden sein. Zudem müssen Überflugrechte organisiert und bezahlt werden. Das wird sich auch in den Bilanzen auswirken.

Hoffnung auf Reiselust

Bei der Präsentation der Jahresbilanz durch die Vorstände Michael Trestl und Francesco Sciortino – sie übernahmen das Steuer kurzfristig mit dem im Dezember bekannt gewordenen Abflug von Alexis von Hoensbroech Richtung Westjet – wird man eher die Chancen betonen. Auch bei der AUA ist von stark steigenden Buchungszahlen die Rede: Spanien, Griechenland, Italien, Bangkok – den Menschen stehe der Sinn nach Erholung. Die AUA will im Sommer über Vorkrisenniveau fliegen. Von Hoensbroechs Nachfolgerin Annette Mann (44) wird am Donnerstag wohl zumindest kurz vorstellig werden.

Der Krieg in der Ukraine setzt eine Sanktionsspirale in Gang, die auch die Luftfahrt trifft. Auch Österreich sperrt den Luftraum für russische Maschinen. Flugzeuge, die in Russland registriert sind, russischen Bürgern gehören oder von diesen gechartert werden, dürfen seit Sonntag 15 Uhr nicht mehr in den österreichischen Luftraum einfliegen oder auf österreichischen Flughäfen landen.
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Ihr Vorgänger dürfte bei der mit rund 170 Flugzeugen dreimal so großen kanadischen Airline, die zur Beteiligungsgesellschaft Onex Corporation gehört, mehr Entscheidungsfreiheit als bei der AUA haben, die in strategischen Fragen an der Lufthansa hängt. Viel Zeit, um sich zu akklimatisieren, hat die im bayrischen Simbach geborene studierte Betriebswirtin Mann, die ab 1. März das Steuer übernimmt, nicht. Die AUA hat ebenso wie ihre Konzernmutter die Flüge in die Ukraine bis 26. März ausgesetzt. Ende März läuft auch die Corona-Kurzarbeit aus. Ob die großzügige Regelung mit vollem Kostenersatz für Unternehmen angesichts der neuen Bedrohung für die Luftfahrtbranche verlängert wird, ist offen. Manns erste Besuche hierzulande werden neben hausinternen Vorstellungsrunden jedenfalls in die zuständigen Ministerien führen.

Leicht wird es Mann, die Lufthansa-intern einen kräftigen Karrieresprung macht, nicht haben. Im Konzern hatte sie wohl verantwortungsvolle Posten – vor gut einem Jahr wurde ihr die Leitung des damals neu aufgestellten Corporate-Responsibility-Bereichs übertragen, auch gemeinsame Projekte in dieser Funktion mit Wien gab es bereits. Dennoch wird vor allem der Umstand, dass sie bislang keine Vorstandsfunktion innehatte, kritisch gesehen. Als Zeichen der Wertschätzung seitens der Mutter wird der Umstand, dass eine Managerin ohne Vorstandserfahrung nach Wien geschickt wird, nicht interpretiert. Ob sie aktiv dafür Sorge trägt, dass die AUA im Kranichreich zu ihren Chancen kommt – dazu gehört etwa neues Fluggerät für die Langstrecke –, oder eher passiv agiert, darauf wird in Wien wohl mit Argusaugen geachtet.

Der studierten Betriebswirtin – erste weibliche Chefin der AUA – wird zwar Kompetenz konzediert, der Umstand, dass die Lufthansa eine Managerin ohne Vorstandserfahrung nach Wien schickt, wird allerdings kritisch gesehen.
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Weniger Sorge dürfte der in den vergangenen Monaten von ihrem Vorgänger immer wieder thematisierte Personalüberhang bereiten. Gegenüber dem Halbjahr 2019 sank der Personalstand mit Ende vergangenen Jahres von knapp 7.000 auf unter 5.900 Beschäftigte. Die Abgänge in den vergangenen Monaten dürften dazu geführt haben, dass allenfalls die Technik oder das Bodenpersonal leichten Überhang hat. Im Cockpit wie in den Kabinen rechnen Branchenkenner eher damit, dass das Pendel bei der erhofften Erholung in die Gegenrichtung ausschlägt.

Umkämpfter Standort

Mann wird die Aufgabe zufallen, den umkämpften Standort Wien zu verteidigen. Nirgendwo sonst werde so viel Geld verbrannt wie hier, sagen Insider. Ryanair und die ungarische Wizz setzen mit ihren Dauertiefpreisen die AUA wohl weiterhin gehörig unter Druck. Betriebsratschef Rainer Stratberger ist dennoch guter Dinge. "Alles in allem läuft das Geschäft gut", sagt er. Man stellt sich in der Branche auf einen turbulenten Sommer ein – wenn der geopolitische Konflikt keinen Strich durch die Rechnung macht. Was die bei der AUA seit März durchgezogene Impfpflicht für das fliegende Personal betrifft, so geht Stratberger davon aus, dass sich 2 G in den nächsten Wochen "in Luft auflösen wird". Ohnehin dürften keine zwei Dutzend Beschäftigte betroffen sein. (Regina Bruckner, 28.2.2022)