
Der moderne Altarraum der Pfarre St. Franziskus in Wels.
Linz – Es ist mitunter eine echte Herausforderung, die Kirche im Dorf zu lassen. Baumanagement, künstlerische Gestaltung und Architektur spielen jedenfalls dabei eine entscheidende Rolle. Einerseits gilt es, die steinernen Zeugen längst vergangener Sakralbautage zu sanieren, zu erhalten und zu bespielen. Andererseits braucht es bei Neu- oder Umbauten den festen Glauben an eine moderne Architektur. Heute ist es auch die Aufgabe der Kirche, insbesondere im Bereich der klerikalen Bautätigkeit ökologische Verantwortung wahrzunehmen. Sonnenkollektoren, die sich mit dem Kreuz das Kirchendach teilen, Pelletsheizungen und Zuluftwärmetauscher haben vor Gotteshäusern nicht haltgemacht.
Heilige Flexibilität
In der Diözese Linz etwa wurden allein in den vergangenen fünf Jahren 900 Bauprojekte realisiert. "Im Rahmen des kirchlichen Bauens geht es darum, entsprechende Bauten für die Entfaltung kirchlichen Lebens bereitzustellen. Diese Räume müssen nicht nur erhalten und renoviert, sondern in bestimmten zeitlichen Abständen den sich wandelnden Bedürfnissen angepasst werden", erläutert Reinhold Prinz, Finanzdirektor der Diözese Linz.
Der Diözesankonservator Hubert Nitsch sieht die Chance moderner Kirchenräume in einer Mehrfachnutzung: "Kirchen sind heute die kulturellen Nahversorger. Und Kirche ist heute nicht mehr nur ein liturgischer Raum, sondern vor allem auch ein Kulturraum."
Beispiele für göttliche Neuorientierung aus architektonischer Sicht gibt es einige. In der kleinen Ortschaft Lichtenberg (Bezirk Urfahr-Umgebung) entschied man sich 2009, das alte Pfarrhaus abzureißen und eine Kirche in Holzriegelkonstruktion auf Niedrigstenergieniveau zu errichten. Der Altar der Nachhaltigkeit befindet sich im Kirchenkeller: Die Hackschnitzelanlage wurde vom damaligen Linzer Bischof Ludwig Schwarz persönlich gesegnet.
In der Pfarrkirche Haid (Bezirk Linz-Land) entschied man sich im Zuge der Sanierung für eine "Raum im Raum"-Lösung und verlegte den Pfarrsaal in den Kirchenraum. In der Jugendkirche Grüner Anker in der Stadtpfarrkirche Urfahr wurden die Kirchenbänke entfernt, um den Sakralraum eben jugendgerecht nutzen zu können.
Keine Architekturdenkmäler
Die Linzer Architektin Gerhild Schremmer, externe Beraterin der Diözese Linz, betont, dass es darum gehe, "Räume für eine lebendige Gemeinschaft zu schaffen". Die Chance sieht sie in einer "Multifunktionalität". Wichtig sei es, für die "Nutzer und Nutzerinnen Situationen und Räume zu errichten, die sowohl Lust auf Architektur vermitteln wie auch funktionelle, nachhaltige und wirtschaftliche Aspekte vereinen". Aber sehnt man als Architektin nicht die Zeit der großen Sakralbauten zurück, durch die ein Eintrag in die Geschichtsbücher lockt? Schremmer: "Nein. Architekten setzen sich keine Denkmäler." (Markus Rohrhofer, 1.3.2022)