Mathias Amon: "Nur gar nicht zu helfen wäre in so einer Situation falsch."

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Ersthelfer und Kriegsgegner: Luka Lochoshvili.

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Dramatische Szenen haben sich am Sonntagabend bei der Bundesliga-Partie Austria gegen WAC in Wien abgespielt. Nach einer Kollision mit einem Gegenspieler lag Austria-Spieler Georg Teigl bewusstlos am Boden, offenbar mit verschluckter Zunge.

Schneller als alle Sanitäter reagierte Wolfsbergs Verteidiger Luka Lochoshvili, der dem 31-Jährigen mit einer Hand in den Mund griff, um die Atemwege freizulegen. Teigl hat sich eine Schädelfraktur, einen Jochbogenbruch und einen Kieferbruch zugezogen – aber er hat überlebt und wird derzeit stationär im Wiener AKH behandelt. Mathias Amon vom Roten Kreuz hat sich die Szenen angesehen.

Standard: Hat Luka Lochoshvili richtig gehandelt?

Amon: Er hat echt Stärke bewiesen. Er ist sofort zu Georg Teigl gelaufen und hat sich getraut, Erste Hilfe zu leisten, das ist bemerkenswert. Oft haben Leute Angst, etwas falsch zu machen. Nur gar nicht zu helfen wäre in so einer Situation falsch.

Standard: Ist es notwendig, einer reglosen Person die Zunge aus dem Mund zu ziehen?

Amon: Nein, das ist nicht notwendig. Wenn eine Person reglos ist, aber normal atmet, muss sie in stabile Seitenlage gebracht werden. Dann wird der Kopf nackenwärts überstreckt und der Mund geöffnet, damit Flüssigkeiten ablaufen können, etwa Erbrochenes, Blut oder Schleim. Durch diese Drehung auf die Seite und das Überstrecken des Kopfes kann die Zunge nicht mehr die Atemwege blockieren. Somit besteht keine Gefahr mehr.

Standard: Kann man die eigene Zunge überhaupt verschlucken, und was ist an der Zunge gefährlich?

Amon: Die eigene Zunge kann man nicht verschlucken. Bei einer reglosen Person mit normaler Atmung – also bei Bewusstlosigkeit – , erschlaffen alle Muskeln im Körper, so auch die Zunge. Die Zunge kann zurückrutschen und die Atemwege blockieren, im schlimmsten Fall kann man ersticken. Daher dreht man reglose Personen mit normaler Atmung auf die Seite. Herr Lochoshvili hat also die Zunge auf seine Art entschärft, noch einfacher und schmerzfreier wäre es durch die erklärte Maßnahme gegangen.

Standard: Was ist die ideale Erste-Hilfe-Variante, wenn ein Fußballspieler vor mir zusammenbricht?

Amon: Bricht jemand zusammen, ist es schon mal richtig, Willen zur Ersten Hilfe zu zeigen. Man geht zu der reglosen Person, spricht sie laut an und schüttelt sie mit den Händen sanft an den Schultern. So kontrolliert man das Bewusstsein. Bleibt die Person reglos, sollten andere Hilfe holen. Also 144 rufen, einen Defibrillator und Verbandskoffer holen lassen.

Das Wichtigste ist die Atemkontrolle, um die weitere Vorgehensweise zu bestimmen. Kopf überstrecken und maximal zehn Sekunden hören, sehen und fühlen. Wenn die Person normal atmet, sollte man sie wie bereits erwähnt in stabile Seitenlage bringen.

Atmet die Person hingegen nicht – oder nicht normal –, dann ist das ein Atem-Kreislauf-Stillstand. In diesem Fall muss man sofort mit der Herzdruckmassage beginnen. Da drücke ich schnell und kräftig mit meinen beiden Armen auf die Mitte des Brustkorbs. Wenn ich es beherrsche, sollte ich auch nach 30 Herzdruckmassagen abwechselnd zwei Beatmungen durchführen. Die Wiederbelebung führt man so lange durch, bis der Fußballer wieder normal atmet oder der Rettungsdienst eintrifft.

Standard: Kann ein Ersthelfer etwas falsch machen? Man weiß ja nicht, welche Verletzungen die Person hat?

Amon: Nein, man kann nichts falsch machen, außer nichts zu tun. Sollte man unsicher sein, wie man im Notfall Erste Hilfe leistet, dann kann einen die Rettungsleitstelle 144 bei der Ersten Hilfe unterstützen.

Standard: Wo kann man Erste-Hilfe-Kurse belegen?

Amon: Gerne beim Roten Kreuz. (Philip Bauer, 28.2.2022)