Der Weg zur nächsten Landtagswahl wird für Günther Platter (ÖVP) kein leichter.

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Innsbruck – Nach der Wahl ist vor der Wahl – im Falle Tirols gilt das doppelt. Nach der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am vergangenen Sonntag wird es in 31 Ortschaften am 13. März zu Stichwahlen um das Amt des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin kommen. Zudem stehen in genau einem Jahr die Landtagswahlen an, sofern diese nicht auf den Herbst vorverlegt werden. Wobei es nach dem Urnengang am Sonntag nicht danach aussieht. Denn eine mögliche Vorverlegung war stets mit einem erfolgreichen Abschneiden der Tiroler Volkspartei in Zusammenhang gebracht worden. Doch in Siegerlaune dürfte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) nach der ersten Runde der Kommunalwahlen nicht sein.

Denn die Volkspartei musste Verluste einstecken. Wie hoch diese waren, ist nur schwer festzumachen, weil nur 19 der 861 angetretenen Listen in den 273 Gemeinden, die gewählt haben, den Parteinamen ÖVP führte. Am Montag reklamierte man seitens der ÖVP dennoch "mehr als 200 bürgerliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister" für sich. Deutlich wurde das schlechte Abschneiden in Hochburgen wie Schwaz, Hall in Tirol oder Wattens, wo die ÖVP-Kandidaten nicht die erforderlichen Mehrheiten für sich gewinnen konnten und nun in die Stichwahl müssen.

Erfolg für ÖVP-Konkurrenz

Von einem Schwung, den man in eine vorgezogene Landtagswahl mitnehmen könnte, ist also nichts zu spüren. Und auch innerparteilich erhöhte die Kommunalwahl den Druck auf den Landeshauptmann. Denn ausgerechnet Platters interner Widersacher, Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser, der recht unverhohlen Ambitionen auf die Nachfolge Platters zeigt, kann als einer der wenigen Tiroler ÖVP-Politiker einen echten Kantersieg in seiner Heimatgemeinde Thaur vorweisen, wo er deutlich als Bürgermeister bestätigt wurde.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor für Platter ist die Impfgegnertruppe "Menschen, Freiheit, Grundrechte" (MFG), die einen Achtungserfolg einfahren konnte. Sie trat in 51 Ortschaften an und schaffte in 47 davon den Einzug in den Gemeinderat. Meistens zwar nur mit einem Mandat, dafür aber auch in großen Gemeinden wie Kufstein, Wörgl, Schwaz, Jenbach, Telfs, Lienz und Imst. MFG hat die Landtagswahlen im Visier und will den Erfolg vom Sonntag dazu nutzen, in Tirol Strukturen aufzubauen und zu verfestigen.

MFG inhaltsleer, aber entschlossen

Inhalte, für die man die nun in Tirol gewonnenen 64 Gemeinderatsmandate nutzen will, blieb die Parteiführung der MFG am Montag bei einer Pressekonferenz schuldig. Stattdessen bekräftigte man die Forderung nach Abschaffung aller Corona-Maßnahmen, Aufhebung der Impfpflicht, Absetzung der Bundesregierung und Installierung eines "Corona-Gerichtshofs". Dazu kamen noch wirre Anspielungen auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine, den MFG offenbar als Ablenkungsmanöver betrachtet. "Die Regierung versucht international ein Verbrechen mit einem anderen zu übertünchen", sagte MFG-Bundesgeschäftsführer Gerhard Pöttler.

Tirols Landeshauptmann steht nun vor dem Dilemma, mit einer Vorverlegung der Landtagswahl geschwächt in den Wahlkampf zu ziehen. Hält er wiederum am eigentlichen Termin im Februar 2023 fest, könnte eine neue Corona-Welle der MFG über die Wintermonate weiteren Auftrieb geben.

SPÖ sieht sich im Aufwind

Und auch die Konkurrenz bei den etablierten Parteien schläft nicht. Die Tiroler SPÖ konnte am vergangenen Sonntag großteils erfreuliche Ergebnisse einfahren. Elisabeth Blanik zementierte ihre Bürgermeisterinnenrolle in Lienz in Osttirol. SPÖ-Tirol-Chef Georg Dornauer regiert in seiner Heimatgemeinde Sellrain als Bürgermeister künftig mit einer kommoden Zweidrittelmehrheit. Die rote Tiroler Zukunftshoffnung Victoria Weber zwang den Schwazer Langzeit-ÖVP-Bürgermeister Hans Lintner in die Stichwahl. Und der SPÖ-Landtagsabgeordnete Benedikt Lentsch holte einen symbolträchtigen Sieg für die Roten: Er ist nun Bürgermeister in Zams, der Heimatgemeinde von Landeshauptmann Platter.

Beim Koalitionspartner der ÖVP auf Landesebene, den Grünen, bahnt sich indes ein Führungswechsel an. Platters Stellvertreterin Ingrid Felipe hatte angekündigt, nach den Gemeinderatswahlen bekanntzugeben, ob sie ihre Partei noch einmal in die Landtagswahlen führen wird. Für Platter ein weiterer Unsicherheitsfaktor, wie er im Gespräch mit der Austria Presse Agentur sagte. Er werde sich Personalrochaden bei seinem Koalitionspartner "sehr genau ansehen" und pochte darauf, dass die Stabilität weiterhin gegeben sein müsse. Felipe sei für ihn die Garantin dafür. (Steffen Arora, 28.2.2022