Wann hat sie eigentlich begonnen, diese neue Liebe zu den alten schwarzen Scheiben? Anfang der 1980er-Jahre schien sie jedenfalls zu erkalten und die analoge Akustikwelt zu Ende zu gehen – damals, als die Musik in null und eins digital zerlegt wurde und die CDs die gerillten Vinylplatten vom Markt verdrängten.

Das war lange, bevor das Streamen erfunden wurde. Aber so wie das Kino, entgegen der Prophezeiung, vom Fernsehen nicht umzubringen war, zeigte auch die Musik auf Vinyl eine überraschende Resilienz und Langlebigkeit.

24 Stunden täglich

Das deutsche Handelsblatt titelte 2015: "Die Rückkehr der Schallplatte, die gute alte Schallplatte feiert ein Comeback. Die Schallplatte lebt." Wer dies nicht glauben wolle, hieß es, müsse nur einen Blick hinter die Werkstore einer kleinen Fabrik bei Prag werfen. Bei einem der größten Hersteller der schwarzen Scheiben weltweit stünden die Maschinen seit fünf Jahren nicht mehr still. "Wir produzieren 24 Stunden täglich, 360 Tage im Jahr", wurde der Verkaufsdirektor zitiert. Die CD hätte, erinnerte er sich, "fast den Tod der Schallplatte bedeutet", doch die alten LP-Press-Maschinen seien vom Besitzer nicht verschrottet worden. "Es war für sie ein Wert, um den es schade gewesen wäre." Als dann der Vinylboom begann, seien die alten Maschinen wieder in Gang gesetzt worden.

Vom Vinyl-Block zur Schallplatte.
Foto: Christian Fischer

Fast zeitgleich begannen sich auch in der oststeirischen Kleinstadt Fehring die schwarzen Platten auf den Pressanlagen zu drehen. Der Fehringer Peter Wendler – er hatte an der Grazer TU Maschinenbau studiert und etliche Wanderjahre in internationalen Unternehmen hinter sich – registrierte, dass am Vinylmarkt einiges in Bewegung geraten war.

Er hatte ja schon gelitten. Seine Sammlung von geschätzten 3.000 LPs konnte nur noch zizerlweise erweitert werden. "Allmählich brauchte es Monate, bis ich zu neuen Platten kam. Die CD hatte den Markt erobert und die Platten verdrängt. Es gab nur wenige Presswerke", erinnert sich Peter Wendler im Gespräch mit dem STANDARD.

Warum nicht in der Steiermark?

Das war der Moment, als er mit zwei alten Freunden aus der Jugendzeit ins Fantasieren kam. Wendler: "Wir dachten uns, warum soll man nicht auch in Österreich Platten herstellen können?" Die kleinen LP-Press-Firmen, die es bisher eher erfolglos versucht hatten, schreckten die drei nicht ab.

Maschinen pressen den Ton auf die Platte.
Foto: Christian Fischer

Ein altes Haus im Besitz Wendlers wurde rasch renoviert und für die erste LP-Produktion adaptiert, Maschinen fürs Pressen besorgt, und 2017, im September, lief die erste Platte, von Deladap, vom Band. "Wir hatten am Anfang außer der Idee natürlich kein Know-how, nur die gemeinsame Liebe zur Vinylplatte und Lust, es zu probieren. Zum Glück konnten wir auch die Bank vom Projekt überzeugen. Davon, dass die Produktion der schwarzen Platte auch lukrativ sein wird." Vielleicht hatte der Bankmanager ja auch selbst eine LP-Sammlung zu Hause rumstehen.

Hip-Hop, Jazz und harter Metal

Die Sache ging jedenfalls auf. "Zuerst hatten wir ein Projekt pro Woche, jetzt sind es fünf bis sechs pro Tag." Die Bands bringen ihre Files, die digitalen Tonträger, zu Wendlers Austrovinyl, dort werden sie analog auf Platten übertragen. Gepresst wird quer durch die Jugendkultur: Rock, Hip-Hop, Alternativrock, Indie, Electronic, Experiment, Crossover mit Abstechern in Jazz und alle Facetten des Metalgenres. Und hier kommt Napalm Records ins Spiel. Dieses Musiklabel aus Eisenerz mit Dependance in Berlin hat sich als internationaler Hotspot der harten Metalszene etabliert. Eine überregionale Größe, die sich nun bei Austrovinyl mit 20 Prozent beteiligt hat.

Ein zweites großes Presswerk soll entstehen.
Foto: Austro Vinyl

Ihr erstes gemeinsames Projekt: ein zweites großes LP-Presswerk in Fehring. Neben dem nur wenige Kilometer entfernten Onlinehändler Niceshops, dem steirischen "Klein Amazon", ein weiterer innovativer Impuls für diese strukturschwache Region der Oststeiermark.

Es wird am Ende aber nicht nur bei der Plattenpresswerkstätte bleiben. Es soll auch vielmehr ein Zentrum der Kultur des analogen Musikhörens werden. "Wir wollen natürlich auch Führungen im neuen Haus anbieten und zeigen, wie Platten entstehen. Dazu planen wir auch einen Shop, ein Café, in dem in Ruhe Musik konsumiert werden kann, und eine Bühne für Plattenpräsentationen", sagt Wendler. Denn bei allen kommerziellen Überlegungen gehe es im Grunde um die "Uridee", die analoge Welt zu erhalten.

Vinyl erleben

"Wir wollen Vinyl wieder erlebbar machen. Streaming, das ist jederzeit und überall konsumierbare Musik, aber es geht um den bewussten Kauf und Konsum von Musik. Künstler haben oft jahrelang an der Musik, an ihrem Werk gefeilt, und wenn sie dann die LP in Händen halten, materialisiert sich das irgendwie. Das ist etwas Besonderes", sagt Wendler.

Und dass Austrovinyl in der Genussregion der Oststeiermark mit Vulkanschinken und Zotterschokolade beheimatet ist, passe da gut ins Konzept. Austrovinyl steuere zum Kulinarischen nun eben das Hörerlebnis bei. (Walter Müller, 1.3.2022)