Nicht in Österreich – in Polen kam diese Gruppe von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine an. Doch auch Österreich, das eine Grenze weiter ist, bereitet sich auf mehr Zulauf vor.

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Wien – Vier Tage nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hat die Fluchtbewegung aus dem kriegsbetroffenen Land bereits riesige Ausmaße angenommen. Mehr als eine halbe Million Menschen hätten bis dato auf der Suche nach Schutz die Grenzen zu einem Nachbarstaat überschritten, schrieb der Uno-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, am Montag auf Twitter.

Insgesamt gehen die Vereinten Nationen davon aus, dass die Kampfhandlungen, sollten sie nicht zeitnah eingestellt werden, bis zu vier Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer aus ihrem Land vertreiben könnten – rund ein Zehntel der Bevölkerung. Hinzu dürften mehrere Hunderttausend Binnenflüchtlinge kommen.

Die meisten reisten durch

In Österreich, das eine Grenze weiter liegt, ist der Exodus aus der Ukraine noch nicht stark bemerkbar. Auf dem Stand von Montagfrüh seien 318 ukrainische Staatsangehörige eingereist, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. 640 Frauen, Kinder und Männer aus dem Krisenland gaben an, auf der Durchreise in Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Luxemburg zu sein.

Nun werden bekanntlich nicht jedes Auto und jeder Bahnfahrende bei der Einreise kontrolliert, "doch Menschen aus der Ukraine wissen, dass sie hierzulande Hilfe bekommen, und machen sich bemerkbar", sagte der Sprecher. Innerhalb des Schengenraums dürfen sie visumsfrei reisen, in Österreich können sie innerhalb von 180 Tagen 90 Tage bleiben – zu touristischen Zwecken.

Nach Ablauf dieser Frist halten sie sich dann widerrechtlich in Österreich auf. Da jedoch, solange der Krieg währt, eine Rückreise unmöglich sein dürfte, werde man "nach Prüfung des Sachverhalts im Einzelfall" von Ausweisungen und Strafen absehen, ist auf der Homepage des Innenministeriums zu lesen. Auch humanitäre Aufenthaltstitel seien möglich.

EU berät über Bleiberecht

In Grenzen halten dürfte sich in Österreich vorerst auch die Zahl von Asylanträgen ukrainischer Kriegsflüchtlinge. Wenn, dann hätten derzeit wohl nur Männer, welche die zur Verteidigung ihres Landes ausgerufene Wehrpflicht ablehnen, einen Grund dafür. Auf EU-Ebene wird überlegt, Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine ein Bleiberecht von bis zu drei Jahren zu gewähren. Am Donnerstag konferieren die EU-Innenminister darüber.

Wichtig sei jetzt "der humanitäre Gedanke, also dass schnell und unbürokratisch geholfen werden kann", sagte am Montag der Geschäftsführer der Bundesbetreuungsagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), Andreas Achrainer, im Gespräch mit dem Standard. In Kooperation mit dem Innenministerium sei es dem Bund gelungen, bis Montagnachmittag 3000 Unterbringungsplätze für ankommenden Ukrainerinnen und Ukrainer zu schaffen, etwa in den Erstaufnahmestellen Traiskirchen und Thalham, erläuterte er.

Wien richtet Ankunftszentrum ein

Hinzu würden noch Quartiere kommen, die die Bundesländer zu Verfügung stellen. Tatsächlich liefen in allen Ländern am Montag Gespräche, um stillgelegte Quartiere wieder zu aktivieren und – für den Fall, dass es nötig werde – Container- und andere Notschlafstellen zu schaffen. Aus Wien wurde bekannt, dass ein Ankunftszentrum für geflüchtete Menschen eingerichtet werden solle – und zwar in der Sport-and-Fun-Halle Leopoldstadt in der Engerthstraße. Dort werden zusätzlich zur Beratung auch medizinische und psychosoziale Betreuung angeboten.

Darüber hinaus hat die BBU eine Koordinierungsstelle für Nachbarschaftsquartiere eingerichtet. Unter der Mailadresse nachbarschaftsquartier@bbu.gv.at können geeignete Örtlichkeiten vorgeschlagen werden, die in der Folge auf ihre Eignung geprüft werden. Bis Montagnachmittag haben sich laut Achrainer bereits 102 Personen gemeldet.

Freigeschaltet wurde am Montag auch eine Infohotline für Flüchtende auf Ukrainisch. Sie ist rund um die Uhr unter 0043 1 2676 87 09 460 zu erreichen. (Irene Brickner, 1.3.2022)