Flüchtlinge aus der Ukraine an der Grenze zu Rumänien in Siret.

foto: imago/Lutcanu

Wien – Am Montag haben mehrere hundert Ukrainerinnen und Ukrainer in Österreich Schutz vor dem Krieg in ihrem Land gesucht, viele mehr dürften folgen. Sie können sich für 90 Tage innerhalb von 180 Tagen aus – wie es im Fremdenrecht heißt – touristischen Gründen in Österreich aufhalten.

Wie es danach aufenthaltsrechtlich für sie weitergeht, wird am Donnerstag auf EU-Ebene besprochen. Die Innenminister der Mitgliedsstaaten werden darüber beraten, ob die EU-Richtlinie für den Fall eines "Massenzustroms" von Vertriebenen in Kraft gesetzt werden soll. Das wäre mit der Zustimmung einer Mehrheit der EU-Staaten möglich.

Vorübergehender Schutz

Den aus der Ukraine Vertriebenen würde dadurch ohne langwieriges Asylverfahren unverzüglich vorübergehender Schutz gewährt. Dabei müssten EU-weit gemeinsame Mindeststandards eingehalten werden. Dazu gehört etwa eine Arbeitserlaubnis sowie Zugang zu Sozialhilfe, medizinischer Versorgung, Bildung für Minderjährige und unter bestimmten Bedingungen auch die Möglichkeit zur Familienzusammenführung.

Auch die freiwillige Umverteilung von Flüchtlingen in der EU wäre dann möglich. Die Richtlinie von 2001 ist eine Folge der Kriege in den 1990er-Jahren im ehemaligen Jugoslawien. Bis dato wurde sie noch nie angewandt.

Österreich wohl dafür

Österreich werde diesem Schritt wohl zustimmen, war aus dem Innenministerium zu erfahren. Ein Grund dafür seien die im vergangenen Jahr gestiegene Zahl von Asylanträgen, deren Bearbeitung das heimische Asylsystem fordere.

DER STANDARD

Tatsächlich sind die Asylzahlen 2021 deutlich gestiegen, konkret um 161 Prozent. Laut den auf der Website des Innenministeriums veröffentlichten vorläufigen Zahlen wurden 38.638 Anträge gestellt, nach 14.775 im Jahr davor. Ukrainer machten dabei mit nur 88 Anträgen eine sehr kleine Gruppe aus.

Insgesamt handelt es sich bei den Zahlen um den höchsten Wert seit 2016 und den vierthöchsten der vergangenen sechzig Jahre. Zum Höhepunkt der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 waren es 88.340 Ansuchen.

85 Prozent der ankommenden Flüchtlinge waren männlich, verglichen mit den Jahren davor verschob sich dieses Verhältnis zuungunsten der Frauen.

Die antragsstärkste Nation war weiterhin Syrien, Menschen aus dem Bürgerkriegsland machten mit 15.796 Anträgen mehr als 40 Prozent der Gesamtmenge aus. Dahinter folgen Afghanistan, Marokko, Somalia und Pakistan.

77 Prozent der Syrer erhielten 2021 Asyl

Asyl erhielten 77 Prozent der syrischen Antragsteller und Antragstellerinnen. Somalier, im Vorjahr die viertgrößte Gruppe an Asylwerbern, hatten mit mehr als 61 Prozent ebenfalls eine hohe Anerkennungsrate.

Eine bessere Chance als Afghanen hatten Türken. Dafür waren die Afghanen wieder jene Gruppe, die die meisten subsidiären Schutzgewährungen erhielt, also Abschiebeschutz, solange eine Rückkehr sie in körperliche Gefahr bringen würde – was nach der Machtergreifung der Taliban generell angenommen werden kann.

Insgesamt wurden im Vorjahr rund 18.800 Anträge positiv entschieden, knapp 37.000 Personen erhielten einen rechtskräftig negativen Bescheid.

Damit stagniert die positive Anerkennungsrate auf niedrigem Niveau verglichen mit früheren Jahren. Auch elf Menschen aus der Ukraine bekamen Asyl, 127 wurde ein negativer Bescheid zugestellt, 20 erhielten subsidiären Schutz. (Irene Brickner, 1.3.2022)