Über Restaurantbewertungen auf Google Maps wird die russische Bevölkerung informiert.

Foto: Google Maps

Da in den russischen Staatsmedien alles zensiert wird, was Russlands Rolle als Aggressor und Angreifer im Ukraine-Krieg beleuchten könnte, werden nun beliebte Plattformen wie Google Maps und Tinder zum Nachrichtenkanal umfunktioniert. Nach einem entsprechenden Aufruf des Hackerkollektivs Anonymous finden sich in Bewertungen von Lokalen, Geschäften und Sehenswürdigkeiten in Russland seit kurzem ungefilterte Informationen zum Ukraine-Krieg, mit denen die russische Bevölkerung aufgerüttelt werden soll.

Kriegsinformationen auf Google Maps

Neben schockierenden Fotos der Angriffe, aber auch Bildern von gefangen genommenen russischen Soldaten werden in den Google-Maps-Einträgen auch Appelle für den Frieden gepostet. Wer kein Russisch kann, kann auf eine Vorlage von Anonymous zurückgreifen. Der Ton dieses Aufrufs ist wenig diplomatisch: "Das Essen war großartig! Leider hat Putin unseren Appetit verdorben, indem er in die Ukraine einmarschiert ist. Stellen Sie sich Ihrem Diktator entgegen, hören Sie auf, unschuldige Menschen zu töten! Ihre Regierung lügt Sie an. Aufstehen!"

Dem Aufruf sind in den ersten Stunden diverse Menschen gefolgt, wie einige Einträge von Restaurants in Moskau, aber auch Sankt Petersburg und anderen russischen Städten zeigen. Auch abgewandelte Vorlagen, die der russischen Bevölkerung versichern, dass der Westen nichts gegen sie habe, kursierten auf Twitter. In den Bewertungen finden sich aber auch auf Englisch formulierte Appelle.

Einige mit Russland gut vertraute Menschen wiesen aber auch darauf hin, dass die meiste Suche im Web in Russland nicht über Google, sondern über das Portal Yandex abgewickelt werde. Um möglichst viele in Russland zu erreichen, solle man sich auch dort registrieren und auf Yandex Maps posten.

Dating-Apps als Antizensurmaßnahme

Als weitere Idee wurde zudem vorgeschlagen, Datingportale wie Tinder zum Nachrichtenkanal umzufunktionieren. So könne man entsprechende Informationen zum Ukraine-Krieg in seine Profilbeschreibung geben und dann den angezeigten Ort innerhalb Russlands ändern.

Stoßen russische Tinder-Nutzerinnen und -Nutzer über die ortsbasierte Suche auf so ein Profil, werden ihnen die ungefilterten Informationen in der Beschreibung angezeigt. Im Prinzip könne jedes Datingportal, das über eine geobasierte Suche verfüge, auf diese Art verwendet werden.

Die Rolle von Google Maps und anderen Kartendiensten sorgte in den vergangenen Tagen für viele Diskussionen. So war Stunden vor der offiziellen russischen Ankündigung über die Verkehrsdaten von Google Maps ersichtlich, dass die russische Invasion bereits begonnen hatte. Auch die Fluchtbewegungen aus den ukrainischen Städten und in Nachbarländer waren auf der Karte praktisch in Echtzeit zu sehen. Zuletzt entfernte Google die Live-Verkehrsdaten – auch um die ukrainische Bevölkerung zu schützen. (step, 1.3.2022)