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Die Maßnahmen gegen Geldwäsche bei Kryptowährungen erschweren das Umgehen der Sanktionen.

Foto: Reuters

Im Gegensatz zu den Aktienbörsen haben sich Kryptowährungen schnell vom Schock des Ukraine-Kriegs erholt. Mit einem Kurs von mehr als 44.500 US-Dollar für einen Bitcoin ist der Wert seit dem Tiefpunkt zu Kriegsausbruch um etwa ein Viertel nach oben geschossen. Handelt es sich dabei um eine Reaktion auf die Sanktionen gegen Russland? Schließlich gelten Kryptowährungen, die zur Übertragung weder Banken noch das Kommunikationssystem Swift benötigen, als mögliche Auswege zur Umgehung der Sanktionen.

Aber können russische Oligarchen, Unternehmen oder andere Organisationen damit die Sanktionen wirklich unterlaufen? "Es ist nicht auszuschließen, dass Privatpersonen in Russland mithilfe von Bitcoin internationale Sanktionen umgehen können", sagt der deutsche Europaparlamentarier Stefan Berger, der sich mit der Regulierung von Kryptowährungen beschäftigt. "Bitcoin und Co könnten kurzfristig als Vehikel fungieren, um Vermögenswerte zu parken und vor Sanktionen zu schützen", ergänzt Finanzexperte Timo Emden, Analyst bei Emden Research.

Übertragung möglich

Eine Umgehung ist nur teilweise realistisch, meint Florian Wimmer, Mitgründer und Geschäftsführer der Linzer Blockpit, die sich auf Besteuerung und Regulierung von Bitcoin und Co spezialisiert hat. Seiner Ansicht nach ist es zwar weiterhin möglich, Bitcoins von einer Adresse zur anderen zu transferieren – auch trotz der Sanktionen. Allerdings erinnert Wimmer daran, dass die Transaktionsdaten auf der Blockchain transparent und unveränderbar abgespeichert werden: "Wenn das entdeckt wird, ist der Beweis da, dass Coins für illegale Zwecke verwendet wurden."

An geregelten Handelsplattformen in den USA oder Europa könnten größere Summen an Kryptowährungen, etwa im Millionenbereich, nicht mehr abgesetzt werden. "Die Plattformen sehen mit Softwaretools nach, ob die Herkunft sauber ist", erklärt Wimmer. Wenn nicht, wird die Transaktion nicht akzeptiert und eine Geldwäschemeldung bei der Aufsicht gemacht.

"In großen Mengen ist das sicher unmöglich", sagt Wimmer über das Losschlagen von Kryptowährungen an regulierten Plattformen. Sprich, die bereits gesetzten Maßnahmen gegen Kriminalität machen sich auch im Fall der Russland-Sanktionen bezahlt. Nur kleinere Beträge könnten unter dem Radar bleiben.

Für Konzerne keine Option

Für seriöse Unternehmen ist eine Flucht in Kryptowährungen keine Option, meint auch Carola Westermeier, Forscherin für internationale politische Ökonomie an der Universität Frankfurt. "Für die Unternehmen gibt es bei den Transaktionen keine rechtliche Absicherung", zitiert sie das Handelsblatt. Internationale Konzerne würden aber eine Nachvollziehbarkeit der Transaktionen benötigen.

Es ist aber für russische Private oder Unternehmen möglich, sich über Bitcoin und Co vor dem zu erwartenden Inflationsschub zu schützen. Schließlich ist der russische Rubel im Wert abgestürzt, und vor Banken bilden sich lange Schlangen, da Menschen ihr Erspartes abheben wollen. Laut der russischen Notenbank sind allein am ersten Kriegstag umgerechnet 1,3 Milliarden US-Dollar behoben worden. Kann man das Geld dann in Kryptowährungen tauschen? "Es wird schwer, eine Gegenpartei zu finden, die Rubel für Bitcoin akzeptiert", sagt Wimmer.

Spendenaufruf aus Ukraine

Weiterhin möglich sind derzeit jedoch Übertragungen von Bitcoin und Co nach Russland – etwa wenn Private von Verwandten oder Freunden aus dem Ausland unterstützt werden. Ebenso in die Ukraine, wo sich die Landeswährung Hrywnja bisher zwar recht stabil entwickelt hat, aber ein Inflationsschub droht. Regen Zuspruch fand ein Spendenaufruf der ukrainischen Regierung, der bisher zu 16.000 Einzeltransaktionen führte. Insgesamt sind seither mehr als 25 Millionen Dollar in Bitcoin und Ethereum in das Land geflossen.

Generell sind Bitcoin und Co im Kriegsgebiet nützlich und werden gerne akzeptiert. "Es entwickelt sich ein eigener Markt zwischen den Personen", sagt Blockpit-Experte Wimmer und berichtet von einem Auto, das zur Flucht aus dem Land gegen Bitcoin gekauft wurde. (Alexander Hahn, Martin Stepanek, 2.3.2022)