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PRO: Zeit der Entschiedenheit

von Sigi Lützow

Kultur und Sport, lehrt die Diplomatie, sind Kanäle der Verständigung, die angesichts politischer Krisen tunlichst erst geschlossen werden sollen, wenn es gar nicht mehr anders geht. Mit seiner Reaktion auf die russische Aggression in der Ukraine hat jedenfalls der organisierte Sport in verhältnismäßig kurzer Zeit und mit noch nie gesehener Rigorosität entschieden, dass es gar nicht mehr anders geht. Der Fußballweltverband lässt russische Teams nicht mehr mitspielen, das noch mächtigere Internationale Olympische Komitee empfiehlt zumindest allen Sportverbänden seiner Einflusssphäre, denselben Weg zu gehen.

Dass die Empfehlung, wie erst gestern durch den internationalen Skiverband, auf Einzelne heruntergebrochen wird, von der bewaffneten Langläuferin bis hin zum Ski-Freestyler, ist da nur konsequent. Es spielt keine Rolle, dass diese Entscheidung auch im Interesse der Sicherheit aller Beteiligten, nicht zuletzt der russischen, fiel. Vielleicht veranlasst diese Überlegung auch den Kulturbetrieb dazu, zumindest so lange auf russische Beiträge zu verzichten, solange in der Ukraine getötet wird – und zwar unabhängig davon, wie sich die Primadonna oder der Pultgigant zum Krieg positioniert.

Entschiedenheit auch im Windschatten harter wirtschaftlicher Sanktionen mag Autokraten von der Verfasstheit eines Wladimir Putin nicht beeindrucken, Unentschiedenheit trägt aber letztlich nur zu deren Unterhaltung bei. (Sigi Lützow, 1.3.2022)

KONTRA: Es ist Putins Krieg

von András Szigetvari

Es ist eine Botschaft, die westliche Politiker immer wieder aussenden und die der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) am besten auf den Punkt brachte. "Nicht das russische Volk hat sich für den Krieg entschieden", sagte Scholz bei seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag, sondern Russlands Präsident. "Es gehört ausgesprochen: Dieser Krieg ist Putins Krieg." Richtschnur für alle Sanktionen müsse daher sein, was die Verantwortlichen am härtesten treffe.

Diese Worte sind so wichtig, weil der Feind des Westens tatsächlich eine autokratische Clique in Moskau ist und nicht die Russen selbst sind. Putin lässt Oppositionelle und Journalisten in seinem Land umbringen, Anti-Kriegs-Demonstranten werden brutal verhaftet. Viele Russen sind selbst Opfer Putins. Das gilt es bei Sanktionen zu bedenken. Es ist richtig, die Maßnahmen gegen russische Banken und Unternehmen treffen auch die Bürger. Aber dazu gibt es keine Alternative, sonst könnte der Westen dem Angriffskrieg nur tatenlos zusehen.

Aber es ist gefährlich und widerspricht dem Credo, dass es Putins Krieg ist, wenn nun auch die sportlichen und kulturellen Bande zu Russland gekappt werden. Hier wird etwas verpolitisiert, das nicht politisch sein sollte. Der Sport war immer schon Möglichkeit für Völkerverständigung über Grenzen hinweg. Genauso die Kultur. Es ist wichtig, Kontakte zwischen Menschen nicht völlig abzubrechen. Reflektiertes Vorgehen verlangt, prinzipientreu, aber nicht unversöhnlich zu sein.(András Szigetvari, 1.3.2022)