Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat auch Konsequenzen für die russische Sberbank.

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Moskau/Wien – Die größte russische Bank Sberbank zieht sich als Reaktion auf die EU-Sanktionen aus Europa zurück. "In der aktuellen Situation hat die Sberbank beschlossen, sich aus dem europäischen Markt zurückzuziehen", teilte die Bank am Mittwoch laut russischen Nachrichtenagenturen mit. Die europäischen Tochtergesellschaften der Bank sähen sich "ungewöhnlichen Bargeldabflüssen und Bedrohungen für die Sicherheit von Mitarbeitern und Filialen" gegenüber.

DER STANDARD

Liquiditätsprobleme

Die Sberbank, die mehrheitlich vom russischen Staat kontrolliert wird, war eines der ersten Ziele der Finanzsanktionen gegen Moskau. Am Wochenende hatten sich die westlichen Verbündeten auf den Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift sowie auf weitere Sanktionen unter anderem gegen die russische Zentralbank geeinigt. Daraufhin kam es zu Massenabhebungen, die die Bank in Liquiditätsprobleme brachten.

Der Einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) der EU-Bankenunion teilte am Dienstagabend mit, dass die in Österreich ansässige Sberbank Europe AG, die als Tochter der russischen Sberbank als Europazentrale für Österreich und mehrere Ableger in Ost- und Südosteuropa fungierte, ein Insolvenzverfahren nach nationalem Recht durchlaufen werde. Die Tochtergesellschaften in Kroatien und Slowenien wurden hingegen an lokale Banken abgetreten. Der SRB betonte, dass die Vermögen der Kunden bis 100.000 Euro durch das Einlagensystem in Österreich abgesichert sind, dabei soll es um knapp eine Milliarde Euro gesicherte Einlagen gehen.

Zuvor war ein Zahlungsmoratorium der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) ausgelaufen. Dieses wurde verhängt, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) schon in der Nacht zum Montag mitgeteilt hatte, dass die europäische Sberbank-Tochter "möglicherweise zahlungsunfähig" werde. Die Sberbank Europe AG stecke "aufgrund der geopolitischen Entwicklungen und massiver Liquiditätsabflüsse in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten", sie sei "failing or likely to fail".

Einlagensicherung kommt zum Zug

Nachdem die FMA der Sberbank Europe am 1. März die Fortführung des Geschäftsbetriebs untersagt hat, muss nun die österreichische Einlagensicherung für die Guthaben der Bankkunden geradestehen. Die rund 35.000 Kunden der Sberbank Europe sind fast ausschließlich deutsche Privatkunden – von ihren Einlagen in Höhe rund einer Milliarde Euro sind 913 Millionen Euro gesichert, teilte die Einlagensicherung Austria GesmbH (ESA) am Mittwoch mit.

Aufgrund des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG) sind Kundenguthaben bis zu 100.000 Euro pro Person durch die Einlagensicherung Austria gesichert.

Die Sberbank Europe AG mit Sitz in Wien gehört zu 100 Prozent der russischen Sberbank und tritt in Deutschland unter der Marke Sberbank Direct auf. Die dortigen Kunden werden über die Filiale der Sberbank Europe in Frankfurt am Main geführt. Das Entschädigungsverfahren wickelt die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) ab, aber auf Rechnung der österreichischen Einlagensicherung.

Für rund 120 österreichische Einleger – es handelt sich ausschließlich um Firmenkunden – werde man das Entschädigungsverfahren direkt abwickeln, erklärte die Einlagensicherung.

Banken-Teamwork

Für die gesamte Entschädigungssumme müssen anteilig alle österreichischen Banken aufkommen. Das Geld stehe auf einem eigens für diesen Sicherungsfall eingerichteten Auszahlungskonto der Einlagensicherung bereit. "Die Entschädigungseinrichtung der deutschen Banken wird in Abstimmung mit der Esa dafür sorgen, dass auch in Deutschland alle anspruchsberechtigten Einleger rasch und unkompliziert zu ihrem Geld kommen", sagte ESA-Geschäftsführer Stefan Tacke laut Mitteilung. "In den nächsten Tagen werden alle Einleger von der EdB einen Brief erhalten, in dem die erforderlichen weiteren Schritte erklärt werden. Die österreichischen Einleger werden direkt von uns kontaktiert."

"Nach derzeitigen Informationen", so Tacke, "wird die ESA über ein Insolvenzverfahren den größten Teil der von ihr nun für die Entschädigung verwendeten Finanzmittel wieder zurückbekommen." (APA, AFP, red, 2.3.2022)