Im Promotion-Video geht es natürlich um ein Spenderherz, was sonst? Das Organ wird in Malaysia dringend gebraucht, steht aber nur in Spanien zur Verfügung. Wie gelingt der schnelle, sichere Transport? Ein Auftrag, der freilich nur von der hyperschallfähigen und autonom agierenden Wasserstoffdrohne wirklich effizient erledigt werden kann. Das will uns das Werbevideo des Schweizer Start-up Destinus erzählen.
Tatsächlich sind medizinische Einsätze die nachvollziehbarste Erzählung, mit der Logistik-Start-ups immer wieder ihre neuesten Erfindungen und Unternehmungen anpreisen. Es soll aber auch um wichtige Hightech-Ersatzteile, Originaldokumente oder auch luxuriöse Speisen und Getränke gehen, die nur frisch gut sind. Die Botschaft: Wird die Zeit knapp, können sie mit ihren Drohnen und Tech-Gear das schaffen, was anderen bisher unmöglich ist. Destinus fügt sich mit seinem Hyperplane in diese Riege ein, verspricht zudem aber noch die garantierte Lieferung von radioaktiven Materialien, die durch ihre Halbwertzeit schnell verfallen. Kann man all dem trauen?
Erste Tests erfolgreich
US-Medien berichten, dass der Abgang von Destinus-CEO Mikhail Kokorich beim Weltallinfrastrukturprojekt Momentus, das er zuvor gegründet hat, eher unrühmlich gewesen sein soll – von Täuschung der Investoren ist da mitunter die Rede. Die üble Nachrede scheint die Erwartungshaltung für sein neuestes Projekt keineswegs geschmälert zu haben: Das Unternehmen konnte in der letzten Finanzierungsrunde immerhin 29 Millionen US-Dollar an Investments einstreifen.
Das erneute Vertrauen in Start-up-Gründer Kokorich hat vermutlich auch damit zu tun, dass der erste Prototyp schon erfolgreiche Tests in der Schweiz absolvieren konnte. Das "Jungfrau" getaufte und äußerst futuristisch anmutende Flugobjekt ist vom erhofften Endprodukt aber noch weit entfernt.
Luft-Turbo-Rakete
Noch fehlt es sowohl an der kostspieligen Autonomie, dem umweltfreundlichen Wasserstoffmotor, der während des Fluges nur Wasser ausstoßen soll, als auch an den Überschallfähigkeiten. Aktuell werde aber vor allem an der Entwicklung der sogenannten Luft-Turbo-Rakete gearbeitet, die das Flugobjekt, das aktuell noch wie ein Flieger startet, schon bald wie eine Rakete mit Wasserstoffantrieb starten lassen soll.

Dann soll die Drohne eine Reiseflughöhe von 60 Kilometern erreichen. In diesem Fast-Vakuum ist nicht exakt berechenbar, wie schnell die Drohne tatsächlich fliegen wird. Angepeilt wird aber eine Geschwindigkeit von rund 15 Mach, also der 15-fachen Schallgeschwindigkeit – das wären über 18.000 km/h. Von der Concorde oder den Eurofightern weiß man, dass solche Flugmanöver einen ordentlichen Knall verursachen. In dieser großen Höhe sei aber nur ein Bruchteil davon auf der Erde zu hören, heißt es vom Unternehmen. Waren mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne sollen die Drohnen in maximal zwei Stunden quer über die Erde transportieren können.
Abseits der technologischen Herausforderungen gibt es für die Firmen aber auch noch rechtliche Hürden. Sowohl Überschallflüge als auch autonome Flüge brauchen Sondergenehmigungen in verschiedenen Ländern. Vielleicht sitzt gerade deshalb auch der deutsche Ex-Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler im Beirat des Schweizer Unternehmens – er soll künftig in Politik und Verwaltung für den Einsatz der Drohnen lobbyieren.
Harte Konkurrenz
Allerdings ist die Konkurrenz in der Entwicklung hart. Nicht nur große Flugzeugbauer wie Boeing oder Airbus investieren in neue Modelle, auch andere Start-ups wie das US-amerikanische Unternehmen Boom arbeiten bereits an Überschallflugzeugen. Und das nicht nur für Warentransporte: Booms kommerzielle Überschallflieger sollen eines Tages Platz für 65 bis 88 Passagiere bieten.
Und auch bei den autonomen Warendrohnen geht die Entwicklung rasant voran. So baut beispielsweise das US-amerikanische Start-up Natilus fliegergroße Drohnen, die anstelle des klassischen Röhren- und Flügeldesigns in der Mitte flacher und breiter sind. Dadurch sollen sich laut dem Unternehmen 50 Prozent an CO2-Emissionen einsparen lassen, 60 Prozent mehr Waren transportiert werden und der Transport im Vergleich zu herkömmlichen Flugzeugen um 60 Prozent günstiger sein.

Zudem seien die Drohnen laut Natilus bereits völlig autonom. Aufgrund von Sicherheitsvorschriften müssten sie im Moment aber noch von Pilotinnen und Piloten ferngesteuert werden. Jedoch soll es möglich sein, dass dabei ein Pilot die Steuerung von bis zu drei Drohnen gleichzeitig übernimmt.
Noch werden die Drohnen allerdings mit Kerosin betrieben. Wirklich nachhaltig sind sie im Vergleich zum Transport per Schiff oder Lkw daher nicht. Auch die Überschallflieger werden am Ende wohl gewaltige Mengen an Energie fressen. Und selbst wenn technisch alles funktioniert, stellt sich die Frage, wie wirtschaftlich die Drohnen am Ende sind. Immerhin war auch die Concorde schneller als alle anderen Passagierflugzeuge – und schrieb letztlich große Verluste. Die neuen Drohnenbauer tun gut daran, dieses Schicksal zu vermeiden. (Fabian Sommavilla, Jakob Pallinger, 2.3.2022)