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Cirrus- oder Zirruswolken (vom lateinischen "cirrus" für "Franse") malen manchmal beeindruckende Eisskulpturen in den Himmel. Die von Höhenwinden ausgefransten Eiswolken finden sogar in organisierter Form Bewunderer: Die obere Aufnahme entstand bei einer Zusammenkunft der Cloud Appreciation Society
auf der Insel Lundy vor der Südküste von Wales.
Foto: REUTERS/Phil Noble

Zirruswolken haben Einfluss auf den Wärmehaushalt der Erde. Eine überraschend große Rolle bei der Bildung dieser dünnen, hohen Eiswolken spielt Mineralstaub aus den Wüstengebieten, hat ein internationales Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung nun gezeigt. Obwohl die Sahara am meisten Staub in die Atmosphäre freisetzt, sind die Wüsten Zentralasiens überraschenderweise oft wichtigere Quellen für die Zirruswolkenbildung, berichten die Fachleute im Fachblatt "Nature Geoscience".

Wolken sind ein bedeutender Faktor für die Strahlungsbilanz der Erde und damit für ihr Klima. Der Effekt der dicken und niedrigen Wolken (Stratus und Stratocumulus) ist leicht nachvollziehbar, wenn eine solche Wolke vor die Sonne zieht: Sie reflektieren die kurzwellige Sonnenstrahlung und wirken damit kühlend.

Die dünnen Zirruswolken reflektieren dagegen nur wenig Sonnenstrahlung zurück ins All. Da sie sich in großen Höhen von bis zu 13.000 Metern und bei kalten Temperaturen bilden, wird aber weniger langwellige, von der Erde abgestrahlte Wärmestrahlung in den Weltraum abgegeben als bei einem wolkenfreien Himmel. Die Erwärmung überwiegt die Kühlung, womit Zirruswolken einen Netto-Erwärmungseffekt zur Folge haben.

Fliegendes Labor auf Achterbahnfahrt

Aufgrund ihrer wichtigen Rolle für das Klima versuchen Forschende die Prozesse, die zur Wolkenbildung führen, besser zu verstehen. Dabei spielen winzige Teilchen (Aerosole), etwa Rußpartikel, Feinstaub und Meersalz, eine zentrale Rolle. An ihnen kann Wasserdampf in der Atmosphäre kondensieren.

Im Nasa-Projekt "Atmospheric Tomography Mission" (ATom) wurden von 2016 bis 2018 umfassende Messungen von Partikel, Wolken und Gasen in der Atmosphäre durchgeführt. Ein zum fliegenden Labor umgebautes Forschungsflugzeug der Nasa flog dazu in einer Art Achterbahnfahrt zwischen Höhen von 0,2 bis zwölf Kilometern über dem Pazifik und Atlantik von der Arktis bis zur Antarktis. Dabei wurde auch die chemische Zusammensetzung der Aerosolpartikel gemessen.

Mit an Bord war auch Agnieszka Kupc von der Forschungsgruppe Aerosolphysik und Umweltphysik der Universität Wien. Sie hat nun mit einem Forschungsteam, dem etwa Wissenschafterinnen und Wissenschafter der US-Umweltbehörde NOAA und der US-Weltraumbehörde Nasa angehören, die Ergebnisse über die Auswirkungen der Mineralstaub-Partikel auf die Bildung von Zirruswolken veröffentlicht.

Staubige Atmosphäre

Wüstenstaub zählt zu den am häufigsten vorkommenden Aerosolen in der Atmosphäre. Den Forschenden zufolge gelangen jährlich eine bis vier Milliarden Tonnen Mineralstaub aus den trockenen Regionen der Erde in die Erdatmosphäre.

Viel davon wird durch Niederschläge wieder ausgewaschen, aber ein Teil wird durch Konvektionsströmungen auch in große Höhen verfrachtet. Wie die Flugzeugmessungen zeigten, nimmt dabei die durchschnittliche Staubkonzentration zwischen zwei und zwölf Kilometer Höhe stark (um Faktoren von 10 bis 1.000) ab. "Wir waren aber überrascht, dass wir fast überall, wo wir geflogen sind, Staubpartikel entdeckt haben, selbst an den entlegensten Orten wie über der Antarktis, dem Südpolarmeer oder dem fernen Pazifik", erklärt Kupc.

Selten in der Troposphäre der Tropen

Dennoch reichen die geringen Konzentrationen von Wüstenstaub, der in große Höhen gelangte, aus, um die Bildung von Zirruswolken zu dominieren, wie die Forschenden anhand der Messdaten und einem Simulationsmodell zeigten. So sind in der nördlichen Hemisphäre im Jahresverlauf die Mineralpartikel für 75 bis 93 Prozent der Zirruswolken verantwortlich.

Trotz der allgemein geringeren Staubhäufigkeit in den außertropischen Gebieten der südlichen Hemisphäre ist auch dort der Einfluss von Staub auf die Zirruswolkenbildung immer noch beträchtlich (58 bis 71 Prozent der Zirruswolken). Vergleichsweise gering ist dagegen der Einfluss des Wüstenstaubs in den Tropen und Subtropen, wo aufgrund höherer Temperaturen und geringerer Staubkonzentrationen in der oberen Troposphäre der Mineralstaub nur für 34 bis 63 Prozent der Zirruswolken verantwortlich zeichnet.

Monsun wirbelt Staub hoch hinauf

Anhand eines globalen Transportmodells haben die Forschenden auch untersucht, welche Wüsten der Erde am meisten zur Zirruswolkenbildung beitragen. "Überraschenderweise sind die Wüsten in Zentralasien oft wichtigere Quellen für die Zirrusbildung als die Sahara", sagt Kupc. Der Wüstenstaub aus Nordafrika, hauptsächlich aus der Sahara, ist zwar für 60 Prozent der globalen Mineralstaub-Emissionen verantwortlich. Doch nur ein kleiner Teil davon gelangt in die obere Troposphäre.

Im Gegensatz dazu emittieren die zentralasiatischen Wüsten nur etwa 13 Prozent der globalen Masse an Wüstenstaub, ihr Beitrag zum Staub in der oberen Troposphäre ist aber im Großteil des Jahres wichtiger als jener Nordafrikas. Ihr Staub wird durch trockene Konvektion und den asiatischen Sommermonsun in große Höhen aufgewirbelt. Die Wüsten der südlichen Hemisphäre in Australien, dem südlichen Afrika und Südamerikas tragen dagegen nur zu wenigen Prozent zur globalen Staubmasse in der oberen Troposphäre bei.

Kupc geht davon aus, dass das Verständnis der Rolle von Staub bei der Bildung von Zirruswolken dabei helfen wird, "diese Wolken in Klimamodellen besser darzustellen und damit das künftige Klima genauer vorherzusagen". (APA, red, 3.3.2022)