Sophie Karmasin war von 2013 bis 2017 Familienministerin, sie war von der ÖVP nominiert worden.

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Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat am Mittwoch die Festnahme der früheren Familienministerin Sophie Karmasin angeordnet. Karmasin, die einst von der ÖVP in die Regierung geholt worden war, spielt eine zentrale Rolle in der Inseraten- und Umfragenaffäre, die zum Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler geführt hat. Karmasin soll ihrer früheren Assistentin Sabine B. jene Aufträge von Finanzministerium und Mediengruppe Österreich vermittelt haben, die nun von der WKStA geprüft werden.

In ihren Einvernahmen, die vergangene Woche publik wurden, hatte B. ihre frühere Chefin laut WKStA "massiv belastet". Karmasin soll während ihrer Zeit als Ministerin eine Provision für vermittelte Aufträge aus anderen Ministerien verlangt haben. Außerdem behauptete B., Karmasin habe schon mit der SPÖ und der Tageszeitung "Heute" ein Modell der Umfragenmanipulation durchgeführt, was andere Beteiligte bestreiten.

In einer bislang unbekannten Einvernahme packte B. weiter aus: Sie erzählte den Ermittlern, dass Karmasin sie und eine weitere Demoskopin um Scheinangebote an das Sportministerium gebeten hatte. Das sei nötig gewesen, da das Ministerium Alternativangebote einholen musste. Da B. und die dritte Meinungsforscherin namens G. sich mit Karmasin abgesprochen hätten, habe diese den Auftrag an sich ziehen können. Das begründet für die WKStA den Verdacht auf "wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren". Zuletzt sei nach diesem Modell im Sommer 2021 vorgegangen worden.

"Nach gerichtlicher Bewilligung erfolgte in diesem Zusammenhang am 2. März 2022 die Festnahme einer Person wegen Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr", hieß es in einer Medienmitteilung der WKStA. Da im Sommer 2021 schon bekannt war, dass gegen den ebenfalls beschuldigten Thomas Schmid, einst Generalsekretär im Finanzministerium, ermittelt wird, Karmasin ihr Modell aber fortführte, sei von einer Tatbegehungsgefahr auszugehen, heißt es in der Festnahmeanordnung. Der Verdacht der Geldwäscherei begründet sich darin, dass Zahlungsflüsse von B. an Karmasin verschleiert wurden, etwa durch Abrechnung an die Firma von Karmasins Ehemann. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung, Karmasins Anwalt Norbert Wess äußerte sich auf Anfrage nicht zu den neuen Vorwürfen. (Fabian Schmid, Renate Graber, 3.3.2022)