Friedrich Mücke (li.), Alina Tomnkow und Daniel Strößer sind in "Funeral for a Dog" auf der Suche nach Lust und Geborgenheit.

Foto: Sky/Flare Entertainment GmbH/Alex Kroke

Erschöpfung nach 9/11: Mark und der dreibeinige Hund in New York.

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Daniel (Albrecht Schuch) und Tuuli (Alina Tomnkow) kommen einander näher.

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Ihre Reise führt die drei auch nach Finnland.

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Irgendwann stehen sie zu dritt am Polarkreis.

"Hier ist mein Zuhause", sagt Tuuli. "Hier ist mir nie kalt." Und während Tuuli (Alina Tomnkow) das sagt, greift sie nach Marks (Friedrich Mücke) Hand. Blick in die Weite, ins eisige Nichts. Felix (Daniel Sträßer), der Dritte, löst sich, tritt zur Seite und pisst in den Schnee. "Polarkreis", sagt er nach Verrichtung seines Geschäfts und deutet auf den kreisrunden Strahl am weißen Boden. Sie lachen und balgen sich. "Felix war immer mittendrin", sagt Tuuli später.

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Und irgendwie auch nicht. Denn irgendwie sind in "Funeral for a Dog" ab 17. März auf Sky alle mittendrin und doch draußen. Die Finnin Tuuli und die gestrandeten Brüder lernen einander in Kolumbien kennen und führen eine freie Beziehung, eine Amour fou auf der Suche nach Glück und Geborgenheit. Zu dritt glaubten sie sich diesen Zielen näher.

Auf nach "Astroland"

Jetzt nicht mehr, denn Felix ist verschwunden, und der Journalist Daniel (Albrecht Schuch) will wissen, was passiert ist. Also fährt er an den italienischen Lago d'Orta, um Mark zu treffen, der als Schriftsteller dort lebt und die Geschichte von Tuuli, Felix und sich selbst in einem Buch "Astroland" aufgeschrieben hat. Im Einflussbereich des Schriftstellers nimmt Daniel immer mehr die Rolle des Dritten ein, der Felix einmal war.

Bildstark, episch, vielschichtig, intensiv erzählen Barbara Albert ("Nordrand", "Licht") und David Dietl ("Berlin Bouncer") diese verschlungene Liebesgeschichte, in der vier Menschen und ein dreibeiniger Hund die zentralen Rollen spielen. Erzählt wird das Ganze über verschiedene Zeit- und Raumebenen – zwischen Kolumbien und Finnland Ende der 1990er, New York am 11. September 2001 und dem italienischen Lago d'Orta. Die Vorlage stammt von Thomas Pletzinger, der neben Hanno Hackfort und Bob Konrad auch das Drehbuch verfasst hat.

Gerecht aufgeteilt

"Funeral for a Dog" ist Barbara Alberts erste Serie. Sie inszenierte von insgesamt acht Folgen die dritte, vierte, fünfte und siebente. Dietl übernahm die anderen.

STANDARD: Wie kam es zu dieser Aufteilung?

Albert: David Dietl, Thomas Pletzinger und der Produzent Martin Heisler suchten nach einer Regisseurin, die auf die Figuren aus weiblicher Perspektive blickt, und als ich gefragt wurde, welche Folgen ich gerne drehen möchte, entschied ich mich ganz klar für diese. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass ich David Dietl den Anfang und das Ende geben wollte, aber wir waren uns ohnehin einig. Ich sagte: Ich hätte gern diese Folgen. David sagte: Das trifft sich gut, denn ich will genau die anderen. Wir waren von Anfang an damit völlig einverstanden und haben diese Entscheidung danach nicht mehr hinterfragt.

STANDARD: Was hat Sie an dem Stoff interessiert, was an der Umsetzung gereizt?

Albert: Ich gebe zu, die Beziehung zwischen Elisabeth (Anne Ratte-Polle) und Daniel hat mich sehr interessiert. Die Figur des Daniel Mandelkern überhaupt, dieser Beobachter, der etwas herausfindet, nachbohrt, recherchiert. Und dann gebe ich zu, dass mich die Aussicht auf Finnland reizte, auch wenn wir letztlich gar nicht dort waren. Ich mag Finnland einfach sehr gern. Ich bin mit Kaurismäki-Filmen aufgewachsen, das ist ein Land, das ich gerne erzähle, und es war einfach schön, in diesen Kosmos eintreten zu dürfen.

STANDARD: Die Schauplätze leben durch ihre Gegensätzlichkeit. Nach Kolumbien und Finnland erleben Tuuli, Mark und Felix 9/11 in New York.

Albert: Das zu drehen war eine Herausforderung. Es ging zum einen um den Moment, der uns alle geprägt hat, und darum, diesen Moment nicht als Action, sondern indirekt zu erzählen. Das forderte mich auch als Regisseurin, weil ich das mit diesem Aufwand – viele Komparsen, visuelle Effekte, großes Studio – davor noch nicht hatte.

STANDARD: Die siebente Folge ist dann fast ein Krimi. Wieso wollten Sie diese Folge?

Albert: Ich fand es wirklich spannend, die Krimielemente weiter ausführen zu dürfen und auch eine gewisse Unheimlichkeit inszenieren und atmosphärisch herstellen zu können.

STANDARD: Erste Serie – was war anders?

Albert: Ich hatte das Gefühl, dass ich beim Inszenieren selbst gar nicht so anders denke. Herausfordernd bei der Serie ist, dass du manchmal Tage hast, an denen du fünf bis sieben Minuten drehen musst. Das gibt es beim Kinofilm nicht. Umgekehrt hast du beim Film – und wenn du die alleinige Regisseurin bist – nicht die Möglichkeit, dich zwischendurch zu besinnen, mal in den Schnitt schauen, vielleicht noch an Nebenfiguren zu arbeiten, zu casten und zu proben. Wir hatten insgesamt 80 Drehtage, jeder von uns war aufgrund der Umstände 60 Drehtage am Set.

STANDARD: Mit Umständen meinen Sie Corona?

Albert: Wir waren viele Wochen in Orta am Lago d'Orta, und es gab im August 2020 diese schweren Unwetter, sogar mit mehreren Toten im Nachbartal. Es war recht heftig. Der See stieg so stark an, dass wir nicht mehr im Bootshaus drehen konnten. Der Garten war überschwemmt, wir mussten den Drehplan ändern. Die zweite Herausforderung war natürlich Corona. Ich arbeite sehr gerne körperlich und eng mit SchauspielerInnen. Es ging letztlich erstaunlich gut, wir Menschen passen uns ja schnell an neue Situationen an.

STANDARD: Schauplätze des Geschehens sind Italien, Deutschland, USA, Kolumbien, Finnland – bis hinauf zum Polarkreis. Wo waren Sie wirklich?

Albert: David Dietl war für Kolumbien in Kuba, für New York war er wirklich in New York. Ich war in Italien, München, Berlin und in Bulgarien. Die Szenen für New York entstanden im Studio in Sofia. Finnland drehten wir in Bulgarien – auf 2.000 Meter Höhe bei minus 20 Grad. Die Gegend und die Nadelwälder sind einander tatsächlich sehr ähnlich, nur das Licht ist natürlich anders. Der Vorteil war, dass wir viel längere Drehtage hatten. Das war eine Erleichterung, weil wir irgendwann schon merkten, eine Reiseproduktion zur Zeit von Corona ist Wahnsinn. Weshalb wir versuchten zu komprimieren.

STANDARD: Der dreibeinige Hund ist entweder wahnsinnig gut gemacht oder es gibt ihn tatsächlich?

Albert: Nur die junge Lua auf Kuba entstand mit VFX, ansonsten hatten wir tatsächlich einen dreibeinigen Hund. Unsere Haupt-Lua reiste nach New York, um dort am Strand herumzulaufen. Sie wurde von unseren Tiertrainern gefunden und stammt aus Deutschland, mit einer Besitzerin, die mit ihr probte und sie aufs Filmarbeiten einstellte.

STANDARD: Bei Barbara Albert muss immer getanzt werden. Was mögen Sie an der Party im Film?

Albert: Tanzen ist der Versuch, auszubrechen, und das gefällt mir. Ich mag die Energie und das Körperliche. Egal ob Serie oder Film, da geht es um Menschen, die ihre Körper ausloten und an ihre Grenzen gehen müssen, letztlich um die Frage nach dem Menschsein.

STANDARD: Serienhype. Wo sehen Sie Spielraum?

Albert: Ich mag Dramaserien, wenn sie charaktergetrieben und nicht von der Story getrieben sind. Mir gefällt es, Figuren über die Horizontale zu strecken und zu bewegen. Diese Dramaserien kommen stark aus den USA, hier gibt es davon noch nicht so viele. Unsere Serien versuchen meistens ein Genre abzudecken.

STANDARD: Welche Serie haben Sie während des Drehs geschaut?

Albert: Meine Lieblingsserie, als wir die Serie vorbereitet haben, war "I Know This Much Is True" mit Mark Ruffalo. Das ist wie Kino, nur dass du mehr Zeit mit den Figuren verbringst und es im besten Fall sogar noch intensiver wird. Dann macht für mich Serie Sinn. So möchte ich gern arbeiten.

STANDARD: Haben Sie an der Serie Gefallen gefunden, oder sagen Sie, es reicht – einmal und nie wieder?

Albert: Ich wünsche mir, dass ich als Regisseurin nicht in eine Schublade gesteckt werde. Das gilt auch für meine Kinofilme. Ich habe mit jedem Film probiert, etwas anderes, für mich Neues zu machen. So sehe ich die Serie jetzt auch. Es ist ein Ausprobieren, und die grundsätzliche Arbeit des Inszenierens, das Interesse an den Figuren sind ohnehin nichts anderes. Der Grund, warum ich filmisch erzählen möchte, die Faszination am Menschen und am Erzählen in Bildern und Tönen – das ist immer das Gleiche. Deswegen ist mir auch wichtig weiterzuarbeiten, sowohl im Kino als auch in der Serie. Mich interessieren immer Figuren und Thema gleichermaßen, und im allerbesten Fall können Film und Serie in Momenten darüber hinaus sogar etwas Metaphysisches oder Philosophisches erzählen. (Doris Priesching, 13.3.2022)

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