Dieben wird es auf vielen Baustellen zu leicht gemacht.

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Wien – Montage sind besondere Tage auf Baustellen. Immer zu Wochenbeginn schnellen die Anzeigen wegen Diebstählen auf Baustellen in die Höhe. Hauptsächlich übers Wochenende wird dort gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist: Holz, Kupfer, Werkzeug, Baumaschinen. Der kriminelle Schwund nähert sich einer jährlichen Schadenssumme von 20 Millionen Euro.

88 Prozent aller Baufirmen sind betroffen, zeigt eine neue Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt (BK) auf. Dafür wurden nicht nur Daten der Kriminalstatistik ausgewertet, sondern auch 150 Baufirmen und Baumaschinenverleiher direkt befragt sowie 117 Baustellen in ganz Österreich begutachtet.

Rohstoffmangel und Lieferengpässe

KfV-Experte und Studienautor Armin Kaltenegger nennt grundsätzlich folgende Faktoren, von denen Diebe profitieren: anhaltender Bauboom, Rohstoffknappheit, Lieferengpässe und daraus resultierende steigende Kosten in der Baubranche. Die Corona-Pandemie hat die Anzahl von Einbruchsdiebstählen auf Baustellen zwar gebremst (von 3.500 im Jahr 2019 auf 2.788 im Vorjahr), doch die Schäden pro Fall steigen. Denn tendenziell werden immer hochwertigere Güter, darunter auch Fahrzeuge und Bagger, entwendet.

Auch ein hoher logistischer Aufwand schrecke Täter nicht ab, wie Peter Seidl, der Leiter des BK-Referats für Einbruchdiebstahl, erläutert. Zwischen Mitte 2018 und Anfang 2020 etwa habe eine siebenköpfige Bande eine Seilwinde in einen Kleinbus eingebaut, mit der schwere Rüttelmaschinen und ganze Paletten mit Material schnell eingeladen werden konnten. Der Gesamtschaden belief sich auf 250.000 Euro. Mittlerweile wurden die Täter zu Haftstrafen zwischen zehn und 30 Monaten verurteilt.

Baufirmamontur vom Schwarzmarkt

In den meisten Fällen geht es aber um Kleingeräte wie Bohrer, Sägen oder Schleifgeräte. Täter verschaffen sich häufig in Monturen von bekannten Baufirmen, die sie auf dem Schwarzmarkt erstanden haben, unauffällig Zutritt zu Baustellen – entweder um auszukundschaften, wo Werkzeug und Geräte gelagert werden, oder um gleich einen Gerätekoffer samt Inhalt mitgehen zu lassen. Wie die KfV-Umfrage bei Baufirmen ergab, ist gerade in diesen Fällen die Anzeigenbereitschaft relativ gering.

Nur zehn Prozent aller Baustellendiebstähle können aufgeklärt werden. Das liegt auch daran, dass die gestohlenen Geräte zuvor nicht genau genug dokumentiert wurden. "Mit einer Inventarnummer können wir nichts anfangen", so BK-Fahnder Klaus Autischer. Er rät Baufirmen, die Individualnummern der Geräte festzuhalten. Ein guter Tipp, der übrigens für viele Geräte gilt, bei Smartphones entspricht das der IMEI oder Device-ID, beim Fahrrad der Rahmennummer.

Fast keine Prävention

Und wie sieht es mit Diebstahlsprävention auf Baustellen aus? "Schlecht", fasst es KfV-Experte Kaltenegger kurz zusammen. 82 von 117 untersuchten Baustellen hätten ein Schild mit "Betreten verboten" aufgestellt. Einen Bauzaun hatten zwar zwei Drittel aller Baustellen, aber der war oft lückenhaft, Zugänge und Einfahrten waren nur mit einem Band versperrt. Baucontainer seien häufig mit leicht knackbaren Schlössern versehen. Videoüberwachung ist die Ausnahme, nur eine Baustelle, die das KfV unter die Lupe genommen hat, hatte Security-Aufpasser engagiert. Polizei und Fachleute empfehlen Baufirmen dringend, mehr in Sicherheitsmaßnahmen zu investieren. (Michael Simoner, 3.3.2022)