"Das Bild lässt alles offen, und die Sprache engt ein", war eine Erkenntnis des Künstlers Josef Bauer.

Foto: Oliver Khafagi / Belvedere, Wien

Linz – Der oberösterreichische Konzeptkünstler Josef Bauer war visionärer Sprachjongleur, poetischer Worttänzer und dennoch lange unentdeckt. Der gebürtige Welser, der in Linz und Gunskirchen lebte und arbeitete, studierte an der ehemaligen Kunstschule Linz. Davor war er im Spitzensport, wurde im Stabhochsprung mehrmals Staatsmeister. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) würdigte den Verstorbenen, der 2017 mit dem Alfred-Kubin-Preis ausgezeichnet worden war, als "Großen der zeitgenössischen Kunst unseres Landes".

Erst 2019 zeigten das Belvedere in Wien und 2020 das Lentos-Kunstmuseum in Linz eine Retrospektive seiner Arbeiten aus einem Zeitraum von 60 Jahren: Fotoserien, Plastiken und Installationen wurden dafür zusammengetragen, teils sogar vergessene Werke. Obwohl Bauer bereits seit den 1970er-Jahren ausgestellt hatte, waren es seine ersten Einzelpräsentationen dieser Dimension. Der Künstler ließ sich auch nie durch eine Galerie vertreten. Er habe, sagte er 2019, selten systematisch gearbeitet, er wollte einfach immer weitermachen.

Sessel bleibt Sessel

Bauer widmete sich in seinem Schaffen durchgehend der unterschiedlichen Wahrnehmung von Bild und Text. Er abstrahierte Zeichen, Ziffern, Sprachfragmente und Alltagsobjekte und erfand so eine eigene Sprache. Dass vor einem Tisch nur das Wort Sessel geschrieben stand, war für ihn ebenso Teil der Wirklichkeit wie ein tatsächlicher Sessel. Er konnte für ihn alles sein: Objekt, Bild oder eben nur ein Wort.

1934 in Wels geboren, wurde Bauer bereits als Kind mit den Verbrechen des NS-Regimes konfrontiert – auf dem Grundstück seiner Familie wurde ein Nebenlager von Mauthausen errichtet. Diese Erfahrungen verarbeitete er später in Bildern, beispielsweise in Porträts, die einen Soldaten und einen KZ-Inhaftierten zeigten. "Eigentlich wollte ich Rosen malen, aber plötzlich waren diese Gesichter da", erklärte Bauer. Der Künstler übermalte Zeitungsausschnitte, stellte den medialen Umgang mit Sprache infrage und unternahm so den Versuch, Wort und Welt miteinander zu versöhnen.

Taktile Poesie, körpernahe Formen

Einige seiner Arbeiten bezeichnete Bauer als "taktile Poesie". Er setzte sich im Kreis der Wiener Gruppe mit der Sprachkritik Wittgensteins sowie der Konkreten Poesie auseinander. Sein avantgardistisches Sprachspiel erinnert an Texte der Lyriker Ernst Jandl und Kurt Schwitters. Als kongeniale Gruppe von Mitstreitern ist auch der Kreis der experimentellen Autorinnen und Autoren rund um Heimrad Bäcker (edition neue texte) zu nennen. Bauer entwarf Plastiken, die man sogar berühren, also sinnlich erfahren durfte, und nannte sie "körpernahe Formen".

In den späten 1970er-Jahren zog er sich in seinen Heimatort Gunskirchen zurück, wo er bis zuletzt sein Atelier führte. Am Donnerstag ist Josef Bauer im Alter von 88 Jahren gestorben. (APA, kr, 3.3.2022)