Es soll bei den Paralympics um den Sport, um Medaillen gehen. Das Miteinander ist in der Arbeit mit Guides besonders augenscheinlich.

Foto: imago images/Mika Volkmann

Was sind schon zwölf Tage? Zwölf Tage, in denen sich Peking endgültig von den Olympischen Winterspielen 2022 verabschiedet hat. Zwölf Tage, in denen sich Peking auf die Paralympics 2022 vorbereiten konnte: Die Sportstätten müssen adaptiert werden. Wenn das olympische Dorf zum paralympischen Dorf wird, gilt neben der Hygiene die Barrierefreiheit als eines der obersten Gebote. Es waren zwölf Tage, in denen sich das Weltgeschehen geändert hat. Vor zwölf Tagen war noch kein Krieg in der Ukraine. Es ist ein Schatten, der sich schon im Voraus über die Eröffnungsfeier und damit auch über die Bewerbe der kommenden Zeit legt.

Einen Tag vor dem offiziellen Start sagte der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees, Andrew Parsons: "Wir vom IPC glauben fest daran, dass Sport und Politik sich nicht vermischen sollten. Dennoch hat es der Krieg nun zu diesen Spielen geschafft." Man habe sich dazu entschlossen, Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus nun doch nicht an den Paralympics teilnehmen zu lassen. Zuvor wollte man sie noch unter neutraler Flagge starten lassen, aber "viele Delegationen aus unterschiedlichen Ländern haben uns aufgefordert, russische und belarussische Athleten nicht starten zu lassen. Manche Teams haben gedroht, nicht antreten zu wollen, sollten wir dem nicht nachkommen", sagte Parsons am Donnerstag. Was sind schon zwölf Tage?

Schlieren am Schaufenster

Wenn man den Berichten, den Eindrücken von den Olympischen Spielen Glauben schenkt – und das kann man getrost –, hat sich an den Bestimmungen und Modalitäten zur Einreise und zum Aufenthalt in Peking wenig geändert. Hygiene ist Trumpf. Nur: Der Trubel ist kleiner geworden. Die spärlich besetzten Flugzeuge sind Klimakapitalverbrechen. Der Beijing International Airport mutet gespenstisch an, wirkt wie ein vergilbtes, in die Jahre gekommenes Schaufenster, an dem noch die Schlieren von Desinfektionsmitteln zu sehen sind. Es gibt mehr Absperrungen als Durchgänge. Das Personal ist in Schutzanzügen, man sieht nur Augen, weißen Kunststoff, muss Gesundheitszertifikate und Reisedokumente vorzeigen, um von Station zu Station zu kommen. Beim PCR-Test wird nebenbei demonstriert, wie tief ein Stäbchen in die Nase geht: sehr tief. Es wirkt, als wäre Peking, als wäre China müde. Müde von den Anstrengungen, keine weiteren Corona-Ausbrüche zuzulassen und nebenbei noch zwei Events dieser Tragweite auszurichten. In elf, also fast zwölf Tagen ist alles vorbei.

Auch die österreichische Delegation ist da, für sie geht es vorrangig ums Sportliche. Das sind Medaillen. 16 Athleten und Athletinnen und sechs Guides (die Hilfestellung für sehbehinderte Sportler leisten) sind unter Österreichs Flagge dabei. 13 starten in den Alpin-Bewerben, Carina Edlinger ist die einzige Nordische, bereichert den Langlauf und Biathlon, Rene Eckhart und Bernhard Hammerl sind Snowboarder.

Das Aushängeschild unter den Erfahrenen ist Markus Salcher. Der 30-jährige Kärntner ist halbseitig gelähmt, startet im Riesentorlauf, Abfahrt, Super-G und Super-Kombination. Bei den Paralympics in Pyeongchang 2018 holt er zwei Bronzemedaillen, bei der Para-Ski-WM 2022 in Lillehammer waren es zwei Goldene.

Familiendelegation

Von den Jungen, den Unbekümmerten, haben einige den gleichen Nachnamen. Die Familie Aigner aus Gloggnitz entsandte gleich vier Kinder. Quasi eine eigene Delegation. Elisabeth Aigner (23) ist Guide für Schwester Veronika (19), Barbara Aigner und Zwillingsbruder Johannes sind gerade einmal 16 Jahre alt. Barbara startet mit Klara Sykora, der Tochter von Thomas Sykora, als Guide. Johannes, mit Guide Matteo Fleischmann unterwegs, räumte bei der WM in Lillehammer gleich vier Medaillen ab, darunter Gold im Slalom und Parallelevent. Nun will er auch in Peking aufzeigen. Bei der Opening Ceremony im Nationalstadion von Peking werden Barbara Aigner und Markus Salcher die rot-weiß-rote Delegation als Fahnenduo anführen.

In zwölf Tagen werden alle Medaillenentscheidungen gefallen und die Paralympischen Spiele 2022 in Peking Geschichte sein. Ob sie sich dem Schatten der vergangenen zwölf Tage entziehen können, bleibt zu bezweifeln. (Andreas Hagenauer, 3.3.2022)