Claudia Prutscher, Vizepräsidentin und Kulturbeauftragte der Israelitischen Kultusgemeinde, und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in der restaurierten Kobersdorfer Schul'.

Foto: Stiller/LMS

So hat – sagen die Restaurateure – die mittelburgenländische Synagoge ausgesehen, als sie 1860 eröffnet wurde.

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Im Burgenland hat es, jahrhundertelang gewachsen, ein vielfältiges jüdisches Leben gegeben. Von den "Schewa Kehilot", den orthodoxen "heiligen sieben Gemeinden" unterm Schutz der Esterházy bis nach Rechnitz, Schlaining oder Güssing unter Batthyány im Süden Das Land ist, sagt sein jetziger Landeshauptmann, Hans Peter Doskozil, "geschichtlich verknüpft mit dem Judentum". Dieses sei "Teil der burgenländischen Identität".

Vom Leben selbst ist freilich nichts mehr übrig. Nur die Erinnerung und ein paar materielle Überbleibsel. Sogar manchen Friedhof haben die Nazis und ihre Willfahrenden zerstört. Den in Mattersburg zu Beispiel, dessen Grabsteine als Baumaterial geplündert wurden.

Drei Synagogen

Drei Synagogen – Schulen, wie die Tempel auch genannt wurden – gibt es noch: in Eisenstadt, Stadtschlaining und Kobersdorf. Geweiht für den sakralen Gebrauch wäre allerdings nur die Privatsynagoge im Eisenstädter "Wertheimerhaus", wo das 1972 gegründete jüdischen Museum daheim ist. In Schlaining war die Bibliothek des auf der naheliegenden Burg beheimateten Zentrums für Frieden und Konfliktforschung untergebracht.

Die größte übriggebliebene Schul‘ steht im mittelburgenländischen Kobersdorf, wo sie jahrzehntelang vor sich hinbröckelte; wie als Fanal für die gesamte, traurige Geschichte der einst so stolzen, seit dem 17. Jahrhundert bestehenden Gemeinde der Schewa Kehilot, die 1938 zertreten wurde. Die Schul‘ wurde zum SA-Heim degradiert, was sie immerhin vor der Sprengung bewahrt hat.

Verfall

1948 ist die solcherart geschändete Schul‘ an die Wiener Israelitische Kultusgemeinde (IKG) restituiert worden. Deren Finanzkraft reichte für eine ordentliche Sanierung nicht aus. Ab 1976 wurde es immerhin stückerlweise versucht. 1995 verkaufte die IKG das Haus an einen Verein, der sich zur Sanierung verpflichtete. Weil er dem nicht nachkam, wollte die IKG den Verkauf rückgängig machen, scheiterte aber vor Gericht im Jahr 2011.

2019 hat dann das Land Burgenland das desolate Gebäude erworben und 3,5 Millionen Euro in die Hand genommen, um es – in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und der Kultusgemeinde – möglichst originalgetreu zu restaurieren. Die Synagoge wurde 1860 im neuromanischen Stil errichtet.

Restaurierung

Die Restaurierung ist beinahe abgeschlossen. Unlängst wurde die Baustelle einer Journalistenschar gezeigt. Auch Claudia Prutscher, die Vizepräsidentin und Kulturbeauftrage der IKG, war beeindruckt vom penibeln, nach alten Fotos ausgerichteten Werk. "Das ist ergreifend, es ist wirklich ergreifend", sagte sie. Und fügte jenes großen Aber hinzu, das bei diesem Thema stets mitschwingt. "Es macht auch ein bisschen traurig natürlich, dass die jüdische Gemeinde so dezimiert ist und im Burgenland überhaupt so sehr, dass es keine aktiv lebende jüdische Gemeinde gibt."

"Die Synagoge von Kobersdorf", sagt der Landeshauptmann, "ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass wir uns unserer jüdischen Wurzeln, der jüdischen Tradition und unserer Verantwortung für die Opfer aus der NS-Zeit bewusst sind." Speziell für die Nachkommen der Vertriebenen soll Kobersdorf jedenfalls zu einer fixen Anlaufstätte werden. In Norden Jerusalems gibt es, gleich neben dem berühmten Kirjat Mattersdorf auch das Kirjat Sheva Kehilot.

Zukunft

Ende April soll die Kobersdorfer Schul‘ als Veranstaltungsraum für 140 Besucher eröffnet werden. Ein Fachbeirat, in dem auch die IKG vertreten ist, wird ein Bildungs-, Forschungs- und Kulturprogramm erarbeiten, das thematisch sich an der Geschichte des Ortes orientiert, verspricht der Landeshauptmannn. "Das Haus ist kein Kulturzentrum im herkömmlichen Sinn. Das Land Burgenland hat sich mit dem Kauf vertraglich dazu verpflichtet, hier nur der Würde und der Tradition des Hauses entsprechende Veranstaltungen stattfinden zu lassen."

Schon zuvor wird die Synagoge in Stadtschlaining für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie wird das Museum der burgenländischen Geschichte, das ja als Nachfolger der Jubiläumsausstellung auf der Burg eingerichtet wird, ums Jüdische ergänzen. Die Ausstellung zur jüdischen Geschichte und Kultur des Burgenlands wird gerade eingerichtet. Ende März wird eröffnet werden. (Wolfgang Weisgram, 15.3.2022)