"Wir haben viele junge Burschen, die im Zivildienst positive Erfahrungen gemacht haben", sagt Gabriele Ehrenhöfer, Direktorin der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege in Oberwart.

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STANDARD: Wer bewirbt sich bei Ihnen?

Ehrenhöfer: Unsere Klassen sind bunt gemischt. Wir haben bei den Bewerbungen vom Alter her eine Bandbreite von 17 bis zu 52 Jahren. Je älter die Auszubildenden sind, umso mehr Lebenserfahrung bringen sie mit. Das merkt man auch im Unterricht in den Diskussionen zu Themen wie Ethik, Palliativpflege oder Pflege von alten Menschen. Generell kann man sagen, dass unsere Ausbildung zu einer großen Persönlichkeitsentwicklung führt.

STANDARD: Welches Alter ist ideal, um einzusteigen?

Ehrenhöfer: Das kommt ganz auf die Persönlichkeit an. Es gibt Jugendliche, die sind mit 17 sehr reif. Ich denke, dass ein Eintrittsalter von frühestens 17 bis 18 Jahren weiterhin gelten sollte, da es eben auch psychisch sehr belastende Betreuungssituationen gibt.

STANDARD: Und wer will mit 40 oder 50 noch neu einsteigen?

Ehrenhöfer: Wir haben Diplomingenieure, viele aus Tourismus und Gastronomie, eine Tischlermeisterin, eine Rauchfangkehrerin. Und viele junge Burschen, die sich nie hätten vorstellen können, in den Pflegebereich zu gehen, aber im Rahmen des Zivildiensts positive Erfahrungen gemacht haben.

STANDARD: Welchen Einfluss hat die Pandemie auf einen Wechselwillen?

Ehrenhöfer: Zum Teil sagen sich manche: Ich habe Familie und brauche Sicherheit. Und als Selbstständige oder Selbstständiger kann die Auftragslage besser oder schlechter sein.

STANDARD: Wen nehmen Sie denn nicht?

Ehrenhöfer: Grundsätzlich werden alle Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen, die die gesetzlichen Aufnahmekriterien erfüllen. Unsere Ausbildungen starten mit einem drei- bis viermonatigen Theorieteil. Manchen gefällt der sehr, aber dann, im ersten Praktikum, das Arbeiten am Bett weniger. Wir raten allen, die bei uns eine Ausbildung machen wollen, zuerst zu einem Schnupperpraktikum. Dabei begleitet man eine erfahrene Pflegekraft und gewinnt einen Einblick in den Tätigkeitsbereich. Der Kontakt mit Menschen, die Berührung eines Menschen stellt eine Kernaufgabe des Pflegeberufs dar.

STANDARD: Wer hat die besten Chancen für eine solche Ausbildung?

Ehrenhöfer: Es gibt ein Aufnahmeverfahren, einen schriftlichen Test und ein Gespräch, in dem wir fragen, was die Bewerberinnen und Bewerber für unseren Beruf qualifizieren würde.

STANDARD: Was verdient man in der Ausbildung?

Ehrenhöfer: Wer die Ausbildung macht, ist pensions-, kranken- und unfallversichert, bekommt gratis Dienstkleidung und ein Taschengeld, die Kosten für die Ausbildung übernimmt das Land Burgenland in unserem Fall. Das Taschengeld beträgt derzeit im ersten Ausbildungsjahr 150 Euro, im zweiten 200 Euro und im dritten 260 Euro. Eine Erhöhung des Taschengelds ab Herbst 2022 ist in Verhandlung. Außerdem gibt es vergünstigte Wohnmöglichkeiten. Im Rahmen des zweiten Bildungswegs besteht auch die Möglichkeit, ein Fachkräftestipendium zu erhalten. Das muss mit dem AMS im Vorfeld abgeklärt werden.

STANDARD: Strenge Hierarchien in Krankenhäusern – ist das noch so?

Ehrenhöfer: Natürlich braucht es in einem Krankenhaus gewisse Strukturen. Krankenhäuser sind große Firmen. Da geht es auch darum, wer Verantwortung wofür trägt. Aber es kommt natürlich immer darauf an, wie die Struktur gelebt wird. Der Pflegeberuf ist nach wie vor attraktiv und vielseitig. Es gibt so viele verschiedene Bereiche, in denen man tätig werden kann. Die Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung sind vielfältig, ebenso Spezialisierungen und Karrieremöglichkeiten. Als Pflegeassistentin besteht die Möglichkeit, eine verkürzte Ausbildung zur Pflegefachassistentin zu absolvieren oder derzeit noch die verkürzte Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege. Durch das Angebot der begleitenden Berufsreifeprüfung im gehobenen Dienst und in der Pflegefachassistenz wird auch der weitere Weg zu einem Studium geöffnet. Ich persönlich finde es wahnsinnig schön, den Beruf an andere weiterzugeben. Das macht so viel Spaß. (Christine Zeiner, 4.3.2022)