Mit den geplanten Öffnungsschritten gewinnt der internationale Konzertzirkus an Fahrt, heuer wird wieder gerockt, draußen wie drinnen.

Foto: Christian Fischer

Er möchte einfach wieder einmal ein Konzert erleben und ein Bier trinken. Was bis vor zwei Jahren normal und sein Beruf war, hat sich zu einer Sehnsucht entwickelt. Hannes Cistota ist Booker im Wiener Wuk und für das Musikprogramm des Veranstaltungshauses zuständig. Wie ihm geht es vielen Menschen.

Viele Fans haben jede Menge Konzertkarten am Kühlschrank hängen. Es sind Souvenirs von morgen, für Shows, für die sie Vorverkaufskarten gekauft hatten, die aber wegen Corona nicht einzulösen waren und verschoben wurden. Oft zwei-, dreimal. Doch nun gibt es Licht am Ende des Tunnels, und es scheint kein Zug zu sein.

Brösel mit Reisefreiheit

Mit März und den geplanten Öffnungsschritten seitens der Regierung nimmt auch der Konzertzirkus Fahrt auf. Endlich. Und es spielen nicht nur nationale Bands oder solche aus angrenzenden Nachbarländern wie im Vorjahr, der internationale Konzertzirkus geht los. Da sind sich alle im Geschäft einig, wenngleich nicht alle Widrigkeiten ausgeräumt sind. Cistota befürchtet, es könnte da oder dort Brösel mit der Reisefreiheit geben.

Auch sei die Infrastruktur des Konzertgeschehens ramponiert, viele Leute hätten pandemiebedingt das Fach gewechselt. Hinzu kommen Probleme wie Lichttechniker aus dem Osten, die mit Sputnik geimpft sind. "Da muss ich dann leider sagen, das gilt bei uns nicht." Auch sind nicht alle Musikerinnen und Musiker geimpft.

Freibier im Linzer Posthof

Selbst das geneigte Publikum ist immer noch skeptisch. "Eine Band wie Low, die bei uns im Mai auftreten soll, war sonst immer vorab ausverkauft, im Moment schleppt sich der Vorverkauf noch." Ein Phänomen, das Cistota aus dem Vorjahr kennt: "Das war die Wiederkehr der Abendkasse, die Leute entscheiden kurzfristig, ob sie sich etwas anschauen wollen."

Das bestätigt Gernot Kremser. Er ist für die Musik im Linzer Posthof zuständig. Der optimistische Booker eröffnet mit einer, wie er sagt, Punktlandung am 5. März – mit einem Stehkonzert der Schweizer Folk-Band Black Sea Dahu. Zur Feier des Tages gibt es Freibier einer lokalen Brauerei. "Im Februar waren wir noch leiser. Da wurde noch verschoben, viele Bands haben von sich aus gesagt, sie warten lieber noch bis März oder April, um sicher zu sein, dass die Shows dann wirklich stattfinden können."

Hunderte Verschiebungen

Untätig war man im Posthof in der Zwischenzeit nicht. Der Boden wurde erneuert und eine Bar gebaut, die Kremser die schönste von ganz Linz nennt. Zudem wird der Posthof Ende Mai eine Frischluftbühne eröffnen.

Das bedeutet für das Haus, dass viele Shows nicht in den Herbst verschoben werden mussten, sondern im Sommer ausgetragen werden können. Über 30 werden es laut Kremser sein. "Wichtig ist nun, dass wir den Leuten wieder zeigen, dass es uns noch gibt. Hey, kommt zu uns! Das ist die Message."

Belastetes Publikums-Budget

Die Euphorie ist spürbar, ein Luxusproblem könnte sich aber als ein tatsächliches für die Veranstalterinnen und Veranstalter erweisen. Denn es gibt aufgrund vieler verschobener Konzerte aus den letzten beiden Jahren heuer ein Überangebot, viele haben kaum mehr Slots.

Das könnte das Publikum und dessen Budget überfordern und bedeuten, dass Häuser selbst mit Shows finanziell schlecht abschneiden, die sonst immer eine sichere Bank waren. Immerhin zeichnet sich ab, sagt Kremser, dass der Vorverkauf der geplanten Openair-Konzerte sehr gut anläuft.

Ähnliches berichtet Ewald Tatar. Er ist als Chef von Barracuda Music der größte Konzertveranstalter des Landes. Auch er hat seit November, dem letzten Lockdown, wieder etliche Konzerte verschoben. "Ich weiß nicht, wie viele es in den letzten beiden Jahren waren, aber es waren sicher hunderte."

Nichts verlernt

Er sagt, dass alle Bands, mit denen er jetzt in Kontakt steht, nun aber davon ausgehen, dass die jetzt beginnende Saison ohne Ausfälle stattfinden wird. "Es gibt positive Prognosen, und die Zeichen seitens der Politik wirken sich sofort bei uns aus. Als bekannt wurde, dass mit 5. März weitgehend aufgesperrt wird, ist der Vorverkauf um gut 40 Prozent gestiegen."

Er habe im Moment, sagt Tatar, die längste Vorverkaufsliste in seiner Veranstalterlaufbahn. Das ist die Liste jener Konzerte, deren Karten gerade aktiv im Verkauf stehen. Er schätzt, dass es heuer 20 bis 30 Prozent mehr Shows gibt als in anderen Jahren.

Angst, dass Publikum weggebrochen sein könnte, hat er nicht. "Ich war gerade in England, da gehen die Menschen weg wie früher." Hannes Cistota vom Wuk hat da ebenfalls keine Bedenken. "Die auf der Bühne haben es ja auch nicht verlernt, warum sollten wir davor ein Problem haben?" (Karl Fluch, 5.3.2022)