Anton (re.) aus Wien und Oleksiy aus Kiew halten zusammen.

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Wien – Auch der Sport ist zweigleisig unterwegs. Sanktionen gegen Russland, das ist die eine Schiene, Hilfe für die Ukraine, das ist die andere. Einzelne Fachverbände in Österreich haben bereits auf die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Flucht zigtausender Menschen reagiert, unter denen sich klarerweise auch Spitzensportlerinnen und -sportler befinden. Sportler wie der Wasserspringer Oleksiy Sereda, der mit seinen 16 Jahren schon zur Weltelite zählt.

Im August 2019, als 13-Jähriger, war Sereda – in Kiew übrigens – der jüngste Europameister vom Zehnmeterturm. Seit Dienstag trainiert er in Wien. Vorausgegangen war ein Angebot von Österreichs Schwimmverband (OSV), ukrainischen Aktiven Trainingseinrichtungen zur Verfügung zu stellen. "Ich habe meinen Springerkollegen Anton Knoll angerufen. Er hat sofort gesagt, dass ich nach Wien kommen und bei ihm und seiner Familie wohnen kann. Das finde ich toll", wurde Sereda von der Krone zitiert.

Nach Bratislava geflüchtet

Der Wiener Knoll (17) und Sereda hatten einander bei der Jugend-WM im November – ebenfalls in Kiew – zuletzt gesehen, da holte der Ukrainer Gold, und Knoll wurde Achter. Angesichts der russischen Invasion ist Sereda mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Bratislava geflüchtet, zu einer Freundin der Mutter, nach Wien kam er dann allein. Der Vater ist in Kiew geblieben, natürlich bangt die Familie um ihn. Für Oleksiy dürfte Wien nur ein Zwischenstopp sein, wahrscheinlich übersiedelt er bald nach Budapest, wohin es auch seine Mutter und seine Schwester zieht. Nicht auszuschließen, dass er dort dann zumindest bis zur WM bleibt, die ab 25. Juni in Budapest stattfinden wird. Der Presse sagte Sereda jun., über kurz oder lang hoffe er, nach Kiew zurückkehren zu können. "Ich liebe die Stadt so sehr."

Quasi die Schaltstelle zwischen Kiew, Wien und Budapest ist Jann Siefken, OSV-Vizepräsident und Fachwart Wasserspringen. "Die ukrainische Mannschaft ist extrem dankbar, dass sie Angebote aus dem Westen bekommt", sagt er und geht davon aus, dass weitere ukrainische Aktive "unsere Hilfe in Anspruch nehmen könnten. Gemeinsam werden wir es schaffen, entsprechende Möglichkeiten anzubieten."

Hilfsbereite Segelszene

Ebenfalls engagiert ist der Segelverband OeSV. "Wir laden ukrainische Spitzenseglerinnen und -segler aus den olympischen Klassen ein, unser Segelzentrum in Neusiedl am See zu nutzen", hielt OeSV-Präsident Herbert Houf fest. Matthias Schmid, Sportdirektor des Verbands, steht in Kontakt mit der legendären ukrainischen Seglerin Ruslana Taran, die dreimal Weltmeisterin, einmal Olympiazweite, zweimal Olympiadritte und auch als Coach erfolgreich war. Gut möglich, dass sie Schützlinge nach Österreich vermittelt. "Für uns im Sport gilt, was für Europa insgesamt gilt", sagt Schmid dem STANDARD. "Wir können und werden die Leute, die zu uns kommen, schon unterbringen."

Der Dachverband Sportunion sorgt mit der Initiative #SportVerbindet dafür, dass ukrainische Kinder das Angebot von Sportvereinen kostenlos nützen können. (Fritz Neumann, 5.3.2022)