
Mit 1. März wurden mit einem Schlag 229.000 Parkplätze im öffentlichen Raum, wo Autos bisher kostenlos abgestellt werden konnten, kostenpflichtig.
Die Auswirkungen des Parkpickerls auf die Wiener Straßen wurden fast so vorhergesagt, wie es dann eingetroffen ist. Die Realität überraschte aber doch so manche Wienerin und manchen Wiener. Seit Einführung der fast flächendeckenden Kurzparkzone am Dienstag waren mit einem Schlag tausende freie Parkplätze in den neuen Pickerlbezirken verfügbar. Selbst in traditionell zugeparkten Straßenzügen in Hietzing, Liesing, Floridsdorf und der Donaustadt gab es plötzlich genügend freie Stellplätze. Viele davon füllten sich auch nicht im Verlauf der Woche, sondern blieben frei.
Mit 1. März wurden mit einem Schlag 229.000 Parkplätze im öffentlichen Raum, wo Autos bisher kostenlos abgestellt werden konnten, kostenpflichtig. Zeitlich unbegrenzt Parken ist in fast ganz Wien seither nur noch mit Parkpickerl möglich. Und dieses können nur Personen mit Hauptwohnsitz in Wien für ihren Bezirk beantragen. Einige wenige Ausnahmen gibt es für bestimmte Betriebe, Hotels oder Personen mit Nebenwohnsitz in einem Kleingarten.
Pendler müssen umplanen
Zehntausende Pendlerinnen und Pendler, egal ob nach Wien oder zwischen den Bezirken, müssen auf private Parkplätze sowie öffentliche Verkehrsmittel ausweichen. Oder Einpendler stellen ihre Autos schon vor der Stadtgrenze ab, wo es ebenfalls Park-and-Ride-Möglichkeiten entlang von Öffi-Linien gibt.
Allein in der Donaustadt rechnete Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) mit rund 17.500 Pendlern, die ihre Fahrzeuge nicht mehr auf öffentlichen Stellplätzen abstellen können. Insgesamt gibt es im 22. Bezirk 85.000 Parkplätze.
Auslastung hat sich teils deutlich erhöht
Bei Park-and-Ride-Standorten sowie privaten Parkgaragen hat sich hingegen die Auslastung teils deutlich erhöht, vor allem in der Nähe von U-Bahn-Stationen. Die städtische Firma Wipark etwa betreut die Park-and-Ride-Standorte in Siebenhirten, Liesing, Oberlaa und Neulaa. "Seit Dienstag wurde eine um 20 bis 25 Prozent höhere Zahl an Kurzparkern registriert", wie Pressesprecher Wolfgang Richter dem STANDARD sagte. In Siebenhirten seien die Stellplätze teils schon um neun Uhr vormittags voll gewesen. Dauerparkplätze seien noch gefragter.
Der Andrang sei aber nicht nur auf das Parkpickerl zurückzuführen. "Vor 2020 waren wir in Siebenhirten an einzelnen Tagen auch schon voll." Die Corona-Pandemie habe sich danach stark ausgewirkt. Nun würden auch wieder vermehrt Pendlerinnen und Pendler aus dem Homeoffice zurückkehren.
Auch beim Anbieter Best in Parking wurde ein verstärkter Andrang auf Park-and-Ride-Anlagen und Parkgaragen festgestellt. Die langfristigen Auswirkungen "werden sich in den nächsten Wochen zeigen".
122.600 neue Parkpickerl beantragt
Bis inklusive Freitag wurden jedenfalls 122.600 Parkpickerln in den neuen Pickerlbezirken sowie in Simmering, wo die Zone ausgeweitet wurde, beantragt. Das ist zwar eine Menge: Die Stadt rechnete im Vorfeld der Einführung aber mit 140.000 bis 175.000 zusätzlichen Anträgen. Es ist daher davon auszugehen, dass noch einige Tausend ihr Parkpickerl in den kommenden Tagen lösen werden.
Schonfrist für Falschparker ist vorbei
In der ersten Woche wurde in den neuen Zonen von Strafen abgesehen – sofern die Parkvergehen nicht schwerwiegend waren. "Ein gewisses Augenmaß ist bei solch großen Umstellungsprozessen nicht verkehrt", sagte Michelle Krumpschmid, die Leiterin der Parkraumüberwachung. Ausgeteilt wurden zunächst Ermahnungen mit dem Hinweis "Glück gehabt, das ist kein Strafzettel". Mit der Übergangsfrist sei es nun aber vorbei.
Verkehrsstadträtin Uli Sima (SPÖ) zog eine erste positive Bilanz. "Dadurch, dass nun deutlich weniger Pendlerinnen und Pendler mit dem Auto nach Wien kommen, wird das gesamte Verkehrsaufkommen in der Stadt drastisch reduziert", sagte sie. Laut Markus Raab, Leiter der städtischen Verkehrsabteilung (MA 46), könnte "bis zu ein Drittel der Stellplätze" in den neuen Pickerlbezirken nicht mehr benötigt werden. Das wären mehr als 76.000 Parkplätze.
Die frei werdenden Flächen sollen umgestaltet werden: Angedacht sind mehr Grünflächen, mehr Bäume, mehr Radwege oder breitere Gehsteige. In der Donaustadt etwa soll nach einer Evaluierung bald feststehen, welche Parkplätze umgewidmet werden. (David Krutzler, 4.3.2022)