WKO-Präsident Harald Mahrer weist den Vorwurf als polemisch zurück, er leiste Lobbyismusarbeit für fossile Energieformen.

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Wien – Die steigenden Energiepreise belasten nicht nur die Haushalte, sondern auch Gewerbebetriebe und Industrie. Die Wirtschaftskammer (WKO) stellt nun die Einführung des CO2-Preises mit 1. Juli 2022 infrage. Generalsekretär Karlheinz Kopf spricht sich für eine Verschiebung um mindestens ein, vielleicht auch zwei Jahre aus. WKO-Präsident Harald Mahrer argumentierte am Montag bei einem Pressegespräch, dass die Preise ohnehin sehr hoch seien und Marktmechanismen greifen würden. Eine Verteuerung müsse man somit nicht noch "künstlich herbeiführen", sagt Kopf.

Die Debatte, ob angesichts der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs der geplante Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 ausgerechnet am 1. Juli eingeführt werden solle, müsse geführt werden, betont Kopf. Er beteuert gleichzeitig, das Modell an sich, also die Umweltkosten der Treibhausgasemissionen mit einem Preis zu versehen, nicht infrage zu stellen.

Heftige Kritik

Klimaschützer werfen der Wirtschaftskammer seit längerem sozusagen fossilen Lobbyismus vor – "extrem polemisch", sei dies, so Mahrer. Auch am Montag kommt umgehend Kritik am WKÖ-Vorschlag. "Ein Aussetzung der CO2-Abgabe ist jetzt ein völlig falsches Signal. Sie wirft uns weit zurück in Österreichs Klimaschutzbemühungen", erklärt Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich. Auch bei Global 2000 reagiert man empört: "Eine Woche nach der Veröffentlichung des dramatischen Klimaschutzberichts IPCC die Abschaffung von ohnehin viel zu schwacher CO2-Preissignale zu fordern, ist völlig fehl am Platz", meint Klimasprecher Johannes Wahlmüller. Beide verweisen darauf, dass der Einstieg beim C02-Preis ohnehin zu niedrig angesetzt sei. Wenig anfangen mit der Idee einer Verschiebung kann auch die Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft, Sabine Jungwirth: "Einmal mehr outen sich die ÖVP-Wirtschaftsbundvertreter als Lobbyisten der fossilen Industrie." Die "ehemaligen Putinanbiederer" würden sich nun hinstellen, um bereits Beschlossenes wieder aufzumachen, so Jungwirth. Auch für den WWF hält die Wirtschaftskammer mit ihrer Forderung, die Einführung der CO2-Bepreisung zu verschieben, an ihrer "langjährigen fossilen Klientelpolitik" fest. "Die Wirtschaftskammer ist mitverantwortlich dafür, dass Österreich heute derart stark von fossilen Energieträgern abhängig ist und damit auch kriegsführende Länder wie Russland finanziert werden", so WWF-Klimasprecher Karl Schellmann.

Mahrer und Kopf betonen, dass sich Gas in vielen Bereichen der Industrie nicht ersetzen lasse und der Gasverbrauch auch 2040 noch ähnlich hoch sein werde wie heute. Kurzfristig brauche man Gas aus Algerien, Libyen, der Golfregion und den USA, dieses solle später durch Grünes Gas und Wasserstoff ersetzt werden. Die beiden Funktionäre und ÖVP-Politiker sprachen sich dafür aus, russisches Gas durch Flüssiggas zu ersetzen. Zudem sei man vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und dessen noch unabschätzbaren Auswirkungen auf die heimischen Unternehmen bemüht, die Außenwirtschaftsstrategie anzupassen. In der Golfregion sieht Mahrer große Chancen für heimische Unternehmen. Wachstumsbereiche orten die Wirtschaftskämmerer zudem in Ostasien, etwa in Japan. (rebu, 7.3.2022)