Innenminister Karner bei der Pressekonferenz zum Thema "Nachbarschaftshilfe für die Ukraine" am Montag.

Foto: APA/HANS PUNZ

Von links: Erich Fenninger (Volkshilfe), Michael Landau (Caritas), Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), Maria Katharina Moser (Diakonie) und Michael Opriesnig (Rotes Kreuz).

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Bei einer Pressekonferenz am Montag hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gemeinsam mit Repräsentantinnen und Repräsentanten der Volkshilfe, der Caritas, des Roten Kreuzes und der Diakonie einen Überblick über die Hilfe für die ukrainische Bevölkerung gegeben. Er sprach von "dramatischen Bildern, bewegenden Schicksalen" und zitierte das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, das die Flüchtlingswelle als die größte in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet. "Das fordert uns alle", sagte Karner, der sich für die "unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft" bedankte, die man hierzulande spüre.

"Wir brauchen diese unbürokratische und rasche Hilfe", hielt Karner fest, dennoch gelte es nun, die Koordination zu verstärken, denn: "Wer koordiniert hilft, hilft dreifach." Das betreffe zum einen die Bereitstellung von Wohnquartieren: In Summe hätten bereits 4.500 Menschen Wohnraum angeboten, womit allein durch private Initiativen schon jetzt 20.000 Plätze zur Verfügung gestellt werden konnten.

Darüber hinaus befänden sich aktuell 500 Ukrainerinnen und Ukrainer in Quartieren der Grundversorgung des Bundes. Das Innenministerium hat eine Beratungshotline für Menschen eingerichtet, die helfen wollen. In puncto Hilfslieferungen sei das Innenministerium die zentrale Stelle, da es die Transporte organisiere und durchführe – in die Ukraine wie auch in deren Nachbarländer. Karner riet an der Stelle "dringend" von privaten Hilfstransporten in das Kriegsgebiet ab: "Wir ersuchen in erster Linie um Geldspenden", weil damit staatliche und private Hilfe gezielter ankomme.

45.000 Ukrainerinnen und Ukrainer bisher eingereist

Die Richtlinie zum temporären Schutz ukrainischer Flüchtlinge, die die Innenministerinnen und Innenminister der EU vergangene Woche beschlossen haben, solle "so rasch wie möglich" in nationales Gesetz gegossen werden, hielt Karner fest. Mit aktuellem Stand hätten 45.000 Menschen aus der Ukraine die Grenze nach Österreich überschritten. Das sind dem Innenminister zufolge allerdings nur grobe Schätzungen, da es keine flächendeckenden Grenzkontrollen gibt. Alleine am Sonntag sollen es 7.000 Flüchtlinge gewesen sein.

75 bis 80 Prozent davon hätten die Absicht, in andere Länder weiterzureisen, sagte Karner – etwa zu Bekannten und Verwandten in anderen Teilen Europas wie Spanien, Deutschland und Italien, wo bereits größere ukrainische Communitys leben.

Caritas-Präsident Michael Landau sprach von einem "humanitären Schulterschluss" bei der Hilfe hierzulande, denn: "Dieser Krieg ist eine Niederlage für die Menschlichkeit." Die Hilfe der Caritas vor Ort sei "voll angelaufen". Man versuche die Kinder aus den Kinderhilfszentren zu bringen, versorge die Binnenflüchtlinge und sei an den Grenzen der Nachbarländer aktiv. In den vergangenen Tagen hätten sich mehr als 10.000 Menschen in Österreich bei der Caritas gemeldet, die helfen wollten: Privatpersonen, Pfarrgemeinden, Unternehmerinnen und Unternehmer, Gemeinden.

Weitere Vorbereitungen treffen

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser erwähnte die Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen in den Grenzregionen, die eine "wichtige Drehscheibe zu lokaler Bevölkerung, zu den Behörden" seien. Es sei eine "Kultur der guten Zusammenarbeit und Kooperation". Diese werde auch hierzulande gepflegt.

Man gehe davon aus, dass zunehmend mehr Ankommende in Österreich bleiben wollen. Darauf solle man sich schon jetzt vorbereiten. Deshalb müsse man etwa bereits jetzt anfangen, Wohnraum abseits von großen Quartieren zu schaffen. Die Diakonie bietet aktuell Gesundheitschecks und Wohnberatung an.

Der Geschäftsführer der Volkshilfe, Erich Fenninger, appellierte darüber hinaus, darauf aufzupassen, "in einer Fluchtbewegung nicht zu diskriminieren", etwa wenn es um Menschen mit anderer Hautfarbe gehe. Michael Opriesnig, Generaldirektor des Roten Kreuzes, sagte: "Die Hilfe kommt an", das sei "die einzig gute Nachricht in diesem Wahnsinn". Das Rote Kreuz leite schon jetzt einen Großeinsatz vor Ort, und "mit jeder Stunde vergrößert sich das Leid". Außerdem zeichne sich bereits die nächste "Mammutaufgabe" ab, und zwar für den Suchdienst des Roten Kreuzes: "Wir wissen jetzt schon, dass das eine große Aufgabe werden wird."

In Wien etwa waren am Wochenende die bisher 730 Notschlafstellen der Stadt bereits ausgelastet. Am Sonntag wurde auf 1.250 aufgestockt, ein erstes großes Notquartier für Flüchtlinge mit rund 380 Betten ging in Betrieb. Ukrainische Flüchtlinge, die in Wien bleiben wollen, werden ersucht, ins Austria Center Vienna (ACV) bei der U1-Station Kaisermühlen zu kommen. Neben ersten Beratungen wird dort auch eine Vermittlung längerfristiger Quartiere angeboten. Das Ankunftszentrum im ACV ist von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr in Betrieb.

Die Diakonie hat im Auftrag der Stadt eine Wohnraumvermittlungsstelle für Vertriebene aus der Ukraine gestartet. Meldungen sind über diese Homepage oder per E-Mail möglich: wohnraumspende-ukraine@diakonie.at

Stadt Wien richtet Info-Websites in ukrainischer Sprache ein

Nach Gesprächen mit Vertretern ukrainischer Organisationen kündigte Wiens Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) an, dass eine eigene Website für geflüchtete Menschen eingerichtet wird. Diese wird von "StartWien" betreut. Informationen über die beiden Ankunftszentren in Wien, medizinische oder psychosoziale Betreuung, Unterkünfte, das Öffi-Netz oder zum Aufenthaltsrecht finden sich in ukrainischer Sprache hier – sowie auf Deutsch für Unterstützerinnen und Unterstützer der Flüchtlinge hier.

Laut Vizebürgermeister Wiederkehr soll die Website in den nächsten Wochen schrittweise um zahlreiche weitere wichtige Themen, die auch die großen Bereiche Arbeitsmarkt oder Schule betreffen, ergänzt werden. Erste Informationen zum Bildungssystem gibt es in deutscher und ukrainischer Sprache hier.

Via Bildungsdirektion wurden die ersten ukrainischen Kinder bereits über die Schülerstromlenkung den Klassen zugewiesen. Die Bildungsdirektion sucht zudem nach muttersprachlichen Lehrkräften für Ukrainisch. Meldungen mit Name, Wohnadresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse sowie Lebenslauf auf Deutsch sollen über diese E-Mail-Adresse übermittelt werden: muttersprachlicherunterricht_ukrainisch@bildung-wien.gv.at

Burgenland holt 500 Flüchtlinge aus Grenzregion

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigte indes an, dass das Bundesland aktiv Flüchtlinge aus der Grenzregion ins Land holen wird. Das Burgenland werde "noch diese Woche selbst Busse organisieren, um vorerst 500 Menschen direkt von der Grenze zu holen und in unserem Bundesland unterzubringen", sagte Doskozil. Derzeit seien rund 1.000 Notquartiere im Burgenland verfügbar. Über die Hotline des Landes seien 400 bis 500 Unterkünfte eingemeldet worden. Dazu kommt die Nova-Rock-Halle in Nickelsdorf, wo aktuell 200 Personen untergebracht werden können. Eine Kapazitätserweiterung auf 480 Plätze ist möglich. (Anna Giulia Fink, David Krutzler, 7.3.2022)