Bundeskanzler Karl Nehammer wendet sich gegen eine Debatte rund um Österreichs Neutralität.

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Wien – Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich dagegen ausgesprochen, die österreichische Neutralität infrage zu stellen. "Österreich war neutral, Österreich ist neutral, Österreich wird auch neutral bleiben", sagte Nehammer am Montag vor österreichischen Journalisten in Doha. "Die österreichische Neutralität hat gute Dienste geleistet und leistet gute Dienste", so der Bundeskanzler. "Für meinen Teil ist damit die Diskussion beendet."

Der frühere Nationalratspräsident Andreas Khol hatte am Sonntag in der "Kleinen Zeitung" für einen Nato-Beitritt oder die Mitarbeit an einer europäischen Armee der EU plädiert: "Ein neutraler oder bündnisloser Staat bleibt allein, wenn er angegriffen wird." Für ÖVP-Wehrsprecher Friedrich Ofenauer muss über die Neutralität und ihre Ausgestaltung "ernsthaft diskutiert werden".

Europa befinde sich derzeit in einer der schwersten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte Nehammer. "Es herrscht Krieg. Es braucht rasche Hilfe, rasche Solidarität für die Menschen vor Ort. Es braucht Unterstützung für die politisch Verantwortlichen, die dort um ihr Leben fürchten. Was es nicht braucht: Diskussionen, die keine Grundlage finden in der Realität."

"Neutralität nicht verhandelbar"

Zuvor hatte bereits SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner eine Neutralitätsdebatte abgelehnt und vom Bundeskanzler ein klares Bekenntnis zur österreichischen Neutralität verlangt. "Unsere Neutralität ist mit der SPÖ nicht verhandelbar", richtete Parteichefin Pamela Rendi-Wagner der ÖVP am Montag aus. Bundeskanzler Nehammer müsse sich dazu klar bekennen, die Neutralität stärke die Sicherheit Österreichs seit mehr als 67 Jahren.

Weder für eine Neutralitätsdebatte noch für ein Nachdenken über ein europäisches Heer ist für Rendi-Wagner aktuell der richtige Zeitpunkt, wie sie in einer Pressekonferenz unterstrich. Ein neutraler Staat werde von großen Mächten nicht als Bedrohung wahrgenommen und müsse vor allem keine Soldaten zur Teilnahme an anderen Kriegen im Sinne einer militärischen Beistandspflicht entsenden.

Klar Stellung beziehen

Sehr wohl sei sie aber für eine aktive, engagierte Neutralität im Sinne einer friedensstiftenden Diplomatie, so die SPÖ-Chefin. Das bedeute, auch klar Stellung zu beziehen, wenn Menschenrechte verletzt oder das Völkerrecht gebrochen werde. Jedenfalls brauche es ein leistungsfähiges Bundesheer und auch eine verstärkte europäische Zusammenarbeit auf der sicherheits- und außenpolitischen Ebene.

Angesprochen auf einen möglichen Importstopp für russisches Öl und Gas meinte Rendi-Wagner, dass es vor allem Unabhängigkeit von diesem brauche – sowie einen nachhaltigen Plan zum Ausstieg aus fossiler Energie. Die Grünen seien seit zwei Jahren in der Regierung, ein Konzept dafür hätten sie aber bis heute nicht vorgelegt. (APA, 7.3.2022)