
Auch die Börse in Frankfurt hat zu Wochenbeginn ihre Talfahrt grundsätzlich fortgesetzt.
Der Montagmorgen bot ein ähnliches Bild, wie die vergangene Handelswoche geendet hatte: Angesichts des eskalierenden Ukraine-Krieges und kräftig steigender Rohöl- und anderer Rohstoffpreise lagen auch nach dem Wochenende zunächst die Nerven blank. Wieder flogen riskante Anlagen wie Aktien aus den Depots der Anleger, generell wird viel Kapital fluchtartig aus der Eurozone umgeschichtet. Allein seit Anfang Februar ist die Gemeinschaftswährung um mehr als fünf Prozent gegenüber dem US-Dollar abgesackt.
Doch dies war noch nicht der letzte Akt – und es sollte auch kein wirkliches Drama werden. Denn die Börsianer fassten auf deutlich verringerten Kursniveaus neue Zuversicht und griffen bei Aktien wieder zu. Nachdem der Euro Stoxx 50 zunächst fast und der deutsche Leitindex Dax mehr als fünf Prozent verloren hatten, kletterten beide Kursbarometer im Verlauf kurzfristig sogar bis in die Gewinnzone. Erst als die Wall Street tiefer eröffnete, rutschten sie wieder etwas ab.
"Depressive Stimmung"
Wie es zu dieser kurzfristigen Aufholjagd kam, erklärt Thomas Altmann von QC Partners damit, dass eine bereits "extrem depressive Stimmung der Nährboden für eine Stabilisierung werden könnte". Aus charttechnischer Sicht seien die Börsen im Zuge des Ukraine-Krieges "mittlerweile massiv überverkauft" – also eine Kurserholung fällig.
Dennoch, seit dem Hoch im November hat der Euro Stoxx 50 als Leitindex der Eurozone in der Spitze mehr als ein Viertel des Werts verloren. Damit befindet sich das Kursbarometer aus technischer Sicht nicht mehr in einer Korrektur, sondern in einem Bärenmarkt, also einer übergeordneten Phase fallender Kurse.
Furcht vor Energiekrise
Zudem bleibt bei vielen ein mulmiges Gefühl – denn die Furcht vor einer Energiekrise in Europa und ihren wirtschaftlichen Folgen hat die Rohstoffmärkte fest im Griff. Die Diskussion über ein Verbot russischer Energielieferungen trieb den europäischen Erdgaspreis am Montag auf ein Rekordhoch. Die Rohölsorte Brent aus der Nordsee setzte mit einem Anstieg auf zeitweise 139 US-Dollar zum Sprung an die bisherige Höchstmarke aus dem Jahr 2008 bei 147,50 Dollar an, bevor der Kurs wieder etwas nach unten korrigierte.
Laut dem Analysten Christian Henke vom Broker IG könnte sich der Ölpreis alten Höhen wieder nähern. Andere Experten gingen bereits von Notierungen bei mehr als 200 Dollar aus, fügte er hinzu. "Die hohen Ölpreise befeuern die Inflationssorgen und zeigen, dass der Krieg womöglich noch lange nicht ausgestanden ist", kommentierte der Marktbeobachter Timo Emden von Emden Research. Die Hoffnung auf einen baldigen "militärischen Burgfrieden zwischen der Ukraine und Russland" sowie einen wirtschaftlichen Waffenstillstand mit dem Westen bleibe Wunschdenken.
Teure Autokatalysatoren
Bei anderen Rohstoffen seien ebenfalls panikartige Käufe zu beobachten, sagte Neil Wilson, Analyst des Onlinebrokers Markets.com. So stieg der Preis für Palladium zeitweise um fast 15 Prozent auf ein Rekordhoch und stand vor dem drittgrößten Tagesgewinn seiner Geschichte. Russland ist größter Exporteur des für Autokatalysatoren benötigten Edelmetalls.
Daher brach der europäische Index der Fahrzeugbranche ein, etwa Volkswagen oder BMW. Auch Banken wie die Commerzbank und die österreichischen Vertreter RBI und Erste Group standen einmal mehr stark unter Druck, weshalb der Wiener Leitindex im Gegensatz zu den anderen Märkten deutlich in der Verlustzone blieb. Im Gegensatz zum Ölzulieferer Schoeller-Bleckmann konnte die OMV nicht vom höheren Ölpreis profitieren.
Während der Moskauer Aktienmarkt erneut geschlossen blieb, ging die Talfahrt des russischen Rubels weiter: Er büßte zeitweise gegenüber dem Dollar acht Prozent ein. (Alexander Hahn, 7.3.2022)