Im Gastblog erörtern die Rechtsanwälte Katharina Müller und Martin Melzer, worauf bei der Testamentserstellung zu achten ist.

Das Thema Erben und Vererben berührt jeden von uns: Die Diskussionen darüber werden innerhalb der eigenen Familie, aber auch im gesamtgesellschaftlichen Kontext geführt.

Auf politischer Ebene stellen sich im Zusammenhang mit vererbten Vermögen vor allem Fragen der Verteilungsgerechtigkeit: So gibt es etwa in Österreich – im Gegensatz zu den meisten anderen EU-Staaten – seit ihrer Abschaffung im Jahr 2008 weder eine Erbschafts- noch eine Schenkungssteuer. Zudem wird immer wieder heftig über die Existenzberechtigung eines Pflichtteilsrechts diskutiert: Braucht es das nach wie vor, etwa zum Schutz der Ehegattin, oder stellt es eine unangemessene Einschränkung der Freiheit des Einzelnen dar, selbstbestimmt und frei zu entscheiden, wer erben soll?

Viele Fragen und oft sehr unterschiedliche Zugänge: Das Erbrecht erhitzt nicht selten die Gemüter. Und eines ist klar: Beim Vererben kann man vieles falsch machen.

Immer wieder Streitigkeiten

Gerade auf familiärer Ebene führt das Thema oftmals zum Konflikt und endet schließlich in unschönen Erbrechtsstreitigkeiten. Die Ursache hierfür liegt mitunter weniger in einer bewussten finanziellen Ungleichbehandlung von Familienmitgliedern als vielmehr in emotionalen Kränkungen, die hier ein Ventil finden. Fehlende Offenheit über letztwillige Verfügungen schafft in der Regel Unverständnis und Ablehnung bei denjenigen, die sich schon als Erben sahen und enttäuscht zur Kenntnis nehmen müssen, dass andere zum Zug kommen.

Oft führt aber auch die schlichte Unkenntnis des – zugegebenermaßen komplizierten – Erbrechts dazu, dass ungewünschte Rechtsfolgen eintreten und sich einzelne Familienmitglieder letztlich benachteiligt sehen oder auch – ungewollt – tatsächlich sind.

Obwohl das Erben beziehungsweise Vererben die meisten Menschen einmal im Leben betrifft, ist das Wissen über die rechtliche Ausgangslage erfahrungsgemäß überraschend begrenzt. Es gibt klassische Irrtümer im Erbrecht, die uns in unserer praktischen Arbeit immer wieder unterkommen: so etwa die Annahme, Lebensgefährten und Lebensgefährtinnen seien immer erbberechtigt; ein am Computer geschriebenes Testament würde durch bloßes Unterschreiben wirksam; das Versprechen des Kindes, den Pflichtteil gegenüber einem Elternteil nicht einfordern zu wollen, sei ohne weiteres wirksam.

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Irrtümer beim Erben gehören aus dem Weg geschafft, um familiäre Konflikte nicht zu verstärken.
Foto: Getty Images/RichLegg

Fünf goldene Regeln

Wer daraus den Schluss zieht, nichts zu regeln sei die bessere Variante, muss zur Kenntnis nehmen: Die Einstellung "Hinter mir die Sintflut" führt nur selten zu einer konfliktfreien Erbfolge.

Der erste Schritt zum Erben ohne Streit ist daher die Errichtung eines wirksamen und durchdachten Testaments.

Die fünf goldenen Regeln dazu:

1. Achten Sie auf die Form

Letztwillige Verfügungen sind an strenge Formvorschriften gebunden. Dies hat vor allem den Zweck, dem wahren letzten Willen des Verstorbenen zum Durchbruch zu verhelfen. Wird das Testament nicht eigenhändig geschrieben und unterschrieben, sind drei fähige Zeugen beizuziehen und ist die sogenannte Urkundeneinheit herzustellen. Das heißt, alle Seiten des Testaments müssen zum Beispiel durch Klammern oder Kleben verbunden werden.

2. Achten Sie auf eine ausgewogene Vermögensverteilung

Gerade Eltern sind regelmäßig darauf bedacht, unter ihren Kindern für eine ausgewogene Vermögensverteilung zu sorgen. Ist das Vermögen – wie so oft – in einem einzelnen Objekt gebunden (Haus, Eigentumswohnung), kommt es schnell zu Konflikten. Der Marktwert und der Preis, den die übernehmende Person bezahlen kann oder möchte, gehen nicht selten weit auseinander. Die Liquiditätserfordernisse der Erben müssen daher bedacht werden, um vernünftige Regelungen im Testament aufzusetzen. Weiters empfiehlt sich die Berücksichtigung und allenfalls konkrete Zuteilung von Schulden, die mit einem Vermögenswert verbunden sind (zum Beispiel Hypothek).

3. Beachten Sie Pflichtteilsansprüche

Bei aller Bedachtnahme auf eine ausgewogene Vermögensverteilung stellt das Pflichtteilsrecht die Untergrenze dar, die jedenfalls eingehalten werden muss. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Dieser beträgt beim Ehegatten oder dem eingetragenen Partner des Verstorbenen ein Drittel. Die verbleibenden zwei Drittel werden unter den Nachkommen des Verstorbenen nach Köpfen aufgeteilt. Es sollte daher berücksichtigt werden, wer welchen Anspruch hat und wie er erfüllt werden kann. Der Pflichtteilsanspruch kann nicht nur in Geld erfüllt werden; weitere Gestaltungsmöglichkeiten (zum Beispiel Wohnrechte, Fruchtgenussrechte, Renten, Stundung et cetera) erleichtern die Gestaltung eines konfliktvermeidenden Testaments.

4. Sorgen Sie für die Auffindbarkeit des Testaments (Registrierung, Verwahrung)

Jede noch so sorgfältige und ausgeklügelte Vermögensaufteilung nützt nichts, wenn die letztwillige Anordnung nicht auffindbar ist. Denken Sie daran, dass es die Möglichkeit der Registrierung und Verwahrung bei Rechtsvertretern gibt. So kann verhindert werden, dass Testamente verschwinden oder gefälscht werden.

5. Sprechen Sie darüber

Abgesehen von den rechtlichen Regelungsmöglichkeiten ist wohl die beste Empfehlung, um Konflikte zu vermeiden, mit den Erben über die gewünschte Vermögensaufteilung zu reden. Erklären Sie die Hintergründe, die Sie dazu bewegen, und versuchen Sie Einigkeit unter Ihren Erben herzustellen. Nichts verhindert Streit mehr als eine vorweg erzielte Einigung, auch wenn sie keinen rechtlich bindenden Charakter haben mag. (Katharina Müller, Martin Melzer, 9.3.2022)