Maka Ramen, Wien-Neubau: Murals von Denise Rudolf Frank, Lampen von Bocci – aus der Küche kommen auch ganz arge Sachen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es ist 18 Uhr an einem faden Mittwoch. Wien ist leer, der nahe Krieg und die Covid-Rekordzahlen haben sich auf Ausgeh- und Feierlaune geschlagen. Umso bemerkenswerter ist das Gedränge auf den Stufen, die zu einem Souterrainlokal in einem eher toten Winkel des siebenten Bezirks führen. Im neuen Maka Ramen werden die Gäste ab 16 Uhr in drei Schichten durchgeschleust.

Okay, die Hütte ist schon optisch eine Ansage: große Murals der Künstlerin Denise Rudolf Frank, eine ganze Batterie aufwendig gearbeiteter Bocci-Lampen aus Kanada, die wie exotisches Meeresgetier über den Köpfen der Gäste schweben, dazu große Fenster auf Trottoirniveau, eine kryptoitalienische Disco-Playlist, die richtig anschiebt – und eine massiv offene Küche, in der es aus großen Bottichen dampft.

Katrin Wondra und Max Hauf kommen aus Nürnberg, wo sie auch gemeinsam kochen gelernt haben, bevor es nach London ging. Da sind zum Brechen volle Kellerlokale und drei "Sittings" pro Abend normal – aber in Wien? "Ramen ist Essen, das auf die Schnelle geschlürft wird", sagt Katrin, "klar haben wir was Gutes zu trinken – aber wir freuen uns auch, wenn die Gäste weiterziehen. Es kommt eine ganz eigene Energie in den Abend, wenn man ihn auf mehrere Lokale aufteilt." Sowas nennt sich Ansage.

Hauf fiel in Wien schon im Birdyard mit richtig gutem Essen auf, davor kochten die beiden die Eröffnung eines französischen Restaurants in London. Internationale Erfahrung, schön und gut. Aber brauchen wir in Wien echt Deutsche, damit sich in der Lokalszene etwas tut?

Schaut fast so aus: Szenemagnet Mochi mit dem Berliner Eddi Dimant an der Spitze eröffnet kommende Woche schon die siebente Location. Juan Amador aus Waiblingen sorgt in Heiligenstadt seit drei Jahren für Österreichs einzigen Dreisterner, sein Ex-Küchenchef Sören Herzig aus Hamburg macht Fine Dining in Fünfhaus. Fabian Günzel aus Erfurt hat sein Aend als Top-Location hinter der Mollardburg etabliert, Melanie Branschädel aus Baden-Württemberg entwickelt hinter den Kulissen im Motto am Fluss die Speisekarte. Fast möchte man meinen, dass die Wiener Restaurantszene ohne bundesdeutsche Blutauffrischung längst der Anämie anheimgefallen wäre.

Aber egal, uns von Weltoffenheit und europäischem Geist durchwirkte Hauptstädter jucken derlei Symptome nicht im Geringsten, gell? Wenn die Piefke draufkommen, dass die viel besseren, von Anmut und Großzügigkeit bestimmten Gäste hier bei uns zu finden sind – nur zu.

Knapp und köstlich

Ramen mit aufwendigen Einlagen
Foto: Gerhard Wasserbauer

Hauf legt jedenfalls eine Karte vor, die ebenso knapp wie köstlich ist. Blattspinat, beeindruckend dickfleischige, knackige Blätter, raucht noch vom Feueratem des Wok, dazu gibt es cremig aufgeschlagenen Tofu mit richtig guter Sojasauce, vielleicht das Gericht des Abends.

Knusprig gebackenes Hendl kommt auf Krautsalat mit Grammeln zu liegen – klingt steirisch, muss man sich aber als Umamiattacke mit frischen Zitrusaromen vorstellen. Geröstete Goldrüben auf kühler Reiscreme flimmern am Gaumen von der Kraft zahlreicher Kräuter wie Shiso oder Koriander, auch hier schieben spritzy Zitrusnoten mit an.

Frittierter Seidentofu ist Schlabber der geilen Art in knuspriger Hülle, obendrauf gibt es Unagi – Aal, extrem vielschichtig mariniert, nicht so süß wie beim Japaner.

Die Ramen mit selbstgefertigten – wunderbar bissfest elastischen – Nudeln sind dann ein eigenes Kapitel: konzentrierte Essenzen, ob vom Schwein (Tonkotsu) oder mit Gemüse und gerösteten Cashews (vegetarisch, vielleicht der beste von allen), mit aufwendigen Einlagen von gegrilltem Mais über frittierten Sticky Tofu bis zu unglaublich zarten, großen Garnelen und gegrillten Paradeisern. Was soll man sagen? Irre lecker, das alles! (Severin Corti, RONDO, 11.3.2022)

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