Bei der Angelobung betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen das Miteinander – und wünschte dem neuen Gesundheitsminister Johannes Rauch einen langen Atem und "das Allerbeste".

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"Auch wenn der Krieg in der Ukraine zu Recht die Nachrichten dominiert, ist die Pandemie noch Teil unseres Lebens", begann Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Dienstagmittag die Angelobung des neuen Gesundheits- und Sozialministers Johannes Rauch (Grüne). Die Zahlen seien noch hoch, erklärte der Präsident, der in dem Zusammenhang auch dem Krankenhauspersonal für die Arbeit der letzten zwei Jahre dankte.

Bewältigung der Pandemie als gemeinsame Aufgabe

Van der Bellen weiter: Man könne die Pandemie nur gemeinsam bewältigen, dennoch stehe eine Person im Mittelpunkt – der Gesundheitsminister. Diese Aufgabe gehe mitunter an die Belastungsgrenze, spielte er wohl auf die Rücktrittsrede Wolfgang Mücksteins (Grüne) an. Die Bewältigung der Pandemie müsse deswegen gemeinsame Aufgabe der Bundesregierung, aber auch der Länder sein. "Ich bin zuversichtlich, dass wir das gemeinsam bewältigen, auch wenn wir heute nicht sagen können, wann die Pandemie vorbei ist."

Rauch brauche wohl langen Atem

An Rauch gerichtet sagte der Präsident, dass man für diese Aufgabe wohl einen langen Atem brauche – und Rauch da ja vielleicht auf seine Erfahrungen im Sport bauen könne. Der 62-jährige Vorarlberger ist begeisterter Hobbysportler und übt, wie Van der Bellen auch anmerkte, vor allem Ausdauersport aus. Zudem erwähnte der Präsident die langjährige Erfahrung Rauchs in der Politik und dass er bei den Regierungsverhandlungen dabei gewesen sei und daher das Regierungsprogramm kenne. Er wünsche ihm "das Allerbeste".

Mit den Worten "Herr Bundespräsident, ich gelobe", für die Rauch seine weiße FFP2-Maske abnahm, und den Unterschriften auf den notwendigen Dokumenten war die Angelobung nach wenigen Minuten abgeschlossen.

Rauch hatte in einer Pressekonferenz am Freitag zwar betont, dass er die Pandemie nicht als beendet betrachte und die Vorbereitung auf den Herbst und Winter für ihn Priorität habe. Ansonsten hielt sich der 62-Jährige, der in Vorarlberg als Landesrat unter anderem für Umwelt und öffentlichen Verkehr zuständig war, mit politischen Festlegungen aber noch zurück, er wolle die Angelobung und die Amtsübergabe abwarten. Grundsätzlich gelte: An Corona-Maßnahmen solle so viel wie nötig und so wenig wie möglich gemacht werden.

Lange To-do-Liste

Rauch sagte außerdem, dass ihm klar sei, dass es keine Schonfrist für ihn gebe. Tatsächlich warten einige To-Dos auf ihn, die seinen Vorgänger belasteten. Da wäre einerseits die Impfpflicht: Am Dienstag wird die von der Regierung eingesetzte Expertenkommission zu deren Evaluierung ihren ersten Bericht fertigstellen. Auf dieser Basis wollen ÖVP und Grüne dann entscheiden, ob Verstöße ab Mitte März sanktioniert werden.

Der Bericht werde am Mittwoch der Regierung und dem Nationalrat übermittelt, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Im Anschluss an den Ministerrat werden dann Rauch und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) die nächsten Schritte bekanntgeben. Derzeit verstoßen knapp eine Million Erwachsene gegen die Impfpflicht, wie aus Zahlen des Gesundheitsministeriums hervorgeht.

Entscheidung zu Gratistests ausständig

Auch die erst am Wochenende in Kraft getretenen Öffnungsschritte bei zugleich noch immer hohen Zahlen wird der neue Minister wohl evaluieren. Und dann ist da noch die Frage der Gratistests: Ende des Monats läuft bekanntlich deren Finanzierung aus. Der Bund hat bereits angekündigt, dass sie in der bisherigen Form nicht weitergeführt werden. Wie genau es dann weitergeht, ist noch unklar. Nur so viel: Behördliche Tests sollen für die Betroffenen kostenlos bleiben. Die Massenscreenings von Symptomlosen dürften aber nicht mehr möglich sein. Das bringt Rauch auch gleich seinen ersten Gegner ein: In Wien, das für das Gros der Testungen in Österreich verantwortlich ist, will man von dem Programm "Alles gurgelt" nicht abrücken. Das Thema sorgte bereits zwischen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Mückstein für schlechte Luft.

Mit den Tests einhergehend wird auch die Frage neuer Quarantäneregeln drängend. Zuletzt hieß es aus dem Gesundheitsministerium: Solange Corona im Epidemiegesetz als anzeigepflichtige Krankheit gelistet ist, sei damit auch eine Absonderung verbunden. Allerdings wurden bereits Rufe laut, Covid wie die Grippe zu behandeln. Bleibe es bei diesen Omikron-Untervarianten, "dann könnte man in Richtung der klassischen Influenza-Überwachungsstrukturen gehen", hieß es im Februar in einem Bericht der Covid-Krisenkoordination Gecko.

Sozialpolitik kein Nebenschauplatz

Rauch, dessen beruflicher Hintergrund in der Sozialarbeit liegt, betonte am Freitag aber auch, dass er auch als Sozialminister wahrgenommen werden wolle – und ihm diese Themen, etwa Armutsbekämpfung, am Herzen lägen. Außerdem sprach der Grüne die Pflegereform an, die umgesetzt werden müsse. Und auch der Gewaltprävention – Stichwort Femizide – werde er sich, wie sein Vorgänger, widmen.

Erste Drohungen – auch gegen Rauchs Ehefrau

In einschlägigen Gruppen von Maßnahmengegnern auf Telegram und Co gehen die Wogen bereits hoch – inklusive erster Beschimpfungen und Drohungen. Diese richten sich aber nicht nur gegen Rauch, sondern auch gegen dessen Ehefrau. Gabriele Sprickler-Falschlunger ist SPÖ-Chefin in Vorarlberg und praktische Ärztin. Vor wenigen Wochen stellte sie sich bei einer Demonstration von Maßnahmengegnern in Bregenz den Demonstranten und kritisierte, dass sie mit Faschisten mitlaufen würden.

"Ich kann einfach nicht verstehen, wie normale Menschen mit Faschisten mitmarschieren können. Den Holocaust mit Zwangsmaßnahmen vergleichen. Von Diktatur sprechen. Und gleichzeitig auf den Straßen der Landeshauptstadt das freie Versammlungsrecht praktizieren können. Es gibt eine Grenze", sagte die SPÖ-Politikerin damals zu vol.at. Ein Video ihres Auftritts kursiert nun in zahlreichen Gruppen und auch in rechten Medien. Mückstein hatte vergangene Woche die Drohungen gegen sich und seine Familie als Rücktrittsgrund genannt. (Lara Hagen, Oona Kroisleitner, 8.3.2022)