
Die beliebte Katze "Pot Roast" ist Mitte Februar an den Folgen einer FIV-Infektion verstorben.
Es gilt quasi als Naturgesetz, dass Katzen die wahren Königinnen und Könige des Internets sind. Immer wieder schaffen es Fellnasen zu hoher Reichweite und großer Anhängerschaft. So auch "Pot Roast". Ihrer Besitzerin, die gegenüber Medien ihren Namen nicht nennt, folgen auf Tiktok eine Million Nutzer. Die Postings über ihre Katze erhalten hunderttausende Likes, werden tausendfach kommentiert und oft geteilt.
Dementsprechend groß war die Bestürzung, als sie am 14. Februar bekanntgab, dass ihre Katze verstorben ist. Dies hatte sich allerdings angekündigt. Schon in den Wochen davor zeigte das Tier Anzeichen von Gesundheitsproblemen. Anfang Februar war die Ursache dafür gefunden worden, nämlich eine Infektion mit dem Felinen Immundefizienz-Virus (FIV). Dieses löst eine Immunschwächeerkrankung aus, die bei längerem Voranschreiten zum Tod des Tieres führt. Wie lange es bis zu einem Ausbruch dauert, kann sich von Katze zu Katze stark unterscheiden. Es gibt Impfungen, die gegen bestimmte Stämme des Virus wirken, aber kaum Absicherungen gegen Wildtypen.
Verlustgefühle
Der Tod von Pot Roast bedeutete nicht nur für seine Besitzerin einen Verlust. Sie muss, so schreibt NBC News, nicht nur mit ihrer eigenen Trauer umgehen, sondern ist nun auch den Reaktionen trauernder Fans ihres verstorbenen Stubentigers ausgesetzt. Und diese fallen nicht nur unterstützend aus.
Sie erreichten auch grausame Nachrichten. Leute teilten ihr mit, dass der Tod der Katze vermeidbar gewesen wäre, und warfen ihr vor, dass sie das Tier nicht hatte einschläfern lassen. Besonders verletzt fühlte sie sich durch den Vorwurf, dass sie sich entschieden habe, ihre Katze nicht behandeln zu lassen.
Als die Diagnose FIV gestellt wurde, sei die Immunschwächekrankheit schon so weit fortgeschritten gewesen, dass man nichts mehr habe tun können, sagt "Pot Roast's Mom". Beim Tierarzt sei ihr gesagt worden, dass ihr vierbeiniger Begleiter wohl nicht mehr lange zu leben habe, da das Knochenmark bereits von der Krankheit betroffen sei. Das Tier erhielt in der Folge Bluttransfusionen.
Gemeinsames Trauern
Abgezeichnet hatten sich Reaktionen dieser Art schon davor. Immer wieder wurden ihr Vorwürfe geschickt, sie würde zu wenig tun. Manche verwechselten dabei FIV mit einer anderen Katzenerkrankung, ausgelöst durch Feline Coronaviren (FIP).
Dass Menschen eine mitunter tiefe Bindung zu anderen Personen oder auch Tieren empfinden können, ohne diese persönlich überhaupt zu kennen, ist natürlich kein neues Phänomen. In diesem Kontext wird häufig von "parasozialen Beziehungen" gesprochen.
Sie schulde niemandem auf Tiktok etwas und hätte die letzte Lebensphase und den Tod von Pot Roast nicht dokumentieren müssen, sagt die Kanalbetreiberin. Sie entschied sich aber auch dafür, weil so viele Nutzer ihre Bindung zu der Katze als real empfanden. "Ich wusste, dass so viele Menschen sie vermissen. Dass so viele sie geliebt haben, war auch ein Trost", sagt sie.
Zu den netten Botschaften, die sie erhielt, gehörten auch solche von Fans, die ihr für den offenen Umgang mit ihrer Trauer dankten. Denn das habe auch ihnen geholfen, mit dem Verlust umzugehen. Pot Roasts Frauchen will zwar derzeit kein neues Haustier, überlegt aber, später einmal Kätzchen zu adoptieren. Sofern sie darüber dann wieder Videos macht, will sie striktere Grenzen zwischen sich und ihrem Publikum ziehen.
Andere Besitzer von Haustieren, die es zu Social-Media-Ruhm gebracht haben, trauern hingegen privat. Erst rund einen Monat nach dem Tod seines Nacktmeerschweinchens Dip informierte der Videomacher Brandon Tyler die Abonnenten seines Tiktok-Channels, die sich zuvor wöchentlich zweimal daran erfreut hatten, wenn das Tier zur Hautpflege mit Kokosöl eingerieben wurde.
Medien und Evolution
Die Psychologin und Medienforschern Cynthia Vinney erklärt in einem Text von 2018 auf ThoughtCo, dass parasoziale Beziehungen nicht grundsätzlich schlecht seien. Da Medien, wie wir sie heute kennen, über den Großteil der menschlichen Evolutionsgeschichte nicht existiert haben, reagieren unsere Gehirne auf Menschen in Videos und Tonaufnahmen, als handle es sich um eine "echte" Situation.
Das bedeute nicht, dass man deswegen glaube, dass eine Interaktion real sei. Dennoch reagiere man darauf so. Wenn es um Haustiere geht, kann so das Gefühl von Nähe zum Besitzer oder Verantwortung für das Tier entstehen, als wäre es das eigene. Allerdings sei noch viel Forschung notwendig, um parasoziale Beziehungsformen besser verstehen zu können. (gpi, 8.3.2022)