Gespaltene Medienwelt: Tobias Pötzelsberger in der "ZiB" und Hans Martin Paar in den Nachrichten auf Servus TV.

Foto: Screenshots ORF Servus TV

Wien – Die Daten über zwei Jahre Corona-Berichterstattung in Österreichs Medien zeigen, nicht ganz überraschend, eine gespaltene Medienlandschaft wie Gesellschaft. Hier Servus TV als "Sammelbecken der Systemkritiker" (Medienforscher Andy Kaltenbrunner) mit hoher Bedeutung aus der Sicht des Publikums, dort der öffentlich-rechtliche ORF.

Gallup befragte mit dem Medienhaus Wien 1.000 Menschen über ihre Sicht der vergangenen zwei Jahre Corona-Berichterstattung. Welches war ihnen das wichtigste Medium zum Thema, welche zwei weiteren hatten große Bedeutung für sie?

Ganz vorne liegt das weitaus größte österreichische Medienhaus ORF, mit großem Abstand schon auf Platz zwei kommt in der Befragung Servus TV. Mehr Befragten als Servus TV ist Facebook die wichtigste Quelle.

Die starke Position von Facebook müsste eigens beforscht werden, sagte Kaltenbrunner. Die Daten – Gallup und Medienhaus befragen regelmäßig seit Beginn der Pandemie – zeigten aber jedenfalls eine große Gruppe von Menschen, die sich von klassischen Medien abgewandt hätten. Kaltenbrunner spricht von 20 bis 33 Prozent, die sich skeptisch über die Leistung traditioneller Medien in der Corona-Berichterstattung äußerten, in "innere Emigration" gingen und sich andere Informationsquellen etwa in sozialen Medien und Messengerdiensten suchten.

Ein Teil von ihnen wende sich auch einzelnen Medien zu, etwa Servus TV. Aber auch bei Österreich/Oe24 (Print und Online) seien nicht impfbereite Menschen "überrepräsentiert", über den Zeitverlauf wachse ihre Zahl unter den Nutzerinnen und Nutzern.

Servus-TV-Fans tendieren zu FPÖ und MFG

Gallup und Medienhaus Wien haben die – salopp formuliert – Fans der Corona-Berichterstattung von ORF und Servus TV nach Impfbereitschaft und politischen Präferenzen näher analysiert. Das Ergebnis, nicht ganz überraschend: Die Fans von Servus TV sind deutlich impfskeptischer und tendieren recht deutlich zu FPÖ und MFG.

ORF und Servus TV im Bild ihrer Fans

Die Fans der Corona-Berichterstattung von Servus TV – in absoluten Zahlen deutlich weniger als jene der ORF-Berichterstattung – fühlen sich von diesem Sender sehr deutlich in ihrer Position zur Impfung und zur Pandemie bestätigt. Sie finden die Berichterstattung von Servus TV besonders glaubwürdig, sachlich und vielfältig in der Darstellung der Positionen.

Wissenschafterinnen und Ärzte

Medien zählen bei Corona-Informationen nicht zu den glaubwürdigsten Quellen, ergab die Umfrage. "Allen Unkenrufen und Wissenschaftsbashing zum Trotz sehen wir, dass die Glaubwürdigkeitsgewinner die Expertinnen und Experten im medizinischen Feld sind", sagte Fronaschütz. 63 Prozent der Befragten erachteten Wissenschafter, Forscher und Experten als glaubwürdig. Ärztinnen und Ärzte folgten mit 62 Prozent knapp dahinter. Familienmitglieder (53 Prozent) und Freunden sowie Bekannten (45 Prozent) wurde in etwa so hohe Glaubwürdigkeit wie Radionachrichten (50 Prozent), Fernsehnachrichten (47 Prozent) und (Online-)Zeitungen (45 Prozent) zugesprochen. Die Bundesregierung (34 Prozent) schnitt schlechter ab.

Sympathisantinnen und Sympathisanten von FPÖ und MFG finden vor allem ihr unmittelbares soziales Umfeld glaubwürdig. Familie und Freunde schnitten besser als Wissenschafter, Medien und Behörden ab.

"Selbstkontrolle ohne Selbstzensur"

Selbst mit viel Engagement sei ein Teil der Bevölkerung nicht mehr mit herkömmlicher Medienberichterstattung zu erreichen, meinte Fronaschütz dazu. Kaltenbrunner empfahl den Medienunternehmen, jene Personen, die an der Kippe stünden, in einer aufrichtigen Form zu behandeln. Auch sollten Medienhäuser "Selbstkontrolle ohne Selbstzensur" in Hinblick auf Sprache und Befindlichkeiten betreiben. "Ich habe manchmal den Eindruck, dass sich die überwiegende Zustimmung zur Impfung auch in Sprache und Auswahl der Themen niederschlägt, womit manche sofort abgestoßen werden und mangelnde Objektivität unterstellen", sagte der Medienhaus-Wien-Geschäftsführer.

Tatsächlich hat sich der Eindruck, den die Befragten von klassischen Medien haben, in den vergangenen zwei Jahren verschlechtert. Ein Drittel gab an, ihr Bild von Fernsehen, Radio und Zeitungen habe sich verschlechtert. Nur sieben Prozent haben ein besseres Bild von den Medien entwickelt, bei 59 Prozent blieb es unverändert. Für soziale Medien fiel die Bilanz noch schlechter aus: 40 Prozent haben mittlerweile ein schlechteres Bild von Facebook, Youtube und Co. Wissenschafter, Forscher und Experten verbuchten dagegen ein "positives Imagesaldo", wie Fronaschütz sagte. 31 Prozent der Befragten haben mittlerweile einen verbesserten Eindruck von dieser Berufsgruppe, während er sich für 20 Prozent verschlechterte. (fid, APA, 8.3.2022)